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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1868

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No. 19
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https://doi.org/10.11588/diglit.29847#0081

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Erscheint Dierista g,
Donnerstag nnd
Samstag nebst dcr
bclletristischen Bcigabe
„Sonntags blatt".
Alle Postanstaltcn und
Poten nehmen Bcstel-
lungcn an.

PreiS: jährlich 3 sl.,
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Donncrsta^ 13. Icllruar.

Die Vcrhandlung übcr dic prajeklirlc Mannhcim-
Schmctzingen-Karlsruhcr-Eilendahn in dcr
2. Kammcr zu Karlsruhc am 10. Icbruar.

Dcr Bericht nber den Bahnban wurdc von Abg. Gerwig erstattet.
Es beginnt hieranf die Bcrathung hierüber.

Die Kommission schlägt vor, am Regierungsentwurf d!e Aendcrung
zu treffen, daß der Art. 1 die Fassnng crhält: „Dcr Ban einer Eisen-
bahn, welche vom Hauptbahnhof in Mannhcim über Schwehingen durch
die Rhcincbene in den Hauptbahnhof Karlsruhe führt, kann u. f. w."
Der Art. 2 soll den 'Zusatz erhaltcn: „Dicse ldie Staatsgenchmigung) ist
nur cinem Projekt zu ertheilcn, bei welchcm die Nichtungs- und Steigungs-
verhältnisfe mit Rücksicht auf einen chcsonders vorthcilhaften Betrieb und
eine thunlichstc Abkürzung gegcnüber der bcstehendcn Bahn über Hcidel-
berg gcwahlt sind."

Abg. Hummel äußcrt sich über das Bahnprojckt im Allgemeinen
und bemerkt, er werde etwaige Einwande gcgcn dasselbe bei der Spczial-
dcbattc bekämpfcn.

Nbg. Kirsner kann dcm Entwurf nur zustimmcn, wcnn derselbe
dcn von der Kommission vorgcschlagcncn Zusatz zum Art. 2 crhält; er
cmpfiehlt dcr Großh. Negierung dringend, auf einc niöglichst kurzc Linie
hinzuwirken.

Abg. Moll: Bei eincr Vcrkürzung dcr Vahn um 2^F Stundcn
sei gegenülwr den bcstchendcn Konkurrenzbahnen schr vicl gewonncn, denn
die durch eine solche gcwonnene Ersparniß salle bei Bcurtheilung der Kon-
kurrcnzfähigkeit sehr schwcr in die Wagschale. Der Transitvcrkehr diescr
Bahn werde sich nicht allein auf Unkosten der Mannheim-Hcidelberg-Karls-
ruhcr Linie bilden. Auch vom volkswirthschaftlichen Standpunkt aus sei
der Vahnban gerechtfertigt; der betr. Landestheil erzcuge an Rübenzuckcr,
Tabak und Hopfen jährlich übcr 3 Millioncn Ctr.; das ergebe gering an-
genommen aus dcm Transport diescr Güter cine Einnahme der Bahn
von 200,000 bis 800,000 fl. Solche massenhafte Produkte habe man
zwischen Heidelberg und MoSbach nicht, und wenn man dort in einem
Jahr aus Gütcrn 200,000 fl. eingcnonimen habe, werde hier das Ergebniß
uoch viel bedeutcnder sein. Also wcrde schon der Lokalvcrkehr die Bahn
rentnbcl machen.

Abg. Roßhirt empfichlt das Projekt ebenfalls. Die Bahn müsse
jcdenfalls L>chwetzingen, Hockcnheim und Philippsburg möglichst nahe be-
rühren, denn das seien in Bezug auf Produktion und Handel von Lands-
produkten fehr bedcutende Ortc; überdies werde man dadurch dem entlc-
gcncn Philippsburg, wclches sein Amt verloren, in etwas gcrecht werden.
Ueber Waghäuscl wolle er nicht sprechen, da desscn Verhältnisse zu bekannt
seien.

Abg. Gerber: Gcstatten Sie mir vor Allem, dcr Großhcrzogl.
Negierung mcinen freudigen Dank darübcr auszusprechen, daß sie uns noch
auf diescm Landtage, der ohnedies mit Gcschästen übcrhäuft, einc Eisen-
bahnvorlage gemacht, die für den von mir veriretenen Bezirk von größter
Wichtigkeit ist.

Wenn eincrseits die bcdeutende Zunahme des Güterverkehes cine kür-
zere Verbindung der Städte Mannhcim und Karlsruhe für zweckmüßig
erscheinen lassen, so dürften doch anderseits und hauptsächlich auch
Gründc dcr Billigkeit, die endliche Hcrstellung dieser Linie gebicten und
ciner so bevölkerten und produktiven Gcgcnd, der seit Eröffnung der Haupt-
bahn aller Verkehr entzogen, endlich auch die Wohlthaten ciner Eiscnbahn
angcdeihen lassen.

Die Ebene, welche die gedachte Bahn durchschneidet, hat auf einem
Flächenraum von 10 Quadratmeilen über 40 Ortschaften mit einer Be-
völkerung von circa 70,000 Seelen, wozu noch die Stüdte Mannheim und
Karlsruhe uiit annähernd ebensoviel Seclcn hinzukommen.

Für die Wohlhabenheit dieser Orte fpricht cin umkagepflichtiges Steuer-
kapital von 28 Millionen und ein reines Gemeinde-Vermögen von gcgen
7st's Mill. Gulden, (wobei cbenfalls Mannhcim rmd Karlsruhe nicht mit-
gezählt).

Tie Bevölkerung fclbst ist matcriell und geistig sehr vorangeschritten
und nimint den regsten Antheil am öffentlichen Leben.

