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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1868

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No. 60
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https://doi.org/10.11588/diglit.29847#0247

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tzrscheint D.enstag,
Donnerstag und
Samstag nebst der
Lelletristischen Beigabe
„ S onntagsblatt
Me Postanstalten und
Boten nehmen Bestel-
lungen an.

Preis: jShrlich 3 si.,
vierteljährlich 45 kr.
Anzeigen werden die
dreispaltige Zeile oder
dercn Naum mit nur
2 kr. berechnet.

Die Boten erhalten
2 kr. monatlich.

^ Wo ch ensch a u.

Die politische Windstille hat auch diese Woche fortge-
dauert und die Zeitungen haben immer noch über großen Stoff-
mangel zu klagen. Es ist eben die saure Gurkenzeit der Po-
litik; der Jnhalt der gerade schwebenden Fragen betrifft zu
allem dem noch bei weitem in höherem Grade die materiellen
als die rein politischen Jnteressen. Da wir indessen in den
letzten Jahren Politik genug gehabt und getrieben, so können
wir uns tiber diese jetzige politische Dürre ganz wohl hinaus-
setzen, um so mebr als der Barometer auf schönes Wetter
deutet nnd die Ernteaussichten nichts zu wünschen übrig laffen.

Das Zollparlament neigt sich seinem Ende zu und wenn
Herr Lindau noch sprechen will, so muß er sich sputen, denn
am 27. d. M. soll der Schluß erfolgen. Daffelbe hat in
dieser Woche den Vertrag mit Oestreich genehmigt und ist eben
daran, die Tabakssteuer in Angriff zu nehmen. Da die Ver-
sammlung sich sehr beeilt, so wird in nächster Woche die Ta-
baksfrage, welche so viel von sich bisher reden geinacht, gleich-
salls endgültig cntschieden sein. Wahrscheinlich wird die Be-
lastung um die Hnlfte verringert werden; wenigstens soll die
Mehrheit sich auf die Besteuerung des Morgens mit 6 Thlr.
(anstatt 12) vereinigt haben. Dagegen scheint man hinstchtlich
der Zollbesteuerung des ausländischen Tabaks noch nicht ganz
im Reinen zu sein.

Jn Preußen, wo seither das Marinewesen eine Abtheilung
des Kriegsministeriums gebildet, soll jetzt ein eigenes Marine-
minifterium gebildet werden und Viceadmiral v. Jachmann
zum Marineminister designirt sein.

Ferner beabsichtigt man in Norddeutschland überall die
Telegraphenleitungen unterirdisch zu legen und dem Systein der
Stangenleitung den Garaus zu machen. Da man nicht be-
haupten kann, daß die Telegraphenstangen den Reiz einer Ge-
gend erhöhen oder ihr einen malerischeren Anstrich geben, so
wird man auch von ästhetischer Seite keinen Einsprnch erheben,
während die überwiegenden technischen Vortheile an sich schon
einleuchtend sind. Das einzige fatale, was die allgemeine Nach-
ahmung vielleicht noch etwas verzögert, sind die Kosten, die sich
allein für das Gebiet des norddeutschen Bundes anf 2 Mill.
Thaler belaufen.

Wenn es noch so ruhig ist, von Berlin ist immer et-
was zu berichten. Diesesmal war es eine demokratische Volks-
versammlung, in welcher die Herren Freiesleben, Bebel, Lieb-
knecht und Andere sich hören ließen und den Berlinern die
Organisation der Partei ans Herz legten.

Auch die Hannoversche Legion soll eine Denkmünze erhal-
ten haben, deren Symbole die Verbindung Oestreichs und
Frankreichs zum Zweck der Wiederaufrichtung des Welfenthrons
andeuteten. Die Wahrheit der Thatsache vorausgesetzt, scheint
uns dieselbe mehr lächerlich, als gefährlich zu sein.

