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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 1): Bewegungsapparat — Berlin, Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.15149#0176

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Musculus trausversus abdominis.

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Faszie Ansatz gefunden, sein Muskelfleisch liegt sogar teilweise hinter dem
Rektus und wird von diesem bedeckt (Abb. 95,98). Unter der Wirkung der Trans-
versusfasern und der übrigen Muskeln, welche gemeinsam mit ihm die Faszie
als Vermittlerin benutzen, ist eine derbe Aponeurose entstanden: hintere Rektus-
scheicle. Diese reicht aber nur bis zu einer Stelle, welche 4—5 cm oder weniger
unterhalb des Nabels hegt; von dort aus geht die Transversusaponeurose mit
den anderen ihr angeschlossenen Fasern vor dem Rektus. (Abb. 95, 96). Auf
diese Weise endet die hintere Rektusscheide mit einem scharfen Rand: Linea
se micircularis (Douglasi, Abb. 109, 110). Es kommt allerchngs häufig vor,
daß einzelne Sehnenfasern auch weiter unterhalb hinter dem Rektus bis zur
Linea alba verlaufen oder in das Bindegewebe vor dem Bauchfell ausstrahlen; in
diesem Fall ist der Übergang ein allmählicher. Das vordere Blatt hat dagegen nie
einen so scharfen Rand, wie es bei Isolation der Transversusaponeurose scheinen
könnte. Die vordere Rektusscheide ist vielmehr von zahlreichen anderen
Fasern gebildet, welche mit den Transversussehnen verflochten sind und auch
nach oben dicht an deren Rand anschließen. Eine freie Linea semicircularis gibt
es also nur hinter dem Rektus. Dies hängt mit ihrer Entstehung zusammen.

Hinter der vorderen Bauchwand liegen Eingeweide, welche teils mit ihr Der Defekt.

. . , . . t . der Scheide

verlötet sind wie die Harnblase, teils sogar in sie hineingestülpt sind wie die unterhalb
Hoden (und wie die den Einstülpungen beim Mann entsprechenden Di verti - ^„usiasf
cula Nucki bei der Frau). Soweit cüese Eingeweide ursprünglich reichten,
waren sie ein Hindernis für die Ausbildung einer hinter dem Rektus liegen-
den Sehnenverbindung mit der Linea alba; die seitlichen Bauchmuskeln
wählten deshalb hier den Weg vor dem Rektus als die einzige für sie verfügbare
Straße. Diese Lage hat für den Transversus und die schrägen Bauchmuskeln
den Vorteil, daß eine besonders starke Wirkung auf den unteren Abschnitt der
Bauchhöhle möglich ist ; denn die Hubhöhe der Fasern ist wegen des Umweges
vor dem Rektus vorbei entsprechend größer.

Es ist im einzelnen viel darüber gestritten worden, welches Organ in der histo-
rischen Entwicklung die unmittelbare Ursache für die Lage der DouGLASschen
Linie gewesen sei. Beim erwachsenen Menschen reicht die Harnblase mit ihrer An-
lief tung an die vordere Bauchwand nicht so weit kopfwärts. Aber wohl in der Ent-
wicklung, wo die Blase und ihre Fortsetzung bis zum Nabel der vorderen Bauch-
wand angeschlossen sind (Urachus). Es wäre also möglich, daß während der Rück-
bildung der Druck dieser Organe, soweit sie mit Harn gefüllt sind oder pulsierende
Blutgefäße enthalten, auf die Innenfläche der Bauchwand groß genug ist, um die
Sehnen zu veranlassen, von dem betreffenden Niveau ab die vordere Rektusfläche
statt der hinteren zu benutzen. Noch einleuchtender ist, daß bei dem Herabwandern
der Hoden, für welche aus den unteren Teilen der Bauchwand jederseits late ral neben
dem Rektus eine Ausstülpung gebildet wird (Hodensack), die innersten Schichten
der Bauchwand am meisten betroffen werden. Sie beteiligen sich, indem sie Muskel-
fasern an den Sack abgeben (M. cremaster, siehe unten). Ursprünglich reicht die Aus-
stülpung weit an der vorderen Bauchwand hinauf, weil die Hoden nur zur Zeit der
Brunst, wenn sie am dicksten und im Bauch erhöhtem Druck ausgesetzt sind, in den
Hodensack hineintreten, in der Zwischenzeit aber in die Leibeshöhle zurückwandern.
Der Verbindungsgang (Leistenkanal) muß den Hoden in seiner vollen Größe passieren
lassen. Beim Menschen wird der Durchtritt des Hodens beim erstenmal definitiv;
der Hode passiert bereits im unreifen Zustand die Bauchwand und wächst erst zu
seiner vollen Größe heran, wenn er im Hodensack liegt. Die Weite des Leistenkanals
ist deshalb beim Menschen unbedeutend, und seine Größe steht in keiner Beziehung
mehr zur Lage der DouGLASschen Linie. Deshalb läßt sich nicht exakt bestimmen,
welche Ursache ursprünglich ausschlaggebend war. Ich halte es für wahrscheinlich,
daß vieles zusammenwirkte und daß die Bauchorgane im ganzen, soweit sie sich
vorn an der Bauchwand hinaufschoben, verantwortlich sind.

An der hinteren Bauchwand ist ebensowenig eine Aponeurose zustande ge-
kommen, da dort die Nieren der Bauchwand anliegen. Ein Teil der Muskelschicht
entwickelt sich zum Muse, quadratus; der M. transversus benutzt dagegen das
tiefe Blatt der Fascia lumbodorsalis, um am Wirbel Anheftung zu finden (siehe Er-
klärung zu Abb. 9). Das ist für die hier folgenden Ausführungen zu beachten.
 
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