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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 1): Bewegungsapparat — Berlin, Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.15149#0785

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774

Kopf.

noch zu erkennen. Da wo der Triangularis sich zwischen die Fasern des Qua-
draths einschiebt, um Anheftungen am Unterkieferrand zu gewinnen, haben
viele Fasern des Quadratus gleichfalls Posto am Knochen gefaßt (Abb. 370).
Der Knochen ist wie eine Inskriptio in den Muskel eingeschaltet : die Fasern
des Platysma entspringen an ihm und ebenfalls die Fasern des Quadratus.
Hier ist die Grenze zwischen beiden Muskeln scharf. Sonst ist sie willkürlich;
man nimmt aber auch für den einheitlichen Muskelstrom den Unterkieferrand
als Scheide zwischen Platysma und Quadratus an. Die Richtung der Fasern
bleibt unverändert. Sie steigen wie im Platysma schräg nach oben innen auf.
Man sieht bei manchen Menschen äußerlich den Muskelbauch als flachen Schräg-
wulst in der Unterlipj)e. Diese Stelle der Haut wird bei Männern mit sj)är-
lichem Haarwuchs vom Bart freigelassen.

Für die Präparation ergibt sich die Schwierigkeit, daß die Fasern nicht nur
am Eand der Lippe, sondern auch sukzessive in der Haut der ganzen Unterlippe
inserieren und deshalb beim Abziehen der Haut durchschnitten werden müssen.
Die Oberfläche des Muskels sieht deshalb am Präparat nie glatt, sondern wie zer-
hackt aus. Er bedeckt den Orbicularis oris der Unterlippe (Abb. 369) und ist durch
diesen von der Schleimhaut der Lippe getrennt.

Der Muskel zieht die Unterlippe herab. Da er die äußere Haut, nicht
die ihm fernerliegende Schleimhaut verkürzt, so wird das Lippenrot beim Herab-
ziehen der Unterlippe etwas breiter. Er begünstigt auf diese Weise das Um-
stülpen der Unterlippe (siehe Orbicularis oris, Tab. Nr. 16).

Innervation: Zweige des R. mandibularis (VII); sie treten in die Unter-
fläche des Muskels vom lateralen Rande aus und nahe dem Ursprung ein. Blut-
zufuhr: A. labialis inferior und A. submentalis (aus A. maxill. ext.), A. mentalis
(aus A. max. interna). Varietäten: Von dem Zuge, welcher ursprünglich das Ohr
mit der Unterlippe verband (Auriculolabialis inferior), existieren beim Menschen
gelegentlich noch Reste in der Gegend zwischen Ohrspeicheldrüse und Ohrmuschel:
M. parotideoauricularis. Bei Primaten ist er im allgemeinen zurückgebildet,
weil bei ihnen das Halsplatysma progressiv in die Wangengegend vorwächst (Pars
aberrans). Siehe darüber beim Risorius (S. 778). Außerdem können Züge des Pla-
tysma zur Ohrmuschel gelangen: Ohrplatysma.

CTat?snt742S Musculus mentalis. Einer der kräftigsten mimischen Muskeln, welcher
Nr. Ii), ' schmal an den Schneidezahnalveolen entspringt (Abb. 370) und fächerförmig
370,' 376,' in die Kinnhaut ausstrahlt. Der platte Muskelbauch liegt in einer sagittalen
Ebene (Abb. 369). Man legt ihn mit dem Messer bloß, indem man am medialen
Fand des Quadratus eindringt und von hier aus die Lateralfläche des Mentalis
reinigt. Geht man geradenwegs auf den Muskel ein, so verliert sich das Messer
gewöhnlich zwischen den oberen Fasern, welche senkrecht auf die Haut zu-
laufen. Die unteren Fasern steigen fast senkrecht abwärts. Beide Mentales
vereinigen und durchkreuzen sich mit zahlreichen Fasern in der Mittellinie
des Kinns (Abb. 393). Sie formen geradezu eine Muskelschlinge, welche vom
Knochen zur Haut und zurück zum Knochen läuft. In sie ist ein Bindegewebs-
und Fettpolster eingeschlossen, das auf der von der Muskelschlinge freigelassenen
Protuberantia mentalis des Unterkiefers aufliegt und den Kinnwulst bilden
hilft. Die Abgrenzung nach oben ist bei den meisten Menschen äußerlich durch
eine Stauchungsfalte zwischen Kinn- und Lippenhaut, die Kinnlippen-
furche, bestimmt.

Die beiden Mentales ziehen den Kinnwulst in die Höhe und platten ihn
gleichzeitig ab (Abb. 376). Die Unterlippe wird dabei in die Höhe geschoben
und, wenn gleichzeitig der Ringmuskel des Mundes kontrahiert ist, um diesen
wie um eine quere Gardinenstange umgeklappt. Erfaßt die Bewegung die
Unterlippe allein, so entsteht das ,,Schippchen", das namentlich Kinder im
Beginn des Weinens zu machen pflegen (,,Schnute", „Flunsch"). Der Mentalis
liefert dabei die nötige Haut, indem er sie vom Kinn her der Lippe zuführt.
 
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