Der Herzog Ernst von Coburg soll regierungsmüde ge-
worden sein und beabstchtigen, die künftigen Regierungssorgen
dem Könige von Preußen allein zu überlassen und sich in das
Privatleben zurückzuziehen, um sich mit Musik, Literntur, dra-
matischer Kunst, Jagd und Schützenwesen ganz ausschließlich

zu beschüftigen. Er soll der Königin Victoria bereits geschrieben
haben, um sie zu veranlaffen, ihrerseits auf die Coburger
Thronrechte zu verzichten. So berichten wenigstens demokra-
tische Blütter, denen wir die Verantwortlichkeit für ihre An-
gaben überlaffen müssen.

Jn Münche n ist eine freireligiöse Gemeinde in der
Bildung begriffen; und ob dieses entsetzlichen Beginnens große
Vewegung in den ultramontanen Kreisen, deren Organ, der
edle Volksbote sich darüber folgendermaßen vernehmen läßt i
„Eine kleine Freimaurergemeinde soll schon seit längerer Zeit
gebildet sein. Man kommt aus der Bildung gar nicht mehr
heraus. Vielleicht wird nächstens auch eine kleine Privatmoschee
mit daran stoßendem Harem errichtet werden."

Bekanntlich ist das Eigenthum der südd. Regierungen an
den südlichen Festuugen nach der Auflösung des deutschen Bun-
des bis jetzt noch nicht gemeinschaftlich geblieben. Dieses Ver-
hältniß sucht man jetzt abzuändern und jedem Theile soll das
Seinige zugetheilt werden. Württemberg und Bayern sollen
dafür sein, Baden dagegen den jetzigen Zeitpunkt nicht dazu
geeignet halten.

Das Schwurgericht in Carlsruhe hat den jungen Fr. Ade
von Durlach wegen Raubmords zum Tode verurtheilt.

Große Theilnahme erregte der Unglückssall des Sohnes
eines Beamten in Weinheini, welcher, nachdem er bereits vor
9 Monaten von einem verdächtigen Hunde gebissen worden,
in diesen Tagen den fürchterlichen Folgen der ausgebrochenen
Hundswuth erlag.

W a d e n.

^ Kehl, 19. Mai. Die Neue ,.Bad. Lztg." brachte
eincn der Rhein. Ztg. entnommenen Artikel, worin eines Vor-
falls Erwähnung geschieht, der hier nicht geringes Aufsehen
erregt habe und ein grclles Streiflicht auf die Stimmung
werfe, die in höheren Kreisen in Frankreich gegen Deutschland
vorherschend fei. Jn Straßburg sei ein neuer Divisionsgeneral
eingetroffen, der Preußenfreffer reinsten Wassers und Chau-
vinist erster Claffe sei und dieser sei vor geraumer Zeit mit
seinem ganzen Stabe «sn grurrä tenris» nach Kehl herüber-
geritten, habe sich über die hiesigen Befestigungen ziemlich un-
verblümt ausgesprochen, die badische Schildwache „quasi mo-
ralisch" niedergeritten und sich dann „bramarbasirend" wieder
nach Straßburg zurückbegeben. Es seien in der Sache diplo-
matische Weiterungen im Gange. Diese politische Sensations-
nachricht hat hier um so größeres Aufsehen gemacht, als Nie-
mand von der Sache, wie sie hier geschildert wird, das Ge-
ringste weiß. Jst es schon an sich mehr als unwahrscheinlich,
daß ein so hochgestellter Ofsizier sich derartige, nicht allein ihn,
sondern auch seine Regierungen so schwer compromittirende
Ungehörigkeit zu Schulden kommen laffen, so kann man sich
auch versichert halten, daß unsere Militärbehörde, falls es ge-
schehen wäre, nicht so ganz unthütig sich verhalten haben
würde. An der ganzen Sache ist nur das wahr, daß aller-
dings ein neuer Divisionär in der Person des General Duroc
in Straßburg vor einem Jahre eingetroffen ist und wird be-
hauptet, daß derselbe der Kriegspartei in der Armee angehören.
Es ist ferner richtig, daß derselbe vor einigen Wochen m
 
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