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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1868

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No. 73
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https://doi.org/10.11588/diglit.29847#0299

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fivschcint Dicnsta g,
Donncrstag und
Sainstng ncbst der
bcllctristischcn Bciqabe
„ S onntagsbtatt
Alle Postanstaltcn und
Boten nehmcn Bcstel-
lungcn an.

snr die Bezirke

PrciS: jährlich 3 st.,
tiierteljährlich 45 kr.
Anzeigcn wcrden die
dreispnltige Zeile odcr
-cren Raum mit nnr
2 kr. bcrechnct.

Die Boten erhaltcn
2 kr. monatlich.

Dicnstag) Ium.

W o ch ens ch a n. ,

Es sind wichtige Anzeichen dnsnr vorhanden. das sich das
Werhältniß Bayerns zn Prenßen ininier hcrzlicher gestalten
wird. Mehr noch als die Versöhnnngsrede, welche Gcneral
Vogel von Falkenstein kiirzlich bei Gelegcnheit der Einweihnng
des Bayerndenkmals bei Dernbach gehalten, inöchten wir in
dieser Beziehung Gewicht anf eine Schrist legen, welche Richard
Wagner, der Bnsenfrennd des Königs nnter dem Titel „dentsche
Knnst und deutsche Politik" , dieser Tage herausgegeben und
in welcher er darouf driugt, daß „Preußen und Bayern sich die
Hände reichen sollen."

Der Wiener Schnellzug hai vor einigen Tagen uiit cinem
Giiterzuge unweit von Mnnchen ciuen Znsammenstoß Lestanden,
wobei es leider eiuige Todte uud mehrcre Verwundete gab.

Tie bevorsteheu'den Neuwahlen zur wiiriteiubergischeu Kam- .
mer nach ueuer Ordnuug bringen sämmtlichc Parteien in le- s
bendige Bewegung. Bei der großen Thäligkeit der dortigen !
Volksvereine, welchc tiberall die Fahnen ihrer Prophcten hoch-
halten, steht eine radikale Kammer in ziemlich sicherer Aussicht.

Das letzte badische Negierungsblatt brachte ein Gesetz
über die Austellung niederer Diener, welches besouders die aus-
gedientcn Militärs berücksichtigt und den Wegfall des Einstan-
des auszugleichen sucht.

Der Geburtstag des Großherzogs von Hessen bietet all-
sährlich regelmüßig Hrn. v. Dalwigk Gelegcnheit, sein Herz
iuszuschütten und seine politische Meinuug darzulegen. Auch
>resmal trat er für seine Politik in die Schranken und behaup-
Äe, Hessen mtisse seiuer scchshundertjährigen Fürstenpolitik nud
orm Reiche treu bleiben. Darin beruhe sein einziges Heil.

Aus Oestreich, wo eben ciue Telegraphcneonferenz tagt,
haben wir diese Woche wenig Erfreuliches mitzutheilen. Tie
Kammern haben die 20 Prozent Couponbesteuerung angenom-
uien uud die Herren und Damen Staatsgläubiger mögen nnn
znsehen, wo sie das Fünftel, das sie dadurch verlieren, herbe-
kommeu. Eine Couponsversichernng für ein Fünftel existirt
keider nicht, obglcich ste, wie man jetzt sieht, vielleicht noch
uothiger gewesen, als die bei uns gebotene Fünftels-Gebände-
Vcrstcherung. Die ganze Finanzmaßregel ist übrigens in Wahr-
heit uichts anderes als eiu, wenn auch nicht verschümter, doch
mäßiger Bankerott, der nicht besonders dazu angethan ist, dic
neue Aera in Oestreich in Brillantseuer zu stellen.

