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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Vincenti, Carl Ferdinand von: Die Jahresausstellung 1892 im Wiener Künstlerhause
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0289

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Die Iakresausstelluiig 4392 im wiener Aünstlerhause

Die Spanier fühlen sich überhaupt seit einigen Jahren auf den Münchener und Wiener Ausstellungen
heimisch. Meist über Rom rücken sie den Italienern nach, freier, stolzer, ernster als diese, mit größerem Aus-
blick, weniger in Marktrücksichten befangen. Wir haben diesmal, außer Pradilla, Parlads, Villegas,
Gallego, Galofre y Gimenez, Garcia y Rodriguez u. andere. Bei den Bilderfreunden rennen sie
die Italiener überden Haufen, deren marktläufige Schablone fadenscheinig wird, Ettore Tito ausgenommen.
Paris ist auf unsren Jnhresausstellungen meist nur ans zweiter Hand vertreten, kaum daß unsere Landes-
kinder sich der Heimat erinnern, wenn sie mit dem Pinsel notdürftig französisch parlieren gelernt haben. Ein Glück,
wenn sie sich nicht selbst verlieren wie beispielsweise Engelhart; Goltz hat bis jetzt dies Glück gehabt. Die Engländer
dringen selten zu einer internationalen Bilderschau selbst bis Wien vor, höchstens die Aquarellisten und Schwarz-
künstler; die große John Reid-Gruppe auf der letzten Aquarellausstellung im Künstlerhause war ein Ereignis, die

jetzt vorhandenen beiden Neid sind in festen

Händen. Eine solche feste Hand, eine der
vornehmsten, ist die Münchener Pinakothek,
deren Leitung uns diesmal so dankenswert
hilfreich gewesen. Sie hat mit den Mün-
chener Meistern gewetteifert, um unsre
Ausstellung würdig zu schmücken, ja selbst
der Prinz-Regent hat uns eine der besten
Landschaften Schindlers bereitwillig zur
Verfügung gestellt. Die „Affenjury" von
Gabriel Max, F. A. von Kaulbachs
„Grablegung", Dagnan - Bouverets
„Madonna" in heiliger Mutterherrlichkeit,
Haugs „Abschied", Bredinis kleines
Muster-Aquarell („Zwei Freunde"), das
man allerdings im Saale XIV oben auf-
suchen muß, sind Werte aus dem Pinako-
thekbesitz. Warum kaust unser kaiserliches
Kunstmuseum derartige Bilder nicht? Ja,
warum! Nächst den Münchenern gehen die
Düsseldorfer und Karlsruher am liebsten
nach Wien. Die beiden Letztgenannten halten
sich diesmal so ziemlich die Wage; die
blühende Karlsruher Schule stürmt kräftig
voran, sie wächst in eine gefährliche
Nebenbuhlerschaft mit Düsseldorf hinein.
Berlin hat für uns keine zwei Dutzend
Nummern aufgetrieben, Stuttgart ist
durch Hang vortrefflich vertreten, Weimar
läßt nach in seiner Liebe für Wien
und unser nächstes „Ausland", Ungarn,
enthält sich.

Weit über 1000 Nummern haben
in achtzehn Sälen Unterkunst gefunden.
Den Kaulbachscheu Bildnissen ist der
rechtseitige Kuppelpavillon eingeräumt und für die Werke der Bildnerei der prächtige Säulenhof in eine
glyptische Halle verwandelt worden. Für die Monumentalplastik kommen diesmal die Wiener Anton
Brenek und Scherpe sowie der Prager Myslbek auf. Des Erstgenannten für das Brünner Denkmal
bestimmter Kaiser Joseph ist ein erfreulich über die Monumental - Schablone hinausragendes Kaiserstandbild
von gewaltigen Verhältnissen nnv imponierendem Ausdruck. Als Bronzeguß macht es Turbain alle
Ehre. Scherpes Grabdenkmal für Anzengruber hält in natürlicher Größe mehr als der Entwurf ver-
sprach, die Genrehaftigkeit wird es indeß doch nicht ganz los; auch das Reliefbildnis des Dichters läßt zu
wünschen übrig. In monumentalerem Geiste sind jedenfalls sowohl die Halbstatue des Grafen Thun als die
Skizze zu einer knieendeu Grabfigur des Kardinals Fürsten Schwarzenberg von Myslbek gehalten. Letztere
wird in Bronze für den Prager Veitsdom ausgeführt. Hervorragend gibt sich diesnial das Monumental-
relief. Unser Tautenhayn, Hildebrand („Leda"), der Innsbrucker Fuß, Otto König und Stefan
Schwartz erregen da Interesse, die beiden Letztgenannten mit lebensvollen Entwürfen für den Hofburg-Ausbau,

Sommermorgrn. von Hermann Lichfeld
 
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