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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1868

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No. 120
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https://doi.org/10.11588/diglit.29847#0490

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Das Piratenschiff.

(Fortsetzung.)

Mittlerweile beharrten wir fortwährend anf unserm Kurs, den
wir nicht geändert hatten, und zogen auch kein Segel weiter
auf, als knmmerten wir uns gar nicht um den Schooner.
Dieser kam inzwischen mit überraschender Geschwindigkeit unter
dem Drncke aller seiner Segel auf uns zu, von dem frischen
Winde geschaukelt und gestoßen, daß die Wellen an seinem Bug
aufschäumten und zuweilen in Sturzseen sein ganzes Verdeck
überspülten. Es blieb mir nnn kein Zweifel mehr, daß wir
einem solchen Segler mit dem besten Willen und unter all un-
sern Segeln nicht hätten entgehen können, uud da er uns mit
so vehementer Geschwindigkeit nahe kani, daß wir bereits die
Wogen an seinem schwarzen, niedern, unheiinlichen Rumpf sich
brechen sahen und alle seine Segel deutlich unterscheiden konnten,
so wollte ich keine Zeit mehr verlieren, mich zu bewaffnen, und
eilte in die Kajüte hinab um meine Pistolen zu mir zu stecken
und meine Flinte mitzunehmen. Drunten traf ich den Kapitän,
der einige Papiere ordnete und eine verftöpselte Flasche vor
fich stehen hatte, in welche er einen Brief verschlossen. „Mir
ist, als sollte mir ein Unglück begegnen,,, sagte er, „denn wenn
jene blutdürstigen Teufel fich nicht hintergehen lassen, sondern
über uns Meister werden, so muß ich's zunächst büßen, und zwar
auf die natürlichste Weise, denn jeder Verlust, den sie von uns
erleiden, wird auf meinen Befehl geschehen sein, weil ich mich nicht
unversehens überfallen lafse noch gutivillig nachgebe, wenn irgend
ein Spitzbube mir auf hoher See beizulegen befiehlt. Doch
gleichviel; wenn mich das Schicksal, zu sterben trifft, so bestellen
Sie, mein junger Freund, diese Papicre hier an ihre Adresse
oder werfen die Flasche mit dem Brief ülnw Bord wenn sie
ihn nicht mehr selbst bestellen zu können fürchteu!"

Seither batte ich noch nicht im Ernst an die Möglichkeit
gedacht, daß ich in dem bevorstehenden Handgemenge cbenfalls
getödtet werden könnte, denu ieh hatte mich bisher immer mit
der Hoffnung getragen, es werde genügen, wenn der Kapitän
seine Stückpsorten öffne und die nachgemachten Kanonen zeige,
und der Schooner werde uns dann ungeschoren lassen. Als
tch aber den Kapitän die Sache so ernst und feierlich betrachten
und mit folcher stummen Ergebung vom Sterben reden hörte,
ward mir doch bei der Sache nicht gar wohl zu Muthe, und
ich wäre überall lieber gewesen, als ain Bord des „Patrick
Hendry." Nicht etwa daß es mir an Muth fehlte, obwvhl
ich mich auch nicht für einen Helden ausgeben will, allein cs
ist doch eine eigenthümlich beengende Empsindung, wenn man l
sö fern von seinen Lieben nnter dem Schwerte von Rüubern I

