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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1868

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No. 14
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https://doi.org/10.11588/diglit.29847#0057

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fi'rr die Bezirkc

Schwetzmgen nnd Philippsburg.

^o. 14.

Siimllag, 1. Icbruar.

1868.

W o ch e n s ch a u.

Die überall vorgenommenen Rüstungen beginnen ihre
nothwendige Kehrseite zu zeigen. Nicht blos Jtalien leidet,
wie wir in verflossener Woche bereits berichtet, an dem Nerven
aller Dinge, sondern auch das stolze Frankreich ist bereits
wieder genöthigt, zu dem gar nicht mehr ungewöhnlichen Mittel
einer Anleihe Zuflucht zu nehmen. Wenn aber Frankreich oder
vielmehr der Napoleon Geld braucht, so braucht er nicht wenig
und auf eiu Paar Millionen mehr oder weniger kommt es
dann nicht so genau an. Es darf uns daher gar nicht in
Staunen setzen, daß Herr Magne, der Finanzminister, 440
Millionen verlangt. Er denkt eben, wenn man doch einmal borgen
muß, so thue man es eben recht. Nur keine Halbheiten;
Die europäische Gesammtschuld, welche bereits 66 Milliarden,
13 Millionen und 110,000 Frs. beträgt, hat, wie man sieht,
in der nüchsten Zeit immer noch keine Ebbe zu erwarten.

Die Construktion neuer Hinterladungsgewehre beschäftigt
noch fortwährend den Erfindungsgeift der Techniker und die
Aufmerksamkeit der Regieruugen. Obgleich bereits vor einem
Jahre von einem Schwaben der Stein der Weisen in dieser
Beziehung gefunden wurde, welcher die Liebe zu dem Landes-
vater als den besten Hinterlader proklamirte, so ist man trotz-
dem noch allerwärts mit neuen Modellen beschäftigt, von denen
in Preußcn besonders eben das System Needham große Be-
achtung erregt. Die Dänen führen das System Remington
ein. Soviel ist gewiß, daß Bayern noch ein großes Stück
Arbeit bevorsteht, wenn es die Prüfung und Auswahl gewis-
senhaft vornehmen will. Eine Erleichterung ist ihm glücklicher-
weise dadurch geworden, daß der Nordderüfche Bund so viele
Souverünitüten militürisch absorbirt hat, denn, wenn die Hin-
terladungsfrage noch zu Zeiten des seligen BundeS aufgeworfen
worden wäre, so hätte natürlich auch Reuß-Greiz und Sonders-
hausen ihr besonderes System haben müfsen, und die Wahl
wäre unter den Vielen für Baheru jedenfalls noch schwerer
geworden.

Die Theilnahme an dem Nothstand unserer Brüder m
Ostpreußen hat sich nicht blos forterhakten, sondern ift immer
noch im Wachsen btgriffen. Sie üußert sich in allen Schichten
auf die rührendfte Art. Jn unserem Lande betheiligt sich die
Landbevölkerung in sehr anerkennenswerther Weise, wühreud
in den Städten den bereits stattgefundenen Sammlungen durch
Conzerte und ähnliche Aufführungen weitere Zuwendungen in
großem Maßstabe zugeführt werden. So fand iu dieser Woche
zu diesem Zwecke in Heidelberg ein Conzert statt, bei welchem
die höhere Gesellschaft mitwirkte, und das über 1000 fl. ein-
brachte, wührend in Mannheim von Seiten der Offiziere ein
Carousselreiten veranstaltet wurde, welchem Seine Königl. Hoh.
der Großherzog und die großh. Familie beiwohnten. Drese
allgemeine Hülfeleistung, welche einen erfrenlichen Beweis sür
das Gefühl der Zusammengehörigkeit aller Deutschen, trotz
der trennenden Mainlinie liefert, läßt hoffen, daß der aller-
dingS entsetzliche Nothstand, welcher in der letzten Zeit noch da-
durch gesteigert mrrde, daß Tausende hMgerLde Ruffen wber

die preußische Grenze herüberkamen, mit Gottes Hilfe anch
wieder glücklich überwunden werde.

