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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1868

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No. 96
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https://doi.org/10.11588/diglit.29847#0392

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gchtete und ehrte in dem Fi'usten den tvirklichen Liebling des
Volks, in welches neues Lcben und wit diesem auch neucs Streben
kain. Während Großherzog Leopold erleuchtete und freisinnige
Staatsmänner in seinen Nath berief, füllte sith die Carlsruher
Ständekammer mit Männern, dercn Namen roeit über die Grenzen
unseres tleines Lündchens sich geltend machten. Nnvergessen
werden in Badens Geschichie die Namen eines Nottck, Welker,
Duttlinger, Jhstein, Mittermaier bleiben, welche auf
der kleinen Arena in Carlsruhs für deutsche Freiheit so r-nanche
Lanze eingelegt, so manch kühnes und schönes Wort gesprochen.
Aber uicht Worte allcin waren es, die zündeud wirkteu, auch
manche schöne Frucht ihres Wirkens wurde dem Volke. Die
Ablösung des Zehuten uud der Frohnden, eine, deu damaligeu
Verhältnissen uach sehr freisinuige Gemeindeorduaug , ein
bürgerliches Prozeßrecht und noch andere treffliche Gesetze wareu
das Ergebnist diescs Landtags, dem es auch, nach dem Ausbruch
drr Julirevolution uud der Vertreibuug Caris X. vergönnt war,
zum e r st e n Male in Deutschland die Preßfrei-
heit zum Gefetze zu proklamiren.

So >var alles gut und gedeihlich nnd die Wege der Zu-
kunft schienen in politischer Hinsicht mit Nosen bestreut zu sein.
Vo!k und Fürst waren einig, ihr ganzes Dichten uud Trachieu
war Einklang und Fortschritt. Aber deunoch sollte nur zu
bald eine Aenderung eintreten: Der alte Metternich lebte noch
uud mit ihin die Neactiou, die nur zn schnell in dem nenen
fchlaueu Könige Frankreichs, Lonis Philipp, eineu Lhütigcn Mit-
arbeiter erhielt.

^ W o ch e n s ch a Lr.

Die Nachklänge des Wiener Schützeufestes verhatten all-
mählig, und bald weroen nur noch „Anekdötchen", kleine charak-
terische Züge, Erfindungeu müßiger Köpfe rc. an das großartige,
nationale Feft, das vorübergerauscht ist, erinnern.

Ju Verlin ist es stille und scheint das politifrhe Leben
mit den „wohlnnterrichteten" und „niaßgebenden" Kreifen in
die Büder geflohen zn sein. Jn Bonn feierte die Universität
ihr üOiähriges Jnbilünm, welcher Festlichkeit anch der Kron-
Prinz nnd der Knltiisniinister Hr. v. Mühler beiwohnten. Wie
mögen den letztern Herrn die Sünden seiner Jugendmnse ge-
drüät haben, als beiin Festbanket fein „Grad ans dein Wirths-
haus rc." unter allgemeinein Jnbel angestimmt wurde.

A'us Frankreich laufcn forkwahreud allarmireude Nach-
richten ein, welche den Ausbrnch eines Kricges mir Deuischland
in nüchste Znknnft stellen. Die Sache füngt an. endlich lang-
weiüg nnd lücherlich zn werden nnd inan legt bald kein Gewiehk
mebr auf lkriegsgefchrei noch Friedeiisversicheriingen. Womit
follten allerdings die französifchen politischen Blülter ihren
Lefern jetzt aufwarten als mit ein b schcn Säbelgerasscl? Daß
sie aber immer nnd immer wieder anf die alte Gefchichte zu-
rückkominen, zenak von wenig Ersiiidiingsgcist, da oerstehen sich
unscre großen poütischen Zeitnngen beffcr darauf, die bieten doch
anch Abwechslnng! El.oas Anderes ift es aber, was einiger-
maßen die europäischen Kabinette stntzig macht: das anfgetanchte
Gerücht einer Allianz zwischen Frankreich. Belgien und den
Niedcrlanden. Die Sache wird jedoch nachdrücklich in Abrede
gcstellt und die betrcffendcn Gcsandten taben in Bcrün die
Verficherilng gcgeben, daß kein wavres Wort an der Geschichte
sei. Trotzdem gtaubt man, daß das Gerücht nicht aus der
Luff gegriffcn ist. Die „Laterue", welche wie ein Meteor in
Fraukreich aufstreg und die französischcn Zustülide mit ihreu
grellen Streiflichkern erhellte, hat ansgelenchtet. Die Keckheit
des Redakteurs Rochefort, die in's Fabelhafte gegangen sein
foll, hat die Langmuth der Negierung erschopft. Das Witz-
blntt ift untcrdrückt, Rochefort hat fich salvirt nnd aus „Ge-
sundbeitsrücksichtcn" seinen Anfciithalt nach Brüssel verlcgt.

In PetcrSbnrg wird eine Koiiferenz der europäifchen
Gwßmächte zusamnieutrcteii, um über die Veschränkung oder
gäuzUche Besestiguug e x p lo d i r e n d e r Gesihoffe im Kriege zu
beratheu. Jetzt spreche wau noch von einer halbnsiatischen
Barbarei, wcnn von Rußland aus der erste Anstoß zu einer
meuschlichereu Kriegführung kommen mnß! Jn Poleu wirth-
fckwsiet Nußlaiid übrigeus in eincr Art und Weise, Lie an's
Unglaubiiche grenzt.