fallen soll, die man in seinem Leben nicht gesehen, noch auch
nur mit einem Gedanken beleidigt hat. Was ich nun auch
fühlen mochte, — da war ich nun einmal und hatte so wenig
mehr Aussicht zum Entrinnen, als meine übrigen Gefährten.
Ich üußerte daher gegen den Kapitün, ich wolle mir erlauben,
ebenfalls einen Brief in die Flasche zn stecken und wir machten
nnter einander ab, daß falls den Einen von uns ein Unglück
träfe, der Ueberlebende den Brief bestellen oder in der Flasche
dem Meere anvertrauen sollte. Schnell fchrieb ich in einigen
Zeilen dasjenige an meine Eltern nieder, was ich unter den
obwaltenden Umständen für nöthig hielt, steckte ihn in die
Flasche des Kapitäns nnd nahm meine Waffen auf. Der Ka-
pitän ergriff mich bei der Hand: „Jch sehe", sagte er, „auch
Sie wollen sich nicht ungerächt abschlachten lasfen; das freut
mich. Wollen Sie mit mir den gefährlichen Posten auf der
Plattform theilen? Glauben Sie ja nicht, daß ich nicht ver-
traut sei mit den Gefahren einer Seeschlacht! Nein, junger
Mann, ich habe dreizehn Jahre lang mit Ehren unter den
Sternen und Streifen der Flagge der Vereinigten Staaten
gedieut, habe mancher heißen Schlacht angewohnt und manch
tapfern Sohn der Freiheit an meiner Seite fallen sehen. Aber
diese fochten für ihr Vaterland, und es war ihre Pflicht, ihr
Leben hoch anzuschlagen. Allein Sie sind mein Passagier, und
sollten unür meinem Schutze stehen, und dennoch fordere ich
Sie auf, die Gefahr mit mir zu theilen. Jch möchte gerne
Jemanden bei mir auf der Plattform haben, der mir die Dreh-
basse handhaben hälfe; wir haben nur wenige Mannschaft und
ich weiß nicht, auf welchem Platze ich Sie zweckmüßiger anstellen
könnte!" — Ein kriegerisches Feuer blitzte aus den Augen des
kühnen Mannes, als er mir dies en Vorschlag machte, den ich
ohne Bedenken annahm. „Jch danke Jhnen von Herzen, Sir",
sagte er gerührt, und drückte mir die Hand, sank dann aber
sogleich wieder in seine gewohnte, seemünnisch derbe Weise
znrück. Dies befremdete mich; er war mir an Bord seines
Schiffes stets erschienen wie ein gewöhnlieher Pankeekapitün
von einem Kauffahrer, wortkarg und plump in seinem Beneh-
men, uud an Bildung nnd Maniercn seiner Mannschaft um
nicht viel voran. Jn dem Augenblicke aber, in wvlchem er mit
mir gesprochen, hatte er unwillkürlich Sprache, Benehmen und
Ansehen eines hochgebildeten Mannes an den Tag gelegt, und
ich sah deutlich, daß ihm dieser letztere Character geläusiger
und natürlicher war, als sein sonstiger. Offenbar knüpfte sich
ein Geheimniß an seine Person, das ich mir zu ergründen vor-
nahm, sobald günstigere Umstüude hiefür eintreten sollten.

(Fortfetzung folgt.)

Görrgüeiti'iche Weiramrtmachungerr
rrnd Werfügnngen.

Das Paßwesen betr.

B e s ch l u ß.

Nr. 9104. Die Bürgermeister-
ä m t e r dcs Bezirks werdeu auf die Ver-
ordnung vom 28. September d. Js.,
(Rggsbl. S. 879) und die Vollzugsver-
ordnung dazu vom gleichen Tage (Cen-
tralverordnungsblatt Seite 71), dureh
welche das Paßwcsen sür das Großher-
zogthui-n Baden eine durchgreisende Aen-
derung erfahren, besonders aufmerksam
gemacht und namentlich auf die ihnen
vom 1. November d. Js. an zustehenden
Befuguisse der Ausstellung von
R e i s e a u s w e i s e n an Jnländer zum
Neisen im Jnlande uud vou H e imath -
s ch einen an Drt s a n gehörige
zum Diensteintritt im Jnlan-

d e hiugewiesen (Formular I. und II. der
Vollzugsverordnuug). Dabei sind aber
gleichzeitig die Vorschriften des Z 22
Ziff. 2 der Verordnung vom 28. Mai
d. Js. über die Organisation der Land-
wehrbehörden auf das Pünktlichste zujbe-
achten.

Die neuen Vorschriften über das Paß-
wesen, welche alle Reisenden ohne Un-
terschied von der Pflicht zur Führung
eines Reisepapiers befreien uud deuselben
nur zur Obliegenheit machen, auf beson-
dcres Verlaugen der Behörden über ihre
Person dnrch Vemeismiüel jeder Art ge-
nügenden Nachweis zu geben, sichern die
größte Freiheit des Neiscverkehrs, machen
aber gerade deßhalb bei der erhöhten
Schwierigkeit der Handhabung der Frem-
denpolizei dringeud nothweudig, daß die
im Jnteresse dcr öffrntlichen Ordnung
gebotenen polizcilichen Maßregeln gegen
Neisende, welche sich einer Uebertretung
der Strafgesetze, oder der zur Bekämpfung
des Bettels. der Unsiltlichkeit und der i

Landstreicherei bestehenden polizeilichen
Vorschriften schuldig machen, oder welche
in Folge ihrer Mittellosigkeit Unterstützun-
gen in Anspruch nehmen, mit Umsicht
und Strenge in Vollzug gesetzt werden
und erwarten wir, daß die Bürgermei-
sterümter in dieser Richtung ihre Pflicht
gewissenhaft erfüllen.

Schließlich mag noch erwähnt werden,
daß gegenüber von Personen, welche
ihr Gewerbe i nr Umherziehen
betreiben oder mit der Veraustaltung
öffentlicher Schau- uud Vorstellungen fich
befassen, bezüglich der nach dem Gewerbe-
gesetze vorgeschriebencu Ausweise nichts ge-
ändert ist und anch dic Vorschriftm über
die Hinterlegung der Hei-
ni a t h s p a P i e r e fremder Di enst-
boten, Arbeiter u. s. w. in Kraft
bleiben.

Schwetzingen, 8. Oktober 1868.

Großh. Bezirksamt:

Richard.

Lang.
 
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