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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1868

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No. 109
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https://doi.org/10.11588/diglit.29847#0444

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D e u t s ch l a n d. !

Berlitt, 11. Sept. Die Auslassungen des Cülistitution-
nel über die Motive, welche allein die sriedliche Politik des
Koisers stören köunten, der ziemlich unverblüuite Hiniveis, dos;
der Versuch einer engeren Einigung Deutschlands,° cils sie au-
genblicklich besteht, eine solche Wirkung haben würde, werden !
hier mit einer ziemlichen Gleichgültigkcit ausgenommen und
machen jedenfalls weniger Eindruck, als sie in Paris gemacht,
wo sie sogar eine vorübergehende Panik hervorriefen. Eine
gewaltsame Eiuigung Deulschlands, einen Zwaug gegcn die
süddeutschen Staaten hat Preußen niemals beabsichtigt, uud
der Augenblick, wo die Eiuigung Gesammtdcutschlauds von jeuen
mit freier Einstimmung gefordert werden würde, scheint leider
noch sehr entfernt zu sein. Hoffentlich hat aber die Drohung
auf die Partikularisten in Süddeutschland eine gute Wirkung.
Es ist ein demüthigcndes Gefühl, sich sagen lassen zu müssen,
daß ihre Bestrebnngen sieh der Sympathien und des Schutzes
Frankreichs erfreuen, ja sie sind nicht einmal gewiß, ob ihuen
dieser Schutz nicht sogür gegen ihren Witlcn gewährt würde,
wenn sie eimual ihre Gesinnuugen ünderten.

Atts l an

Ver'tt, 11. Sept. Man schreibt der „Köln. Ztg." : Oberst
Hammer, der neue schweizerische Gesandte bei dem Norddeutschen
Buude und den süddeutschen Staaten, wird einem so eben vom
Bundesrath gefaßten Beschluß zusolge die Schweiz anch bei den
Unterhandlungen über den mit dem Großherzogthum Baden
abzuschließenden Staatsvertrag über die Seethalbahn (Romans-
Hsrn-Konstanz) vertreten, jedoch werden ihm noch zwei dcm
Kauton Thurgau angehörende Abgeordnete beigegeben sein.
Der Bundesrath hat der Großh. badischen Regierung hievon An-
zeige gemacht, indem er sich gleichzeitig zur Eröffnung der bezüg-
licheu Unterhandlungen im Lauf des Monats Oktober zu Carts-
ruhe bereil erklürt.

Ptrris, 11. Sept. Die Königin von England kam ge-
stern hier an. Sie bewahrte ihr Incoguito und reiste Abends
über Cherbourg weiter.

Paris, 12. Sept. Man schreibt der „Köln. Ztg.": Man
weiß jetzt mit ziemlicher Bestimmtheit, daß die kriegerischen Ge-
rüchte der letzten Tage, wclche Paris unsicher machten, gleich-
sam nur der Wiederhall der militürisch weitsichtigen Projekte
gewesen sind, mit denen der Kaiser im Lager von Chalons
förmlich überstürmt wurde. Nicht nur, daß einzelne Kom-
pagnien, wührend des Defilirmarsches der letzten großen Revue
am Kaiser vorübermarschirend, »^n Ulrin, un Ulrin!« gerufen,
sondern namentlich die höhere Generalitüt soll es gcwesen sein,
die ihre Kriegsprojekte dem Kaiser aufzudrüngen bemüht war.
Wie sich von selbst versteht, konnte Napoleon als oberster Kriegs-
hcrr, den sich kundgebeuden Enthusiasmus nicht öffentlich miß-
billigen, und so schwieg er, ganz seiner Gewohnheit gcmäß, zu
all diesen Kundgebungen. Dieses Schweigen wurde natürlich
als Billigung ausgelegt, und so fauden diese Manifestationen
alsbald ihr Echo in Paris. Allein auch hier ist man bereits
wieder zur Vesinnung gekommen, uud je mehr man sieht, daß
diplomatisch nicht das Mindeste vorliegt, desto beruhigter zeigt
uian sich.

Nom, 12. Sept. Gegen den Bischof von Rotteuburg
wird von einer Coterie retrograder Adeligen und Geistlichen
Württembergs im Vatikan stark agitirt; ebeuso wider den Ge-
neralvikar des Sprengels. Man klagt, der Bischof bemühe sich
zu viel mit der Teuderiz der Zeit nicht in Couflikt zu gerathen.
Seine Gegner möchten hier beweisen, es sei nöthig, ihm in einer
diesen Augebern angcnchmeren Person einen Coadjutor bei-
zugeben.

Flor'errz, 11. Sept. Die Ministcr sind von dem Grafen
Meuabrea telegraphisch an den Sitz der Negieruug berufen, um
ohue Zögeru bei der Ankunft des mit eiuigcr Bangigkeit er-
warteten Ultimatums Frankreichs in Bezug aus dic Räumuug
Roms und der vorgeschlagenen Allianz die nöthigen Beschlüsse
faffen zu köunen, wozu selbstverständlich auch die Gegenwart
des KöuigS nöthig sein wird. Was die Rüumung Roms be-
trifft, so wird die Antwort ohne allen Zweisel ablchnend aus-
s«llen; denn Privatbriefen auS Paris zufolge ist man dort über
die neue Nührigkeit der Aktionspartei, über die überall zur i

