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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1868

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No. 34
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https://doi.org/10.11588/diglit.29847#0143

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Erscheint D i e n ft a g,
Tonncrstag und
Samstag nebst der
belletristischen Beigabe
„ Sonntagsblatt
Alle Postanstalten und
Bsten nehmcn Bestel-
lungen an.

Prcis: jährlich 3 fl,.
viertcljährlich 45 kr.
Anzeigen werden die
drcispaltige Zcile oder
deren Namn mit nur
2 kr. bcrechnct.

Die Boten erhalten
2 kr. monatlich.

Du-lncrlla^ 19.

^ W o ch ens ch a u.

Die Politik scheint sich eben im Gestensatze znr Natnr zn
desinden. Wahrend in dieser sich der Eintritt des Frnhjahrs
eben dnrch gewaltige Stürine anknndigt, wie wir sie gerade
in dieser Woche vielfach berichtet erhielten, hat die politische
Situation einen gar sanftcn und friedlichen Charakter ange-
nommen, und wenn nicht noch hier nnd da so ein Stückchen
Rüstung zuin Vorschein käme, so könnte man versncht scin, die
jetzige vorherrschende Stimmung cine idyllische zn nennen. Da-
mit ist freilich nicht gesagt, dast in der nächsten Zeit schon
die Chassepotgewehre mit Hirtenstäben vertauscht und die gezo-
genen Kanonen sammt und sonders vernagelt werden. Allein
es ist immerhin von der Thatsache Mt zn nehmen, daß in
Paris, Wien, Berlin, ja selbst in St. Petersbnrg und Kon-
stantinopel von den höchsten maßgebenden Persönlichkeiten Frie-
densschalmeien gespielt werden und wir wollen hoffen, daß es
dabei auch ferner noch lange blciben wird, da dein Volke der
Friede eben nüchst dem Brode hohes Bedürsniß ist.

Der Handelsvertrag mit Desterreich ist in dieser Woche
zu Stande gekommen. Jn Folge desselben treten zwischen dem
Zollverein und Oesterreich bedentende Erleichterungen ein. Da-
gegen scheint es mit der Tabakssteuer Ernst zu werden. Da
beceits ein preußischer Gesetzeniwurs vorliegt, wonach der Mor-
gen Landes mit 30 fl. Stener belegt wird Jn Süddentsch-
land, dessen Jnteressen dadnrch mächtig berührt werden, ftndet
diese Steuer weder bei den Regiernngen, noch beim Volke
großen Anklang, und hat namentlich die badische Regiernng
die betreffenden Jnteresscnten deßhalb eingeladen, ihre Mei-
nungen und Ersahrnngen kundzngeben. Man muß dem Ent-
gegenkommen in dieser Sache nnbedingtes Lob entgegentragen;
ob übrigens die Steuer selbst dadnrch noch zu Fall kommen
wird, bleibt zu bezweiseln. Auch auf das Petroleum werden
die Zollgardisten später ein Auge zu wersen haben, da anch
deffen Bcsteuerung nnsgemachte Sache sein soll. Die Gasan-
stalten, denen jetzt mit dem Petroleum so stark zugesetzt wird.
werden gegen diese Steuer nicht viel einzuwenden haben.

Dtr Prinz Napoleon ist von Berlin abgereist; allein seine
Neise nach Wien hat er auf den Sommer verschoben. Jn
Berlin war der „rothe" Prinz Gegenstand großer Aufmerk-
samkeiten. Seinen Besnch hat der Prinz übrigens am Bcrliner
Hvf in Generalsuniform gemacht, was die Pariser in ihrer
Weise als Friedenszeichen anfnehmen, da sie annehmen, wo
der Prinz Napokeon in Unisorm erscheine, müsse einc Schlacht
sehr weit sein.

