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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1868

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No. 53
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https://doi.org/10.11588/diglit.29847#0219

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^rscheint D i e n st a g,
Donnerstag nnd
Hainstag ncbst der
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DmMg, 5. Mai.

ß Schwetznrgeu.
n.

Die Eisenbahn von Mannheün hierher ist znr Gewißheit
geworden. Regierung nnd Kammer haben dadnrch den Be-
mcis geliefert, daß man den Jnteressen nnsrer Gegend ent-
gegen tommen und auch diesem bisher eiwas znrückgebliebenen
Theil des Landes dem Verkehr eröffnen müsse.

Es wnrde zn weit führen, wenn wir hier des Lüngeren
nnd Breiteren ansfnhren würden, daß die eben genehmigte
Eisenbahn nicht nnr nnser, sonöern auch das Jnteresse des
nbrigen Landcs bcrührt. Jn der That ist die Ansbreitnng
des Eisenbahnnetzes sür das ganze Land cin Bedürfniß nnd
eine im Oberlande eröffnete Linie hat anch für die Ueberländer
eine große Bedentnng, wie umgekehrt. Eisenbahnen sind Fac-
tore des Cultnrlebens nnd darin liegt vielleicht ihre noch größere
Bedentung, als darin, daß sie die Bequemlichkeit und Schnellig-
keit des Verkehrs in so anßerordentlichem Grade besördern.
Jm wahrhaft freien Staate, der auf der möglichst harmonisch-
glcichmaßigen Bildnng allcr seiner Glieder bcrnhen muß nnd
anf ihr allein bernhen kann, sind daher Eisenbahnfragen von
noch viel größerer Wichtigkeit, als da, wo sie blos zn Ver-
kehrszwecken dienstbar gemacht werden sollen. Wir können uns
frenen, in die Reihe der Staaten — nnd zwar in vorderster
Linie — eingetreten zn sein, welche dem höheren Staatszweck
nachftreben, dürfen daher auch nie vergesfen, daß wer den Zweck
will, auf die Mittel betreiben muß, welche dem Zweck ent-
sprechen, und daß zn diesen Mitteln neben gnten Schulen eine
immer größere Verallgemeinung des inlündischen Eisenbahn-
netzes gehört.

Nach diefer knrzen Anseinandersctznng, die uns jedoch un-
erläßlich erschien, um den allgemeinen Charaktcr der Eijen-
bahnen, die gewöhnlich fast zn ansschließlich vöm Standpnnkte
der Localfphäre betrachtet zu werden Pflegen, nnsern Lesern
darznthun, nehmen wir keinen Anftand, diese Frage auch von
der localen Seite zn betrachten. Wo das locale Jnteresse dcin
allgemeinen nicht nnr nicht entgcgensteht, sondern von demselben
noch müchtig getragen wird, ist es nicht blos berechtigt, sondern
dessen Geltendmachnng selbst geboten.

Daß eine Eisenbahn der hiesigen Stadt viele Vortheile
bringen wird, licgt so sehr auf der Hand, daß es Enlen nach
Athen tragen hieße, wenn wir dies hier nochmals ansführlich
wiederholen würden. Das würe früher vielleicht eher an der
Zeit gewesen, wo noch die Eisenbahn hierher nicht zur „vollen-
deten Thatsache" geworden und wo es zwar hier nnd da ge-
schehen, jedoch nicht ünmer mit dem Eifer, der einer fo großen
Lebensfrage gebührt. Denn daß der Verkehr ein ganz anderer,
der Fremdenzufluß ein größerer, der Anfschwung der Stadt
ein gesicherterer dadurch werden mnß, das springt als nächfte
Folge Jedem in die Angen, der die Entwickelung der mate-
riellen Verhällnisse der Neuzeit, welche hanptsächlich in den
Eisenbahnen wurzelt, anch nur oberflächlich seiner Betrachtrmg
unterzogen hat. Und wie ans schlechten Verhältniffen nach
cinem unumftößlichen Weltgesetze nur wieder schlechte refultiren

, können, so ans gnten und besseren auch nur wieder gnte nnd
bessere. Die Vortheile, welche nns die Eisenbahn zn denen,
welche wir glücklicherweise schon inne haben — denn hier in
Schwetzingen lünst die Bahn auf bereits sehr empfünglichem
und vorbereüetem Boden — bringen wird, kann sich jeder
leicht ansmalen nnd wir glanben keine allznlebhaste Phantasie
zn besitzen, wenn wir dieselben in dem Worte: „größerer
Wohlstand" zusammenfassen.

