Umwandlung in definitive Bewegungsorgane.
33
Ich will hier auf die strittige Entstehung des Extremitätenskeletts noch
nicht eingehen; soviel mag an dieser Stehe genügen, daß das Skelett eine Basis
bildet, die in der Rumpfwand liegt, den Extremitätengürtel. Bei der
vorderen Extremität des Menschen besteht dieser aus Schlüsselbein und Schulter-
blatt (Abb. 9). Die autochthonen Extremitätenmuskeln benutzen diese Basis
als Stützpunkt bei ihrer Aktion und bewegen die freie Extremität selbst mittels
in ihr liegender Skelettstäbe wie mit Hebelarmen; letztere bilden das Skelett
der freien Gliedmaße. Im Arm liegt dem Schultergürtel zunächst der Humerus.
Dorsal und ventral von ihm finden sich autochthone Armmuskeln noch ganz
so wie in den primitivsten Zuständen, M. brachialis sup. und M. brachialis inf.
(Abb. 9). Aber sie sind nicht die einzigen Extremitätenmuskeln geblieben.
Es gibt zweierlei Prozesse, welche eine große Komplikation zugunsten Tranko-
erhöhter Leistungen hervorriefen. Sie verlaufen einander entgegengesetzt, trunko-
Autochthone Armmuskeln (orange) verschieben sich längs dem Gliedmaßen-fug^hie^ e'~
gürtel und erreichen schließlich die Rumpfwand, an welcher sie ventral bis zur bungen
Bauchmittellinie gelangen (Pecto ahs major), oder dorsal zum Rücken, wo sie
durch Vermittelung der fibrösen Decke
der autochthonen Rückenmuskeln schließ-
lich zu den Dornfortsätzen Beziehungen
gewinnen (Latissimus). Dieses Wachs-
tum ist trunkopetal gerichtet (auf den
Stamm des Körpers hin). Trunkofugal
Abb. 10. Extremitätentransplantation bei der Unke (Amphibien), a) Eine knospenförmige Anlage
der vorderen Extremität ist oberhalb der normalen Knospe der hinteren Extremität frisch eingepflanzt (an
der Schwanzwurzel, oberhalb des Afters). Gesamtlänge der Larve 13 mm. b) Eine unterhalb des Auges
eingepflanzte Knospe ist zu einem Arm herangewachsen (pentapode Unke während der Metamorphose).
dagegen wachsen Abkömmlinge der ventralen Rumpfmuskulatur, die sich dem
Gliedmaßengürtel anheften und auch wieder dorsal und ventral zu diesem
liegen (hellgelb, Abb. 9). Wir nennen sie thorakale Muskeln. Auch sie
schieben sich über die autochthone dorsale Muskulatur zwischen die unmittel-
baren Abkömmlinge der Bauchfortsätze und die brachialen Muskeln (zwischen
karmin und orange). Ja, um die Komplikation voll zu machen, unter ihnen
gibt es auch solche Elemente, welche nachträglich ventralwärts verschoben
sind, obgleich sie zu den dorsalen thorakalen Muskeln gehören (man denke
sich Material vom Rhomboides, ventralwärts umgeklappt nach Art des ge-
bogenen Pfeiles in Abb. 9). Ventral von der Wirbelsäule (subvertebral) nisten
sich in den einzelnen Körperregionen Muskeln verschiedenster Herkunft ein,
z. B. in der Bauchregion Abspaltungen der ventralen Muskeln (Quadratus,
siehe Erklärung zu Abb. 9) und Extremitätenmuskeln (Psoas).
