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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 1): Bewegungsapparat — Berlin, Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.15149#0132

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Drehwirbel und Drehgelenke für den Kopf.

121

Speziell der Längsschenkel des Kreuzbandes ist bei Tieren so kurz, daß bei
Aufrichtung des Körpers in mittlerer Kopfhaltung Kopf und Blickrichtung schräg
nach oben gestellt wären (Abb. 80a). Es ist eine Bedingung des aufrechten Ganges
und seiner Kontrolle durch das Auge, daß der Kopf unter Nachlassen der ge-
nannten Bandapparate so weit gesenkt wird, bis der geradeaus gerichtete Blick in
der Horizontalen liegt (Abb. 80 b).

Beim Menschen ist eine Neigung des Kopfes nach vorn von der Mittel-
stellung aus bis höchstens 20° möglich; nach hinten laßt sich der Hinterkopf
bis höchstens 30° von der Mittelstellung aus überkippen. Hemmend wirken
bei der Rückbeugung die Membrana atlantoepistrophica anterior und
Membrana atlantooccipitalis anterior, welche dem vorderen Längs-
band der Körpersäule entsprechen (Abb. 74), aber wie die Membrana tectoria
zu breiten flachen Bändern umgestaltet sind. Ein mittlerer Streifen ist ge-
wöhnlich verstärkt und am wirksamsten. Es werden übrigens die Bewegungen
im Atlantookzipitalgelenk durch Verschiebungen des Atlas um den Zapfen des
Epistropheus verstärkt (und zwar durch Wackeln um eine durch diesen quer-
gelegte Horizontalachse;
diese Bewegung kann bis
zu einem Viertel der ge-
samten Sagittaldrehung
der Drehwirbel betragen).

Man kann die Kick-
bewegung, welche auf das
Kopfgelenk beschränkt
bleibt, an der steifen
Nackenhaltung erkennen
und sie so unterscheiden
von der weichen Neigung,
welche mit der ganzen

Halswirbelsäule ausge-
führt wird.

Von hinten wirken
auf den Schädel alle an
ihm befestigten Muskeln,
auch die oberflächlichen
Rückenmuskeln, welche
zur Extremität gehören
(Abb. 131). Es kommt dar-
auf an, ob die Halswirbel
durch die tiefen Muskeln
fixiert oder freigegeben werden (Abb. 52); im einen Fall sind nur die Drehwirbel,
im andern Fall ist der Hals mit beteiligt. Die kurzen Muskeln (Musculi recti und
obliqui capitis) haben keine besondere Hebelkraft, dirigieren aber die präzise Gleit-
bewegung des Schädels auf dem Atlas. Vorn wirken tiefe und oberflächliche
Muskeln des Halses, unterstützt durch die Schwerkraft des Kopfes und das Gegen-
gewicht der Nackenmuskeln, welche nur so viel Spielraum geben, als für die be-
treffende Kopfstellung gerade nötig ist.

Die Drehbewegung des Atlas um den Zapfen des Epistropheus (Abb. 72) Kopf-^
findet ihre Hemmung und Führung in den Ligg. alaria (Abb. 73). Sie ent-
springen seitlich am Schädel und heften sich unter dem Kreuzband breit an
der Spitze und an den Seitenflächen des Dens an. Sie beschränken außer-
dem im oberen Drehgelenk eine Neigung des Kopfes nach der Seite. Die Ge-
samtexkursion des Kopfes beim Kopfwenden im unteren Drehgelenk von einer
Extremstellung in die andere beträgt höchstens 60°. Das Extrem ist erreicht,
wenn das eine Flügelband um den Zahn des Epistropheus nach vorn, das andere
nach hinten bis zur völligen Spannung gewickelt ist. Dabei spannen sich auch
die seitlichen Teile der membranösen Ligamente vor und hinter dem Radgelenk.
Sie verhindern vor allem jede horizontale Drehung des Atlas gegen die Schädel-
basis, so daß die Muskelwirkung lediglich der Raddrehung um den Zahn des

Dura mater Membrana Oberer Tjttngsachenkel
(gestrichelt) tectoria des Lig. oruciatum

y

Chorda

Membrana ailantoocoipitajia

anteriur / ^ \ \V^9&

Lig. apieis ■ j \. \ M^^-^'Jjk / Dura matur

, — ',« Jt^'J tr 3M~~ Meinbr. atlantooccipit. post.

Lig. transversum atlantis —1 -*/ f rf / - \

Unterer Längsschenkel des --\— -v;»|ü iTl\ M,ml,r- atlantoeptetrophica

Lig. cruciatom \ i I - , ' *\ posterior

1 ff VS^s

Lig

Membrana atlant«>-
eplstrophica ärit.

Lig. longitud. änteriua

Lig. Bupraspinale
Lig, interspinale

Chorda Lig. longit.
(p u n ktiert) p osterius

Abb. 74. Drehgelenke. Lineares Schema der Faserrichtung ihrer
Bänder. Sagittalschnitt durch die Schadelbasis und die obersten

drei Wirbel.
 
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