Nachdem wir diese Woche täglich Telegramme aus Mün-
chen erhalten, welche von der Hoffnung sprachen, daß die Aus-
gleichung des Conflikts zwischen Reichsrath und Kammer wegen
des Wehrgesetzes durch gegenseitiges Nachgeben erzielt werde,
ist endlich dieses wichtige Ercigniß auch wirklich eingetreten.
Der Wichtigthuerei nach sollte man allerdings meinen, daß
der politische Schwerpunkt Europas im Augenblicke in Münchcn
liege. Da dies sedoch thatsächlich nicht der Fall ist, so kann
man sich auch wegen der weiteren Nachncht, daß auch Bayern
keine Erwerterung der Competenz des Zollparlaments will,
wenigstens noch einigermaßen beruhigen.

Jn Württemberg hat die Kammer die ganze Woche
über das Präsenzgefetz berathen; zu einem Resultat ist es da-
bei indeffen nicht gekommen. Keine Ansicht wußte die erforder-
liche Mehrzahl sür fich zu gewinnen. Wie die Sache sich ab-
wickeln wird, ist unter diesen Verhültnissen sehr fraglich und
wir können nicht versichern, heute über 8 Tage unseren Lefern
ein -Crgebmß auch wirklich mitzutheilen, da man in neuerer
Zeit in schwäbischen Dingen weder etwas vorherbestimmen, noch
berechnen kann. — Der ritterschaftliche Adel WürttembergS
hat diese Woche in Eßlingen getagt und sich in 103 Mitgüe-
dern gegen die nene Verfaffungsvorlage ausgesprochen. Der
ritterschaftliche Adel hat eben in früheren Berhältnifien zn gut
sich befunden, als daß er Neuerungen wünschen sollte.

Die W-ahlen zum Zollparlamente rücken näher und im
ganzen Lande werden Versammlungen betreffs der Candidatru
abgehalten, welch' letztere auch bereits zur Mehrzahl aufgestellt
sind. Von der Wahl eines badischen Prinzen hat mon aus
Gründen der Delikateffe Umgang genommen. Unter den neu-
gestelltm Candidaten befinden sich die Narnen des berühmten
Rechtslehrers Blnntschli, des ansgezeichneten Kammermitglieds
Eckhard und des verdienstvollen energischen Oberbürgermeisters
Fauler. Jm Uebrigen ist ernr allgemeine Betheiligung
an der Wahl zu erwarten imd im höchsten Grad wünschens-
iverth, da sich die allgemeine Bolksstimmung dann unzweiden-
tig und unzweifelhaft ergeben muß.

Jn der Kammer ist das Contingentsgesetz mit aüen gsgen
8 Stimmen angenommen worden. Die Heeresftärke wird da-
her tünftig im Frieden 1, im Kriege 2 Prozent betragen..
Die Kammer erkannte dabei die Größe der Opfer an, hielt
diesekben jedoch im Jnteresse der deutschen Einheit als patris-
tische Pflicht geboten. Bei Gelegenheit der Vorlage des Bud-
gets des Handelsministeriums zeigte sich uuter den verschiedeMerr
Abgeordneten ein wahrer Feuereifer bezüglich der Anlage neuer
Straßen. Jeder fast ohne AAZNLchme wußte das Bedürfniß
solcher in seinen Bezirken darzuthmi, mrd der Abgeordnsts für
Eberbach, rvelcher bererts von der HnÄdesteutr aiLf die Eißen-
bahn gekommm, unterließ es MLch jetzt nicht,. auß der Lokomo-
tive herumzureiten. Herr Mmifteir Machy soll fast ein ganzes
Notizbuch mit der NotirVing der brtreffenden Wünsche verbraucht
haben, damit fa ^mer vergeffen wird.

Der Freiburger Bote, der ältere Zwillingsbruder des
edlerr Pfülzer Boten, glaubt an nichts weniger, als den Fort-
 
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