Die Festung Luxemburg macht noch immer viel von sich
reden. Einmal wird berichtet, daß es mit dem Schleisen
derselben gar langsam zugehe und zum Andern treiben sich
bort und in der Umgegend so viele sranzösische Agenten herum,
welche in Anschlägen und Zeitungsartikeln die Annexion an
Frankreich befürworten, daß der Sache doch nicht so ganz zu
trauen ist, obgleich französischerseits diese Mannöver desapouirt
werden und einige der eifrigsten Annexionisten hinter Schloß
iind Riegel gebracht wurden. Trotz dieser Wühlereien und der
damit verknüpften Aufregung ist auch dieses Jahr die bekannte
Springprozession in Echternach wieder vor sich gegangen mid

^ derselben 7000 Persomn fweniger als sonsts
bethciligt. ' ^

Das Programm des uenen holländischen Ministeriums bc-
stcht uach der Erklürung des Ministers von Bosse in der Kam-
mer darin: „dic Rechte der Krone mit denen der Kammer in
Einklang zn bringcn." Das kann zwar der Minister leicht
sagen, aber die Ansführung ist immer mit gewissen Schwierig-
kciten verknüpft.

Während die permanente Friedensliga in Paris (nicht zu
verwechseln mit der internationalen in dcr Schweiz) die ver-
schiedensten Variationen auf der Friedensflöte zum Besten gibt,
hören wir audererseits von Bauernnnruhen aus.dem westlichen
Frankreich, besonders ans Dannezac. Die Bauern, so fromm
sie dort sonst zn sein pflegen, habcn diesmal ihren besvnderen
Piqne auf die Geistlichen, weil sie glanben, daß zu deren
Gunsten wieder der Zehnten eingeführt werden solle.

Kaiser Napoleon soll in dieser Woche sehr bekümmert
gewcsen sein, weil sein Lieblingshund, das kleine Nerochen das
Zeitliche gesegnet hat und in's Gras beißen mußte! Dieser Ncro
hat auch bereits in dem satyrischen neuen Blatle „die Laterne"
einen Nekrolog erhalten, der jedoch den allerhöchsten Beifall
sich weniger erworben zu haben scheint, was wir daraus ent-
uehmen, daß die bezügliche Nu'iimer des Blattes, welches in-
dessen veißenden Abgang beim Publiknm findet, der Beschlag-
nahme unterlag.

Die Verhandlnngen des cnglischen sowohl als des italie-
uischen Parlaments sind in dieser Woche für das Ausland ohne
weiteres Jnteresse, um so mehr aber für die betreffenden Län-
der selbst, da sich beide mit neuen Stenern beschäftigen.

Nach Rom wird vom Papste anf das Jahr 1869 ein
allgemeines Coneil berufen und sollen namentlich dic Schis-
matiker (griechisch-katholische Kirche) ermahnt werden, das
Schisma fallen zn lassen. Das Letztere dürfte wohl erfolglos
bleiben.

Der Fürst von Serbien, Milosch Obrenowitsch, welcher
seit 1860 regierte, wnrde bei cinem Spaziergang meuchlings
ermordet. Die drei Atörder Ragonowitsch (Vater und Söhne)
wurden ergriffen. Jm Anfange wurde die Sache als Ausfluß
persönlichcr Rache bezeichnet, später wurde als Ursache religiöser
Fanatismns angegeben; schließlich erklärt die provisorische Re-
giernug, daß dcrselben der vertriebcne Fürst Alexander nicht
fremd sei und empsiehlt als Nachfolger den von dem Ermor-
deten sclbst bezeichneten, in Paris erzogenen 13jührigen Neffen
Milan IV., auf den sich aueb bei der Stimmung des Volks
die Mehrheit der Skaptschina (Volksvertretnng) vereinigen wird.
Wie sich eigentlich die Sache verhült, ob namentlich Exfürst
Alexander die Hand dabei im Spiele gehabt, müssen wir dahin-
gestellt sein lassen, da in Scrbien Mord und Jntriguen einan-
der vollständig das Gegenwicht halten. Die Zukunft allein kann
über diese Thatsachcn vollständige Klarheit bringen.

Auch in Rumänien ist politisch immer noch kein heiterer
Himmel und hat das Ministerinm dort bereits wieder gewech-
selt. Den Anlaß dazu gab ein Votum der Kammer in einer
Angelegenheit, welche die allzunähen Beziehungen mit Rußland
constatirte. Das Votum der Kammer wurde übrigens von
dem Senate wieder abgeändert, der dabei setn Bedauern über
die gcringe Willfährigkeit der Kammer aussprach.
 
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