Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1868

DOI chapter:
No. 118
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29847#0482

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
dc^genvsstii, aber ganz gelnngen scheint es ihnen denn doch
nichr, denn gerade die gewaltigen Zucknngen beweisen, daß noch
Leben in dem spanischen Staatskörper ist. ein Leben. das man
nach sa oielem Erduldeten und Turchgemachten wahrlich uicht
vermuthen sollte.

Die Formeu sind zwar iu den letzten Zeiten andere ge-
wordeu; der Geist der Regieruug blieb immer der gleiche. Das
starre Festhalten am Alten wurde nirgends nnnutiöser beob-
achtet, als in Spanien bis zur heutigen Stunde. Tie Bour-
bonen, denen das Land noch zu allem Unheil zusiel, blieben
stch, das muß man zugeben, stetS politisch consequeut, und die
verschiedenen Persönlichleiten, welche sich wegen des Besitzes
so ost in den Haaren lagen, gleichen einander wo möglich noch
mehr, als ein Ei dem andern. Zwischen Ferdinand und Don
Carlos ist so weuig ein principiellcr Unterschied, als zwischcn der
rankevolleN Christina und ihrer entthronten Tochter, Jsa-
bella, der Katholischen. Etwas mehr Jntrigue, Routine, Schlau-
heit, — das ist der ganze Unterschied, der hier zu Tage tritt.
Jnnerlich sind es die Gleichen: ihr ganzes Wirken war stets
auf denselben Zweck, die Unterdrückung des Volks gerichtet.

Das verderbliche System, das zum spanischen Krondogma
geworden, brauchte uatürlich Werkzeuge, denn mit dem Willen
der Fürsten alleiu war es nicht durchzusühren und dieseu selbst
ging alle Thatkrast ab. Der Muth war nie auf dem spani-
schen Throne zu Hause, weder früher, wo die Regicrung in
münnlichen Händen sich befand, noch jetzt wo die königliche
Frau ihren Aufenthalt in der nüchsten Nähe der Grenze ge-
uommeu. An Werkzeugen hat es ebensalls nicht gefehlt. Es
ist ein eigenthümliches Zeichen, daß der Neaction immer die
Corruption, zur Seite geht, daß je lünger erstere in Blüthe
üeht, desto mehr die letztere selbst in den höheren Schichten her-
vortriit. Corruption und Selbstsucht gehen aber Hand in Hand
und nichts ist dem Throne überhaupt geführlicher als selbst-
süchtiges Jntriguiren der höhereu Würdetrüger, das sich noth-
wendig zugleich zu eincm sortwührenden Conspirircn entwickeln muß.

Geradc in ihren Helsershelsern hat die spanische Krone
sich ihre cigenen Todtengrüber geschaffen. Die wechselseitige
Eifersucht und Befehdung der verschiedenen Minister und Ge°
nerale brachte den Thron zunüchst zum Wauken.

Das Volk, welches unter dem doppelten Drucke natürlich
am meisten zu leideu hatte, das man mit Steuern belastete,
dem man die Gewissenssreiheit vorenthielt, das man so elend
dahinsiechen ließ, wurde in Folge der aus sreilich ganz andern
Gründeu erfolgten Couspirationen mit Naturnothwendigkeit hin-
eingerissen und zur Erkenntniß gebracht, d.aß keiue Wahl übrig
bleibe, als dem heillosen Zustande wo möglich ein baldiges
Ende zu bereiteu.

B a d e n.

* Schwctzingen, 4. Octbr. Sicherm Vernehmen nach
sindet die Eröffnung der dahier gegründeten höhern Bürger-
schule in den nächsten Tagen statt. Bezüglich der üußern Aus-
dehnung, wird sich dieselbe vorerst nach der in dieselbe eintre-
tende Anzabl Schüler richten: in wissenschaftlicher Bcziehnng
aber dürfte sie schon im ersteu Jahre ähnlichen Anstalten in
Stüdten gleichen Ranges nnd Größe nicht nachstehen.

Manche Mittelschule dieser Art hat in letzten Jahren,
anstatt sich cines steten Emporblühens zu erfreueu, durch die
ihr dargebolenen unzureicheuden Mittel und insbesondere dnrch
allzu geringe Betheiligung bedaueruswerthe Rückschritte gemacht,
welche Mißstände hier keiueswegs eintreten werden, zumal dnrch
die Ernenuung tüchtigcr Lehrkrüfte sür gnten Fortbcstand
Bürgsch-ft g-kistet ist.

Eine geringe Betheiligung ist schon deßhalb dahier nicht
möglich, dä in jchiger Ausschwungs- und Fortschrittsperiode
anch der nur weniger Gebildete zu der unausbleiblichen und lobens-
werthen Einsicht gekommen, daß Zeit und Bildung Gelö ist, i
— und mit Recht. Alle Verhültnisse crheischen in neuester Zeit l
bessere Schulbildung, und unter dieser erhült realistische Aus-
bildung, zu welcher vorzugsweise eine höhere Vürgerschule berusen
ist, vor humanistischer den unbestrittenen Vorzug, da jene am
meisten geeignet ist, den Ansorderungen der Neuzeit zu eut- I
sprechen und sich daher auch als den Führe.r zur Erreichung j

einer in unserer Zeit so schwer zu fiudenöeu sichern Eristenz
erwiescn hat.

Wir leben deßhalb der sichern HLffnuiig, daß sich am Tage
der Eröffnung genannter Anstalt eine nicht geringe Anzahl
Lernbegieriger sowohl aus biesiger Stadt als auch von Nach-
bargenicindcu einsinden wird.