Bei den Extremitätenmuskeln ist die embryonale Transplantation besonders
geeignet von den Verschiebungen des Materiales Zeugnis zu geben. Verpflanzt
man die Anlage von Vorderbeinen einer Amphibienlarve auf andere Körperstellen,
ehe Muskeln sich differenziert haben (Abb. 10), so entstehen aus dem Transplantat
Gliedmaßen mit ausschließlich brachialen Muskeln. Sie wachsen trunkopetal in
die neue Umgebung der Gliedmaße hinein. An der Entnahmestelle dagegen ent-
wickeln sich ausschließlich trunkofugale Muskeln, da deren Matrix, die ventrale
Braus, Lehrbuch der Anatomie. I. 3
33
Ich will hier auf die strittige Entstehung des Extremitätenskeletts noch
nicht eingehen; soviel mag an dieser Stehe genügen, daß das Skelett eine Basis
bildet, die in der Rumpfwand liegt, den Extremitätengürtel. Bei der
vorderen Extremität des Menschen besteht dieser aus Schlüsselbein und Schulter-
blatt (Abb. 9). Die autochthonen Extremitätenmuskeln benutzen diese Basis
als Stützpunkt bei ihrer Aktion und bewegen die freie Extremität selbst mittels
in ihr liegender Skelettstäbe wie mit Hebelarmen; letztere bilden das Skelett
der freien Gliedmaße. Im Arm liegt dem Schultergürtel zunächst der Humerus.
Dorsal und ventral von ihm finden sich autochthone Armmuskeln noch ganz
so wie in den primitivsten Zuständen, M. brachialis sup. und M. brachialis inf.
(Abb. 9). Aber sie sind nicht die einzigen Extremitätenmuskeln geblieben.
Es gibt zweierlei Prozesse, welche eine große Komplikation zugunsten Tranko-
erhöhter Leistungen hervorriefen. Sie verlaufen einander entgegengesetzt, trunko-
Autochthone Armmuskeln (orange) verschieben sich längs dem Gliedmaßen-fug^hie^ e'~
gürtel und erreichen schließlich die Rumpfwand, an welcher sie ventral bis zur bungen
Bauchmittellinie gelangen (Pecto ahs major), oder dorsal zum Rücken, wo sie
durch Vermittelung der fibrösen Decke
der autochthonen Rückenmuskeln schließ-
lich zu den Dornfortsätzen Beziehungen
gewinnen (Latissimus). Dieses Wachs-
tum ist trunkopetal gerichtet (auf den
Stamm des Körpers hin). Trunkofugal
Abb. 10. Extremitätentransplantation bei der Unke (Amphibien), a) Eine knospenförmige Anlage
der vorderen Extremität ist oberhalb der normalen Knospe der hinteren Extremität frisch eingepflanzt (an
der Schwanzwurzel, oberhalb des Afters). Gesamtlänge der Larve 13 mm. b) Eine unterhalb des Auges
eingepflanzte Knospe ist zu einem Arm herangewachsen (pentapode Unke während der Metamorphose).
dagegen wachsen Abkömmlinge der ventralen Rumpfmuskulatur, die sich dem
Gliedmaßengürtel anheften und auch wieder dorsal und ventral zu diesem
liegen (hellgelb, Abb. 9). Wir nennen sie thorakale Muskeln. Auch sie
schieben sich über die autochthone dorsale Muskulatur zwischen die unmittel-
baren Abkömmlinge der Bauchfortsätze und die brachialen Muskeln (zwischen
karmin und orange). Ja, um die Komplikation voll zu machen, unter ihnen
gibt es auch solche Elemente, welche nachträglich ventralwärts verschoben
sind, obgleich sie zu den dorsalen thorakalen Muskeln gehören (man denke
sich Material vom Rhomboides, ventralwärts umgeklappt nach Art des ge-
bogenen Pfeiles in Abb. 9). Ventral von der Wirbelsäule (subvertebral) nisten
sich in den einzelnen Körperregionen Muskeln verschiedenster Herkunft ein,
z. B. in der Bauchregion Abspaltungen der ventralen Muskeln (Quadratus,
siehe Erklärung zu Abb. 9) und Extremitätenmuskeln (Psoas).
Bei den Extremitätenmuskeln ist die embryonale Transplantation besonders
geeignet von den Verschiebungen des Materiales Zeugnis zu geben. Verpflanzt
man die Anlage von Vorderbeinen einer Amphibienlarve auf andere Körperstellen,
ehe Muskeln sich differenziert haben (Abb. 10), so entstehen aus dem Transplantat
Gliedmaßen mit ausschließlich brachialen Muskeln. Sie wachsen trunkopetal in
die neue Umgebung der Gliedmaße hinein. An der Entnahmestelle dagegen ent-
wickeln sich ausschließlich trunkofugale Muskeln, da deren Matrix, die ventrale
Braus, Lehrbuch der Anatomie. I. 3