Die Erkenntnisse dieser Vortheile mnß aber ein Sporn
sein, in der Sache nicht nachznlassen, wo noch ünmer Manchcs
zn thun übrig bleibt. Mit der Linie Carlsruhe-Schwetzin-
gen-Mannheim allein ist es für nns nicht gethan. Wir
müffen weiter streben nnd namentlich das Eisen schmieden, so
lage es noch warm ist. Die Eisenbahn von hier nach Hei-
delberg, als spezifisch-schwetzingische Localseitenbahn nnd zwar
einerlei ob mit Dampf oder Pferden betrieben, ist der Pnnkt
den wir vor Allem jetzt in's Ange fassen nnd zn beeilen haben.
Diese Seitenbahn ist es, nm die sich jetzt nnser Alpha und
Omega bewegen soll. So lange blos die eine Verbin-
dnng niit Mannheim uns gegeben ist, fo lange haben
wir blos dic Halbheit. Denn man soll immer bedenken,
daß unser Garten der Tnmmelplatz der Tonristen ist und in
, immer höherem Grade werden muß, daß der Sammelpunkt
derselben bereits jetzt Heidelberg bildet nnd daß modernen Tou-
risten nichts widerlicher erscheint, als Umwege machen zn müssen.
Erst mit Herstellnng der knrzen, keine Terrainschwierigkeiten
darbietenden Heidelberger Linie wird Schwetzingen in dcr That
das werden, wozn es die liebliche Nainr und die Kunst so vor-
zugsweise bestimmt zu haben scheint. Darnm ohne Unter-
laß anf dies lohnende Ziel hingesteuert nnd nicht
gernht, bis es erreicht ist! Je früher es erreicht
wird, desto besser für u n s.

Ein weiterer Auslänfer der bereits genehmigten Bahn,
die Seitenlinie H o ck e n h e i m-S p e y e r wird in der Folge
wohl auch nicht ansbleiben. Die Wichtigkeit dieser Linie sür
uns ist gleichfalls offenbar, doch rangirt sie erst in zweiter
Reihe, und kann zudem wohl erst nach vollendeter Bahnstrecke
von derselben des Nüheren die Rede sein. — *)

B a d e ir.

(*) Kehl, 27. April. Das schlechte Wetter, welches die-
ses Jahr so außerordentlich lange anhült, beunrnhigt nicht nnr
den Landmann, sondern fügt auch unseren Gewerbsleuten in-
sofern grsßen Schaden zn, als die üblichen Spaziergttnge der
Straßburger hierher statt wie sonst zu dieser Jahreszeit znr
Regel, hener znr Ansnahme gehören. Auch auf den Gesnnd-
heitszustand wirkt dasselbe nachtheilig zurück, da anch hier oie
bei Jhnen fo verheerend aufgetreteue I)ip>1rti6riti8 vorzukommen

*) Wir habm in Nr. 47 in bein Artikel „Schwetzingen" mitgetheilt,
daß wir einen Sprechsaal cröffnet haben, und bringen nun heute eine Be-
sprechung. über unscre Eisenbahvangelegenheit, welcher abtheilungsweise
folgen wirb: — Ueber Spargct unb Hopfen — Garten — Theater,
Bädcr, Wirthshäuser, Molkenkur, Mincralwasser, Leihbibliothek — Das
gescllige Leben, weitere Erziehungsanstalten, Billards, Zeitungen, — und ladcn
zugleich zur Theilnahme an der Besprechung unsercr lokalcn Verhäli-
nisse ergebenst ein. (Dic Red.)
 
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