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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 1): Bewegungsapparat — Berlin, Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.15149#0210

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Zwerchfell.

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Das Zwerchfell im ganzen erhebt sich nach der Brusthöhle zu mit einer Zwerchfell-

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rechten und linken Kuppel (Abb. 112). Zwischen beiden liegt eine sanfte, und Herz-
leicht nach links geneigte Vertiefung, auf welcher das Herz ruht: Herzsattel. sattel
Unter der rechten Kuppel befindet sich die Leber, unter der linken der Magen.
Die verschiedene Festigkeit der beiden Organe bedingt den verschieden hohen
Stand der Kuppeln, von denen die rechte sich um einen Interkostalraum höher
als die linke erhebt.

Herz und Magen sind (außer von den dünnen Membranen des Herzbeutels
und Bauchfelles) nur durch das Centrum tendineum voneinander getrennt (Abb. 112),
also durch die dünnste Stelle des Zwerchfells. Die nahe Nachbarschaft erklärt manche
pathologische Beziehung zwischen beiden Organen, z. B. Herzbeschwerden bei be-
ginnenden Magenerkrankungen. Der Herzbeutel ist mit der mittleren Partie des
Centrum tendineum fest verbunden (Abb. 111, punktierte Linie). Das Foramen venae
cavae liegt innerhalb des Herzbeutels. Die ganze übrige Oberfläche wird vom Brust-
fell überkleidet mit Ausnahme eines Streifens in der Medianebene, in welchem der
Hiatus aorticus und Hiatus Oesophagus liegen. Fast an die ganze Unterfläche ist
das Bauchfell angeheftet, welches sich von ihr an die Leber, den Magen und die
Milz umschlägt (das Nähere siehe Bd. II, Eingeweide, Bauchfell). Herzbeutel,
Brust- und Bauchfell sind durch eine Bindegewebsschicht mit dem Perimysium
externum der Muskulatur resp. dem Peritenonium externum des Centrum tend.
in Verbindung und können infolgedessen leicht im ganzen mit stumpfer Gewalt
abgelöst werden. Bei der Leiche ist dies allerdings oft schwierig. Die Bindegewebs-
schicht entspricht der Fascia transversalis der Bauchwand und der Fascia endo-
thoracica der Brustwand.

Die Stellung des Zwerchfells bei der Leiche ist konstant. Sie ist eine zstgn(^fdj1s,
Extremstellung, welche beim Lebenden unter normalen Verhältnissen nicht ein- bei der*
genommen wird, weil die Muskeln nicht so völlig erschlaffen oder überdehnt LeibeimUnd
werden können wie nach Ablauf der chemischen Umsetzungen während der Lebenden
Leichenstarre. Die Lungen kollabieren bei der Leiche stärker als je im Leben;
denn der Brustraum ist kleiner als im Leben infolge der erhöhten Nachgiebigkeit
des Zwerchfells und des Druckes der Gase, die sich bei der Leiche im Darm und
Magen bilden und die „postmortale Exspirationsluft" aus der Lunge aus-
treiben. Die rechte Zwerclrfellkuppel ragt durchschnittlich bis zur Höhe
des 4. Rippenknorpels, bei jugendlichen Individuen sogar bis zum 3. Rippen-
knorpel empor; bei älteren Personen ist infolge der größeren Starrheit des
Brustkorbes selten die 5. Rippe überschritten. Links ist der Stand bis
zur Höhe eines Interkostalraumes niedriger. Trotz der Erschlaffung des
Zwerchfellmuskels sind seine Fasern passiv aufs äußerste gespannt, solange
die Brustwand unverletzt ist, weil die Lungen eine stark ansaugende Wir-
kung bewahren. Denn der Brustraum ist immer noch größer als die Lungen;
dringt Luft durch die geringste künstliche Öffnung im Brustkorb oder Zwerch-
fell ein, so kollabieren die Lungen vollständig; sofort fällt das Zwerchfell
schlaff herab unter Verlust seiner typischen Form. Man benutzt den passiven
Spannungszustand des Muskels bei der Präparation an der Leiche, die na-
türlich nur von der Bauchseite her möglich ist (von der Brustseite her kann
man das Zwerchfell nur nach künstlicher Fixierung durch Härtungsmittel und
durch eine passende Unterlage präparieren, Abb. 111).

Beim Lebenden ist der Stand des Zwerchfells sehr wechselnd. Die
Wölbungen der Kuppel können sich abflachen unter Einhaltung der Stellung
des Herzbodens; es kann aber auch das ganze Zwerchfell gesenkt werden, also
samt dem Herzboden (Abb. 112, gestrichelte Linie). Die maximale Verschiebung
des Centrum tendineum kann bis zu 4 cm betragen; gewöhnlich ist die Ver-
schiebung nur gering. Die Extremstellungen gehen einher mit verschiedenen
Phasen der Atmung. Bei forcierter Einatmung wird der niedrigste Stand, bei
forcierter Ausatmung der höchste Stand des Zwerchfells erreicht. Die Bewegung
der Kuppeln ist für die mittlere Bewegung des Zwerchfells bei gewöhnlicher
 
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