Nicht genug, daß es das polnische Volk mit eiserner Faust
niederhält, sucht es ihm die crste und letzte aller nsiionalen Bedin-
gnngen, die Sprache zn rauben. Der Landessprache darf man
sich im öffcnklichen Verkehr nicht mehr bedienen, nnr zwischen
Eltern und Kinder, Maun und Fran foll die polnische Sprache
noch gcduldet werden. Das heißk eigentlich der Natur Hohn
sprechen! Jn Rnßland wüthen auf weite Strecken hin Torf-
und Moorbrände, die meilenweit allcs so in Rauch einhüllen, daß
die Sonne nur noch einem glühenden Ball gleicht. Die Sache
ist insofecii bedenklich, als die Schienenmege, die diese un-
wirthbaren Gegenden durchschneiden, dadnrch zerstört werden,
Telcgraphenseitungcn, Vrücken n. a. m. in Flammen aufgehen
und der Verkehr in si'glicher Weise gehemmt wird.

Das atlantische Kabel ist an derselben Stelle wis voriges
Jahr wieder beschädigt und ein englischer Dampfer ist bereits in
See gegangen, nm dem Uebel wiever abzuhelfen. Von Eng-
land ist sonst wenig zn berichten. — Da loben wir uns Jta-
lien, wo es immer eine kleine Räubergeschichte oder dergleichen
zu berichtcn gibt. Heute ist es nur ein Akteudicbstaht aus den
Aränven der Depntirtenkammer in Flvrenz, der viel von sich
sprechen macht. Wie das Gerücht geht, follen die abhanden
gekommenen Dokumente Beweise enthalten, daß verschiedene
Depntirte der Bestechlichkeit zugänglich waren nnd um ein nn-
liebfames Aiifsehen zu vermeiven, die Schriften deßhalb ver-
schwniiden feien. Ietzt fuchen die Herren Registratoren und
Aktnare in, auf, hiuter uud uuter den Schräukeu, welche die
Aktenstöße enthalten sollen. durchstöbern alles nnd könncn die
Papiere trvtzdem nicht mehr finden.

Jn Südamerika geht es wie immer, bnnt drunter und
drüber; die Brasilianer nnd Paraguayten machen es noch wie die
beiden Löwen, wclche sich bis auf die Wedel auffraßen. Man
meldet eineii Sieg der Nepublik Paraguay, der namentlich
durch die Tapferkeit der Amazonentruppen errnngen wnrde. Es
ist auch gauz uatürlich, daß eine solche einnehmende Armee
fiegreich vordringen muß!

B a ö e n.

* Schwetzingen, 13. Aug. Nach einem uns zur Ein-
sicht mitgetheilten Einladungsschreiben der Handelskammer der
Stadt Heidetberg sindet nächsten Tienstag den 18. d. M., Nach-
mittags 5 Uhr, in Hcidclberg wegen Erbaunng einer Eisenbnhn
vvn da nach Schwetziiigen, eine Bcsprechniig im engeren Kreift
statt, nm zunächst den Boden für dieses Projekt zu gewinnen.
Es kaim uns nnr mit aufrichtiger Frende erfüllen, diese für
unsere Stadt so hochwichtige Angelegenheit, an deren Verwirk-
lichnng wohl keinen Augenblick zu zweifcln ist, schon so bald
anf der Tagesordnung zn finden nnd wird von den maßgeben-
den Gemeindebehörden derselben im wohlverstandei.en Jntereffe
ficher aller Vorschub gelcistet werden. Die Baukosten sür
diese Bahn, welche nicht nur den schnellen Verkchr mit uuserer
reizeuden Schwesterstadl Heidelberg, sondern auch mtt der siden
Tag au Bedeutuug gewiuueiideu Odeiiwnldbahu uud dadurch
mit dcm größern Weltvcrkehr vermitlclt, sind auf 100- HHch-
stens 120,000 fl. veranschlagt.

A u s l a n d.

Paris, 11. Nugust. Man schreibt der „Köln. Ztg,"':
„Scbon vor dcr heutigeu General-Preisvertheilung an
die Schulen der Lyceen und Kollegien, welche in der Sorbonne
nnter deni Vorsitz des Unterrichtsministers stattsand, ware»
die Gymnasiasten in ciner erreaten Stimmnng. AkS dle
Trommeln plötzlich wirbelten, erscholl vcm allen Bänken dee
Rnf: „Oh, was ist dasdl" Da ertönte eine Stimme: „ES
ist gcwiß der Marschall Canrobert!" nnd da sich m diejem
Augenblick gerade die Psorlen des Saales öffneten und der
Marschall eintrat, so war dessen Empfang ein üußerst heiterer,
dcmi von allen Bänkcn ertönte ein sormidablcs Gelächter. Der
Kaiserl. Prinz, welchem Duruy entgegeugiug und dec den Groß-
Cordou der Ehrcnlegion über seiner Sammtjacke trug, wurde
kühl ewpsaiigen-, kein Rus ertöute, doch wurde die Ruhe sonst
nicht gestört. Als Dnrny seine Rede hielt, die von Anfang
bis zn Ende Lob anf den Kaiser war, gaben die Schüler^keine
Zeichen des Bcisalls kund. Das Nämliche war der Fall, al-
 
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