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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Vincenti, Carl Ferdinand von: Die Jahresausstellung 1892 im Wiener Künstlerhause
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0288

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VII. Mhrggns. Geft 15

i. Mm 1892


Germi^gegeben von Friedrich Pecht

„Die Kunst für Alle" erscheint in halbmonatlichen Heften von 2 Bogen reich illustrierten Textes und 4 Bilderbeilagen in Umschlag geheftet. Bezugspreis im
Buchhandel oder durch die Post fReichspostverzeichnis Nr. 3S17. baycr. Verzeichnis Nr. 406, k. u. k. österr. Zeitnngsliste Nr. 1SSS) 3 M. Kl> Pf. für das Vierteljahr

(6 Hefte); das einzelne Heft 7ö Pf.

Die IahreDuMellunN 1892 im Wiener Münstierhause

von Larl von vincenti

^as anmutige Haus der Kunst in der Lothringerstraße
ist seit dem 1. April voll schöner Kunst, welche
die Leitung der Genossenschaft für die XXI. Jahres-
ausstellung zusammengebracht hat. Der Kaiser sprach
sich am Eröffnungstage sehr befriedigt über das reich-
lich Gebotene ans und auch die souveräne Kritik darf
dieser kaiserlichen Ansicht sein. In der That, die Aus-
stellung übertrifft ihre Vorgängerinnen der letzten Jahre
nicht allein an Glanz, sondern auch an Wert. Sie
hat einen größeren Zug, regt an, erfreut, versöhnt.
Nach den Kampfausstellungen und Ausstellungskämpfen,
deren Rückwirkung auch auf das künstlerische Wien nicht
ausbleiben konnte, thut eine gewisse Tendenz zur Aus-
gleichung, welche aus der diesmaligen Bilderschau im
Künstlerhause spricht, recht wohl. Von einem „Aus-
gleich" wollen wir noch nicht sprechen, aber die Schlag-
worte sind verpufft, die Waffen ruhen und der tollste
Verismo scheint vorläufig erschöpft das Feld zu räumen.
Wer aber leugnen wollte, daß der Kampf ein frucht-
barer gewesen, wäre mit Blindheit geschlagen: manches
Goldkörnlein blinkt uns aus dem Niederschlage entgegen.
Es ist gewiß erfreulich, daß auch die bildende Kunst
dem Menschen wieder näher getreten ist, denn auch für
sie bleibt der Mensch der wertvollste Vorwurf. Was
inan in der Zeit der ängstlichen „Kunstdisziplinen"
die große Kunst genannt hat, braucht heute weder
Historie zu sein noch mit dem Anspruch einer solchen
aufzutreten, um zu erbauen, zu erheben. Ich glaube
beispielsweise, daß des Spaniers Pradilla Großlein-
wanden, auf welchen die Übergabe von Granada oder
der Wahnsinn Johannas bei der Leiche ihres Gatten
Philipp mit historienhaftem Pathos erzählt wurden, im
wesentlichen keine größere Kunst zu sein brauchen, als
desselben Meisters miniaturhaftes Wallfahrtsbildchen aus dem nordspanischen Volksleben, jene „Messe bei Vigo",
welche aus dem Besitz des Kunsthändlers Honrath der Jahresausstellung überlassen wurde. Der Quadrat-
Centimeter dieser „Kleinkunst" stellt sich auf etwa 34 Gulden.

Aus Clara Walthers Zkixxeubuch

Aunst für Alle VII.

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