Aus den Kronprinzen von Sachsen wurde von einem
r-chirmmacher aus Dresden, Namens Siegert, eine geladene
Pistole angelegt, aber nicht losgeschossen. Es stellte sich heraus,

^er Attentäter wahnsinnig sei, weßhalb er nicht in das
Gesüngniß, sondern in's Kranlenhaus gebracht wurde.

Die preußische Regierung sah stch veranlaßt, vor der
Aiwtvanderung nach Peru §u warnen. Diese Warnung ist

um so mehr zu beachten, als mehrfache Lockungen dahin ge-
macht werden.

Der bisherige Rcdakteur der „Hess. Volkszeitnng" und
vielsach genannte Abgeordnete Trabert in Kassel ist verhaftet
und unter der Anklage des Hochverraths nach Berlin abgeführt
worden. Man vermuthet in ihm den Verfasser der in der
vorigen Wochenschau erwühnten revolutionüren kurhessischeu
Flugschrist.

Zwischen Hannover und Bremen ist bei Langwedel ain
13. Mürz der Eisenbahnzug entgleist, bci welcher Gelegenheit
mehrere Personen getodtet und verwundct wnrden. Ein wei-
terer Unglücksfall ist leider aus Zwickau zn berichten, wo in
einem Bergschacht durch schlagende Wetter 23 Menschen verun-
glückt sind.

Die Leiche des alten Königs Ludwig wnrde in Müncheu
mit großem Pompe bestattet. Der jetzige König ist zwar wieder
hergestellt, doch soll ihm das Negieren kein großes Vergnügcn
machen und das Gerücht seines freiwilligen Abtretens tritt
immer bestimmter anf. Jn diesem Falle würde Prinz Otto,
der den 1866r Feldzug als Hauptmann mitgemacht, sein Nach-
folger werden.

An die Stelle des verstorbeneu Minister Pechmann soll
der bisherige Regierungsprüsident von Würzburg, Hr. v. Hör-
mann treten, von dem es heißt, dnß er weder mit den Groß-
preußen, noch mit den Ultramontanen gern Kirschen esse. Die
offizielle Ernennnng ist indessen noch nicht erfolgt, vielleicht
weil die Proben zn den Meistersingern in Nürnberg eben in
München zu viele Aufmerksamkeit ersordern. Richard Wagner,
der frühere Dcmokrat, soll neuerlrch ultramontanen Einflüssen
zugänglich geworden sein und soll dieser Umschwung seiues
Jnnern seinem frommen Kollegen, dem Abbate Liszt, zu ver-
danken haben.

Die verfloffene Woche hat vielfache Besörderungen und
Versetzungen im badischen Militär gebracht, welche mit der
neuen Organisation in Beziehnng stehen. Jn dem Postwesen
sind weitere Reformen, wclche den Verkehr mit der Schweiz
und Frankreich hinsichtlich der Versendung von Werthpapieren,
Manuscripten u. s. w. betrefsen, zu erwarten. Die Eisenbahn
von Mannheim über Schwetzingen nach Karlsruhe soll unmit-
telbar in Angrisf genommen werden und ist Herr Jngenieur
Bürklin in Heidelberg, Vorstand der Main-Neckarbahn mit
deren Erbauung betraut. Die Seitenbahn von Schwetzingen
nach Heioelberg wird vielfältig besprochen und wird, wenn
gleich zur Zeit noch nichts Sicheres vorliegt, defsen sind wir
versichert, nicht ansbleiben. Auch werden mit Beginn der bes-
seren Jahreszeit sofort viele der projektirten größeren Straßen-
bauten in Angriss genommen werden. Zwischen Lahr und
Kehl durch das sogenannte Ried wird ein Omnibuskurs in's
Leben geruftn. — Die Karlsruher Zeitung erhielt ciu zweimal
wöchentlich erscheinendes Beiblatt: „Badische Chronik", welche
die badischen Jnteressen vorzugsweise behandclt.

Jn Worms wurde eine Brauerschule errichtet; wir wollen
wünschen, daß diese Anstalt auf die Qualität des Bieres einen
 
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