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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1868

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No. 48
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https://doi.org/10.11588/diglit.29847#0199

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Domlersta^ 23. April.

W o ch ens ch a u.

Tas ewige Kapitel von Krieg imd Frieden war
auch diese Woche der willkonnnene Text der Zeitungslitaneien,
die erwnnschte Ausfüllungsmaterie für die journalistische Leere.
Während in xraxi das B e waffnen an der Tagesoronung ist,
beliebt die Zeitungspresfe von einem Entwaffnen zu fabeln,
welches die Gedanken der Großmächte in Anspruch nühme.
Es handle sich nur darum, wer den Anfang zu machen habe,
denn noch habe sich weder Frankreich, noch Preußen, noch Nuß-
land entschließen können, der Erfte fein zu wollen. Vielmehr
Pien alle so bescheiden, in dieser Beziehung den letzten Platz
absolut behaupten zu wollen. Man sei zwar dollkommen über-
zeugt, daß der bewaffnete Frieden im Grunde nichts anderes,
als ein stummer oder heimlicher Krieg sei, nber man sei ihn
einmal gewohnt und von der süßen Gewohnheit könne man
immer noch nicht recht wissen — — —

Die Polen haben beschlossen, im Z o l l p a r l a m e n t
nicht zu erscheinen. Es wird wahrscheinlich auch ohne sie gehen.
Non den Verhandlungen und Beschlüssen dieses Parlaments
erwartet man wichtige merkantilifche und volkswirthschaftliche
Verbesserungen, und auch in politischer Beziehung wird ihm
ein günstiges Prognostikon gestellt. Auch bie preußische „Pro-
Vinzial-Correspoudenz" hofft, daß dadnrch eine weitere Ent-
wicklung der nationalen Einigung erzielt werde. Sie crblickt
eine Garantie dieser Hoffnung in den süddeutschen Wahlen,
was uns offen gesagt, nicht recht einleuchten will. Die süd-
deutschen Wahlen scheinen eher das Gegentheil befürchten zn
lassen, da sie in der Mehrzahl gegen Preußen ausgefallen sind.
Wir sind dagegen der Ansicht, daß trotz der süddeutschen, be-
sonders der bahrischen und württembergißchen Wahlen die deutsche
Einigung sich weiter entwickeln wird und muß, aus dein ein-
sachen Grunde, weil sie ein wirkliches Bedürfniß des deutschen
Volkes ist und die Verhültnisse müchtiger sind als Personen,
und seien es noch so viele, welche dem Strom cntgegenschwim-
men wollen.

Tie Westküste von Schlesw ig, besonders aber die dort
nahe liegenden kleinen Eilande, welche man die Halligen
nennt, verlieren immer mehr an Grund und Bodcn, welchen
ihnen das Meer sortreißt und annexirte. Die Sache muß
ziemlich bedenklich sein, da bereits jede Haushaltung deßhalb
gehalten ist, ihren Viehstand um eine Kuh zu vermindern.

Jm srüheren Herzogthum Nassan sind vielfache Ver-
setznngen vorgekommen und Beamte theils nach Altpreußen ge-
kommen, theils von dort, welche nach Nassau versetzt worden.
Es wird natürlich darüber viel gesprochen, und die Einführ
mit der Ausfuhr krähwinklerisch verglichen. Obgleich die Nas-
sauer jetzt einem Großstaat angehören, scheinen sie noch nicht
ganz des kleinstaatlichen Geistes ledig gcworden. Die Mittek-
rheinische Zeitung selbst widmet diescr Angelegenheit nnter der
Ausschrift: „Jmport — Export" einen belachenswerthen Leit-
artikel.

^ Art will eben nicht von Art laffen. Das ist ein altes
^prichwort, welches sich an der ba y r isch en Reichsrathkammer
wieder einma! bewührt. Die bayrischen Reichsrüthe haben gar

keine Freude an dem neuen Leben, das aus den Ruinen des
alten seligen Bundestags erblühen will. Eben sind sie daran,
das Schulgesetz zu berathen: zum Berichterstatter desselben
haben ste den Bischof Dinkel ernannt und damit so zu sagen
den Vock zum Gürtuer gemacht.

Die Traunsteiner Krawalle — in Folge dercn
ein pslichtvoller Beamter bereits gestorben — sinden leider immer
noch, wenn auch glücklicherweise mehr vereinzelt, Nachahmung.
So mußten in diescr Woche wieder Chevauxlegers zur Kontrol-
versammlung nach Teuschnitz.

Der König von B aye rn will eines Halsleidens wegen
diesen Sommer nach Kairo gehen.

Jn Baden ist das neue Preßgesetz publizirt worden
und erhült dieses Land damit vielleicht das freisinnigste Zuge-
stündniß vor allen andern Völkern. Das stolze Frankreich be-
neidet bereits das kleine Baden. Die Bestimmungen des neuen
Gesetzes sind liberal im üchtesten Sinne des Worts. Die Cau-
tionen fallen weg; der Verfasser braucht nicht genannt zn wer-
den; Strohmünner als Redakteure werden nicht geduldet und
selbst bei der (ungerechtfertigten) Veschlagnahme bleibt die Staats-
behörde für den Schaden haftbar.

Den Wasser- und Straßenbauinspektionen sind Cnltur-
i ng enieure beigegeben worden, welche Cultnrunternehmungen,
die sich auf Ent- und Bewüsserung, Urbarmachung von Flüchen,
Anlage von Feldwegen, Verbesserung der Feldeintheilung, sowie
aus Verlegung und Znsammenlegung der Grundstücke beziehen,
anzuregen nnd dabei thätig mitzuwirken haben. Die Regie-
rung beweist dallurch auf's Neue ihre warme Fürsorge für
die Kulturinteressen des Landes.

Der Herr Erzbischof von Freiburg ist nach kurzer
Krankheit in hohem Alter (er stand im 95. Jahre) gestorben
und bereits im Münster beigesetzt worden. Die liebenswürdige
und milde PersönlichkeiP sowie die große Wohlthütigkeit dieses
hochgestellten Manncs erklürt die große Theilnahme, welche sein
Scheiden aus dieser Welt bei den Ueberlebenden aller Stünde
und Confessionen gesundeu. Jn Freibnrg wurde wegen dieses
Todesfalls das Stadttheater geschlossen.

Der Gasstrike in Karlsruhe ist noch nicht zu Cnde,
füngt vielmehr erst recht an. Der Gasiverksbesitzer, Herr Pu-
rilelli aus Trier hat nümlich erklürt, er gehe keinen Heller
herunter; wenn die Herren Erdöl brennen wollten, so habe er
nichts dagegen, denn er sei überzeugt, daß sie dasselbe bald dick
bekommen würden und dann als renige Sünder wieder zum
liebeu theuren Gas znrückkehren würden. Diese Patzige Sprachc
brachte selbst das sonst so ruhige Blut der Residenzbewohncr
in Wallung und sast Niemand will mehr dort vom Gase eüvas
wisfen.

Der „Vadische Veobachter" siedelt am 1. Mai wieder
nach Karlsruhe über. Sein Redakteur, Herr Berberich, wurde
dieser Tage zur Abwechslung wieder einmal zu 6 Wochen Ge-
fängniß verurtheilt.

Der Thurm an der Jesuitenkirche in Heidelberg ist
jetzt, nachdem der an der Peterskirche sertig, gleichfalls in An-
griff genommen worden. (Forts. folgt.)
 
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