! Rachenahme für Mentana sich bildenden Freiwilligeüvereitte>
sowie über das Numpfparlament zu Neapel nichts weniger als
gleichgültig. Aber wenn man es sogar wäre, so werden fich
die Minister Napoleons nie einfallen lassen, eine gleichsam s»
auf die Zunge gelegte Ausflucht unbenützt zu lassen, um den
! Lieblingsplan ihres Herrn und Meisters/in Rom zu verbleiben,

! und das jumais des Herrn Rouher unbeanstandet durchführen
zu können. — Briese aus der Nomagna schildern die dortigen
Zustüude mit immer düstcren Farben. Die öffeutliche Sicher-
heit ist zum Mythus gcwordeu. Die Bevölkcrung befindet sich
iu trostloser Apathie, augeblich, weil sie sich von der Regierung
nicht uuterstützt sicht, wührend die Regierung ihrerseits bitter
klagt, daß auch ihre umfassendsten Maßregcln nicht frommen,
da sie nicht von der Vevölkerung umerstützt, sondern sogar
durchkreuzt werdcn. Unter solchen gcgenseitigen Beschuldigungen"
leben die Uebelthütcr ein üppiges, ja thatenreiches Leben. Die^
verwegensten Beraubungen und Morde werden am hellen lichten
Tage ausgeführt und bleiben uubestraft. Der 18jührige Bri-
gant Gaggino verübt allein und ohne jeglichen Spießgesellen
die verwegensten Straßenrüubereien vor den Thoren der Stüdtr
und gegen ganze Gcsellschaften. „Der Cynismus und die Pro-
vokation der Uebelthüter", sagt ein Blatt von Ravena, „sind
auf einer Höhc angekommen, daß sie ihre Rüubercien und
Plünderungen auf öffentlicher Straße und unter Musik nnd
Gesang aufführen." Jn Faenza, der mit Ravena am meisten
heimgesuchten Stadt der Morde, erhielt wieder ein Soldat einen
lebensgeführlichen Dolchstich; ein Untcroffizier verfolgte den
Mörder, allein das Kanaillenvolk verstellte ihm den Weg, so
daß der Mörder entkam und dem Unteroffizier die Derhöh-
nung blieb.

Lott-0N, 10. Sept. Mit großem Jnteresse wird hier
die deutsche Nordpolexpedition verfolgt. Der Daily Telegraph
kann sich Angesichts derselben nicht eiues Nückblicks auf die
noch nicht lange vergangene Zeit crwehren, wo die Anfünge
zu einer deutschen Marine in Eugland so herzlich belacht wur-
den. „Trotz aller Spöttereien," bemerkt er, „scheint das Land
ohne Flotte im Begriffe, die höchste seit 300 Jahren von einem
Seefahrer begehrte Auszeichnung davon zu tragen, wührend die
drei großen seefahreuden Natiouen der Welt nichts gethan haben.
England mag sich schümen, aber sei es so, die Wissenschaft
hat ja doch den Gewinn. Wir brauchen nicht erst zu sagen,
daß unsere herzlichsten Sympathieen, Wüusche uud Hoffuungcn
dem wackeren Kapitün der Germania folgen. Allerdings hütte
das Unternehmen lüngst von Euglaud vollbracht werden sollen,
allein wir müssen mit dem Troste vorlieb nehmen, daß wenig-
steus kein Franzose zuerst an den Nordpol gelangt sein wird."

Was giebt es Neues iiu Amtsbezirke?

* Schwczittgcn, 14. Scpt. Die Krciswahlmänncrwahtm, die in
vielcn Städtcn unsercs Landcs daS öfsmüiche Lebcn wieder cinnial wach
ricfen, gingen still an nns vorübcr nnd hatte nur der nördliche Theil unsercs
Beprts Ergänzungswahlcn vorzunehnien, dercn Ncsultat bereits bekannt ist.
— Bezüglich der Eisenbahnangelegenhcit verninnnt man, daß die Bahnhos-
fragc entschiedcn sei und soll dic dcfinitivc Wnhl dcs Platzes aus die Hei-
dclbcrgerstraße, nächst dem sog. Klostcr gcsallen sein.

V e r s ch r e d e n e s.

Frarrkfttrt a. M., 6. Sept. Der heutige Sechskreuzer-
Tag des zoologischen Garteus, der vorletzte dieses Jahres, war,
begüustigt vom herrlichsteu Sommerwctter, von mehr als 5000
Menschen besucht. Jm Verlauf der Zeit haben diese Sechs-
kreuzer-Tage zu eiuer Art Volksfest sich gestaltet. Jm Garten
selbst theilen Elephant, Affen und Bürcn sich in die Guust Pes
Publikums. Ein dichter Meuscheuschwarm umriugte das Affen-
haus und lauter Jubel erschallt ob der Streitigkeiten der ge-
waudten Jusassen, ihrem Ringeu um die dargereichte Nahrung
uud ihren Seilkunststücken. Stitlcr ist schon die Freudc ai«
Elephautcnstall, wo die von ihm gespielte Drehorgel nud die
Art, wie er das Futter verschliugt, uud das Verlangcn darnach
durch einen eigenthümlichen Schrci ausdrückt, eine Quelle nie
endeuder Unterhaltung bildet. Ein wenig begrüudetcs Vertraueu
flößt das brauue Büreupaar ein und die Wüchter haben ihre
Noth, die biedern Laudbewohner abzuhalten, daß sie dns tückische
Raubthier nicht auf dem Fuße eines zahmen Hundes behan-
deln und ihm aus der Hand zu fressen gebcn. Auch die in
 
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