2l u s l a n d.

Paris, 30. Septbr.' Alle Welt steht noch unter der
Wucht des Eindrucks, den die hochbedeutenden Nachrichten aus
Madrid hervorgerusen. Es steht ffetzt fest, daß Marquis No-
valiches am Fnße der Sierra Morena von Serrano ohne Mühe
geschlagen wurde, daß seine Truppen ihn großentheils verlie-
ßcn und er schwer verwundet nach Madrid zurückkehren mußte.
Kaum war die Aukunst des geschlagenen Feldherrn in der
Hauptstadt bekannt, als äuch schon diHFührer das Zeichen zum
LoSbrechen gaben. Madrid mächte sein Pronunciamii'iito, bei
dem Alles freuudlich und friedlich, ohne daß ein Tropfen Blu-
tes vergossen worden ware, abging. Jubelnde Volkshaufen
durchzogcu singend die Straßeu. Das Militür fralernisirte
mit ihnen, und Alles athmete hoch aus, wie vom schwersten
Alp befreit. Ueberall ertönte als Losungswort der Rus: „Fort
mit den Vourbonen, es lebe die souverüne Nation!" Marschall
Seriano, mit dem, wie es scheint, der über den Cigensinn der
Köuigin empörte Concha sich noch in zwölfter Stnnde verglichen
hat, wurde hente Mittag in der Hauptstadt erwartet. Köni-
gin Jsabella bcgibt sich auf den Landsitz ihrer Mutter Chri-
stine, ^t. Adresse bei Havre, woselbst bereits geste-rn telegra-
phisch Gemächer für sie bestellt wurden.

Rom, 30. September. Das „Giornale di Roma"
veröffenllicht einen apostolischen Bries vom 13. Sept. au alle
Protestanten und Nichtkatholiken gerichtet. Der heilige Vater
sagt in diesem Briesc, datz er, von der christlichen Liebe getrieben,
sich nicht enthälten könne, die nichikätholischen Christen zu be-
schwören, zu prüfen, ob sie den Weg des Heils versolgen, den
Christus vorgezeichnet. Er fügt hinzu, daß die Vom Katholi-
cismus getrennten Secten, da sie'der höchsten vou Gott ein-
setzten Autorilät entbehren, immcr i'n ihren Lehren gcwechselt
habeu, während die Kirche, von Christus eingesetzt, die Wahr-
heit besitze, die keines Wechsels fühig sei. Der Papst ladet
die Proiestanten ein, das Eoncil zu beuützen, um in die Kirche
wieder eiuzutretcn, dcr ihre Vütec angehörten. Er schließt,
iudem cr sagt, daß er sehulich diese Rückkehr wünscht, uud daß
er Gott um dieselb-'Tag ünd Nacht in seinen Gebeten ansleht.

* Ueber Gewerbeschulen.

Nachdem wir kürzlich den Aufsatz eines ersahrenen Fach-
mauues über die Lehrgegeustünde der Gewerbeschulen brachten,
bringen wir uachsteheud auch die Bestimmuugen, unter welchen
die Besucher der hiesigen Gewerbeschule stehen und kümieii,sowohl
Elteru als Vormüuder die Benützung dieses wichtigen Jnstituts,
Scitens iyrer Söhne uud Mündel nur dringeud empfehlen.

Bestimmungen über dcn Besuch der Geiverbschule
zu Schwctzingen.

1) Junge Leute mit zurückgelcgtem 14. LcbenZjahre uud den nöthigen
Vorkenntuiiseu könncu auf schristliche Anzeige ihrer Eltern an den Gcwerb-
schulhauptlchrer in die Gewerbschule aufgenommen werdcn.

2) Tie Gewerbschule setzt diesenigen Vorkcuntnisse voraus, die die
allgemeine Volksschule lchrt; es haben dcßhalb die angemeldcten Schüler
cine Prüjung im Rechnen und der deüischen Sprache zu bestehen.

3) Tcr Austritt aus der Gewerbschule ist dem Lehrcr sigleich mündlich
odcr schristlich von den Eltern oder Vormündern anzuzeigen, andernfalls
wcrden die einzelnen Vcrsüumnisse als unerlaubte geahudet.

Jn der Regcl kann nur nach Abschluß dcs Sommer- oder Wintcr-
kurses ausgetretcn iverden mit Ausnahmc vom Lrtswcchsel odcr sonst wich-
tigen vom Gewerbschulvorstand anerkanntcn Gründcn.

Vor deni Austritt hat abcr jeder Schülcr seincn ctwaigcn Verbind-
lichkciten gegen die Schule nachznkoinmen.

4) Die unerlaubten Versäumnisse sind, wcnn sie durch Verschuldcn
des Schülcrs stattfinden, durch die Schulstrafen unter 5. zu ahnden; ent-
stehen dieselben durch Verfchulden des Alcisters, so ist hicvon Gr. Bezirks-
amt Anzeige zu machcn.

5) Die Tiscivlinarstrafcn bestchcn in Vcrweisen, Arrcst und Aus-

weisung aus der Schule. -p

Ucbertretungeu dcr bestehenden Hausordnung werdcn nach Bcstim-
mungen letzterer behandelü

6) Aüßcrhalb der ^chule haben dic Schüler die ortspdlizeilichcn
Vorsch.isten zu beobachten und stchen auch unter Aussicht der Ortspolizci.
 
Annotationen