Trotz dcr an manchcn Ortcn urfprünglich ungünstigen Bodenverhält-
nisse, zeugen die jührlichen Produktionen von 80,000 Ccntnern Tabak und
gcgcn 25,000 Centncr Hopfcn von dcm Fleiße dcs LandmanneS.

Aber auch die Jndustric hat bereits bedeutcnde Dimensionen ange-
nommcn, da außer mchreren nicht unbedeutendcn Cigarren - Fabriken die
Zucker-Fabrik Waghäusel, das größte derartige Etablifsement Deutschlands,
von dieser Linie berührt wird, wclchc allein mehr als 2 Millionen Centner
jährlich befördert.

Was indeß ganz besoudcrs zu berücksichtigeu, ist die freundliche Stadt
Schwehingen mit ihrem herrlichen Parke, Kunstwerken und Wafser-Anlagen,
die alljährlich Tausende von Fremden und Einheimischen herbeizieht, und
in Zukunft gewiß mauchcn Expeditionsrath veranlassen dürfte, feinen Sonn-
tags-Ausflug dorthin zu unternehmcn.

Ob nach all' dem Gcsagten der Lokalverkehr ein unbedeutendcr sein
dürfte, will ich dem Ermessen dieses hohen Haufes anheimstellen, d o ch
glaubc ich anführen zu müssen, daß auch die Landestheile des links-
rheinischen Ufers, insbesondere über die Brücken bei Ludwigshafen, Speyer,
Rheinhausen und Germersheim, wesentlich die Frequenz vermehren und
nicht so unerhcblich zur Alimcntation der Bahn beitragen werden. Schon
jetzt zieht s i ch der Verkehr unscrer am Rhein gelegenen badifchen
Ortschaften viclfach auf's linksrheinische Ufcr binüber, und droht schon
jetzt die jenscitige Bahn als Cöncurrenz der badischen Hnuptbahn aufzu-
treten, wcnn nicht durch baldige Ausführung des vorliegenden Projektes
diescn Verhältnisscn bcgegnet und der Verkehr diessetis erhalteu werden soll.
Zieht man endlich in Erwägung, welch' unbedeutenden Kostenaufwand
dic neu zu crbauende Bahn crfordcrt, fo glaube ich keine Fehlbitte zu thun,
wenn ich Sie ersuche, dem vorliegenden Gesctzescntwurfe Jhre Zustimmung
zu crtheilcn. °

Auf einigc klcinc Aendcrungen werde ich bei Berathung der einzclncn
Artikcl zu rcdcn kommen.

Abg. Mühlhäußer schlicßt sich dem Danke des Vorredners an.
Der Lokalverkehr werde dic Bahn fchon rentabel machen; der Rhcin dürse
nicht als die Grenze für den Lokalverkehr der Bahn angesehen werden,
denn die fliegende Brücke bei Leopoldshafen bringe vom jenfeitigcn Ufcr
die Theilnahme einer Bevölkerung von etwa 20,000 Seelen.

Abg. Ve ck hat aus Opportnnitätsgründen Bedcnken gegen das Pro-
jckt, weil es für den Laien schwer falle, sich ein sicheres Urtheil zu bilden,
nachdem die Grundzüge des Projekts noch nicht festgestellt seicn. Jndessen
wolle er dem Gefetz nicht eutgegentreten, hielte jedoch für billig, wcnn die
Pachtsumme von 145,000 fl. nur als Marimum festgesctzt würde, so daß
dieselbe nach Umständen gcändcrt wcrden könnc.

Ministerialrath Muth: Zur Benrtheilung der Opportunität des
Prosekts habe man gcnug Anhaltspunkte; so genaue UcLerschkügc, wie fie
dcr Vorredner im Auge habe, könntrn niemals mit Sicherheit aufgestellt
werden. Er gebe zu, daß das Anlagekapital sich etwas niederer, als an-
genommen, herausstellen werde; dann bekümcn eben die Unternehmcr eine
ctwas höhere Rente, und der Staat werde vom Ankanfsrecht nach Ablauf
der 5 Jahrc alsbald Gebrauch machen. Wcnn man die Regierimgsvor-
lage gcnau prüfe, so müsse man gewiß sagcn, daß diesclbe gegenüber dem
Komitee zwar nicht wohlwollend, aber gerecht sei. Der Lokalverkehr der
Bahn wcrde ein sehr namhafter sein, denn die bctreffendcn Gemeindcn,
wozu auch Karlsruhe und Mannheim gerechnct wcrdcn niüssen, repräsen-
tirten den 10. Theil der Bevölkerung des ganzen Landes; die Bevökkerung
dieser Gcmeinden habe das Zeug dazu, um die Bahn auch zu benützen;
sie werde nicht nur am Bahnhof sich einfindcn, um Sonntags die Zöge
vorbeifahren zu sehen, sondern selbst mitfahren. Auch der Transitverkehr
der Bahn sei nicht zu unterschätzen; derfelbe dürfe fcdcnfaLs dnrch zrr große
Rücksicht auf den Lokälvcrkehr nicht beeinträchtigt werden; die großh. Re-
gicrung sei nüt den Ausführungen der Kommifsion zum Zusatz dcs Art. 2
vollkommen einverstandcn. Durch eine kirrzere Linie gewinnc man an den
Betriebskosten eine Ersparniß vsn mindcstens 00,000 fl.

Abg. v. Feder hegt Bedenken wcgen der Einführuug des Paral-
lelsystems im badischen Lände und empfiehlt dringend Aufmerksamkcit bei
diesen Pachtverhältnissen und besonders die größte Sorgfalt sür eincn so-
liden Bau dcr Bahn.
 
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