Die Gartenkunst — 15.1913
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0163
DOI Heft:
Nr. 11
DOI Artikel:Fuchs, Ludwig F.: Vier alte Gartenanlagen, [2]: Schwetzingen, Schönbusch und die Hofgärten von Veitshöchheim und Würzburg
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0163
XV, 11
DIE GARTENKUNST.
155
Veitshöchheim: Großer See. Aufnahme von L. F. Fuchs, München.
und Beschreibung des Kgl. Hofgartens in Veitshöch-
heim.“ (Würzburg bei Siegfried Perschmann).
Nach Karch soll es sich um eine bis ins einzelne
gehende Darstellung des Dionysos-Kultus, wie ihn die
Neuplatoniker lehrten, handeln. Und nicht nur dieses.
Die ganze Geschichte des Mithrasgedankens, beginnend
bei den Persern, entwickelt von den Ägyptern und
übernommen und ausgebaut von den Griechen, all
dies findet seine Darstellung. Dazu kommt noch die
symbolische Wiedergabe alles dessen, was im Menschen-
leben eine Rolle spielt. Schule, Liebe,
Hochzeit, Wissenschaft usw. —■ Bei
der Mithrasgrotte, dem Sitz der Wel-
tenseele , beginnt das Leben und
endigt bei der Todespforte. Sie ist
die schönste Stelle im Garten. Auf
langer Straße wallen die Lebenden
auf sie zu. Sie öffnet dem Blick
das weite, herrliche Maintal, aber sie
ist verschlossen. Seine Blicke kann
der Lebende nach dem Jenseits rich-
ten ; aber nur dem Toten öffnet
sich die Pforte.
Es folgt die Nilbahn, der Nil
als Symbol der Auflösung. Reinigung
und Wiedergeburt. Weiterhin, einem
Märchen gleich, der große See —
die Seelenläuterung.
Diese Andeutungen müssen hier
genügen. Es zeugt von einem außer-
ordentlichen Scharfsinn Karchs, daß
er das Geheimnis des Gartens ent-
deckte und durch diese Wirrnis von
Grotten, Seen, Urnen, Plastiken den
Faden nie verloren hat. Besonders,
wenn man bedenkt, wie auch die-
sem Kunstgarten mitgespielt worden
ist. Hat man doch die Reihe an
ihrer wichtigsten Stelle unterbrochen
durch das Restaurant, man hat vier
Seen zugeschüttet und Figuren ver-
setzt oder gar zerschlagen.
Es ist durchaus nicht ausge-
schlossen, daß der Fürstbischof von
Seinsheim, der Schöpfer dieser wun-
derbaren Stätte, ein hochgebildeter,
feinsinniger Herr, selbst einem My-
sterium angehörte, das seinen Ur-
sprung auf Platon zurückführte. Er
hat deshalb Stillschweigen bewahrt
über den Sinn seines Werkes. Wohl
auch gegenüber den schaffenden
Künstlern. So kam es, daß das
Geheimnis hundert Jahre gewahrt
werden konnte. Dann hat das
schöne Naturtheater wohl auch zu
nächtlichen dionysischen Spielen
gedient.
Der Würzbürger Hofgarten hat in bezug auf
seine Entstehung, sowie seinen plastischen Schmuck viel
Gemeinsames mit dem Veitshöchheimer. Auch seine
Pläne rühren von Balthasar Neumann her, der ihn
gleichzeitig mit dem Bau des Residenzschlosses (1720
bis 1744) anlegte. Aber erst unter dem uns schon
bekannten Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim
erhielt er seine Vollendung. Er ließ eine Änderung
in der Bepflanzung durch den tüchtigen Hofgärtner
Mayer vornehmen. Hierzu wurde auch der Hofbild-
Veitshöchheim: Der Weg des Lebens. Aufnahme von L. F. Fuchs, München.
DIE GARTENKUNST.
155
Veitshöchheim: Großer See. Aufnahme von L. F. Fuchs, München.
und Beschreibung des Kgl. Hofgartens in Veitshöch-
heim.“ (Würzburg bei Siegfried Perschmann).
Nach Karch soll es sich um eine bis ins einzelne
gehende Darstellung des Dionysos-Kultus, wie ihn die
Neuplatoniker lehrten, handeln. Und nicht nur dieses.
Die ganze Geschichte des Mithrasgedankens, beginnend
bei den Persern, entwickelt von den Ägyptern und
übernommen und ausgebaut von den Griechen, all
dies findet seine Darstellung. Dazu kommt noch die
symbolische Wiedergabe alles dessen, was im Menschen-
leben eine Rolle spielt. Schule, Liebe,
Hochzeit, Wissenschaft usw. —■ Bei
der Mithrasgrotte, dem Sitz der Wel-
tenseele , beginnt das Leben und
endigt bei der Todespforte. Sie ist
die schönste Stelle im Garten. Auf
langer Straße wallen die Lebenden
auf sie zu. Sie öffnet dem Blick
das weite, herrliche Maintal, aber sie
ist verschlossen. Seine Blicke kann
der Lebende nach dem Jenseits rich-
ten ; aber nur dem Toten öffnet
sich die Pforte.
Es folgt die Nilbahn, der Nil
als Symbol der Auflösung. Reinigung
und Wiedergeburt. Weiterhin, einem
Märchen gleich, der große See —
die Seelenläuterung.
Diese Andeutungen müssen hier
genügen. Es zeugt von einem außer-
ordentlichen Scharfsinn Karchs, daß
er das Geheimnis des Gartens ent-
deckte und durch diese Wirrnis von
Grotten, Seen, Urnen, Plastiken den
Faden nie verloren hat. Besonders,
wenn man bedenkt, wie auch die-
sem Kunstgarten mitgespielt worden
ist. Hat man doch die Reihe an
ihrer wichtigsten Stelle unterbrochen
durch das Restaurant, man hat vier
Seen zugeschüttet und Figuren ver-
setzt oder gar zerschlagen.
Es ist durchaus nicht ausge-
schlossen, daß der Fürstbischof von
Seinsheim, der Schöpfer dieser wun-
derbaren Stätte, ein hochgebildeter,
feinsinniger Herr, selbst einem My-
sterium angehörte, das seinen Ur-
sprung auf Platon zurückführte. Er
hat deshalb Stillschweigen bewahrt
über den Sinn seines Werkes. Wohl
auch gegenüber den schaffenden
Künstlern. So kam es, daß das
Geheimnis hundert Jahre gewahrt
werden konnte. Dann hat das
schöne Naturtheater wohl auch zu
nächtlichen dionysischen Spielen
gedient.
Der Würzbürger Hofgarten hat in bezug auf
seine Entstehung, sowie seinen plastischen Schmuck viel
Gemeinsames mit dem Veitshöchheimer. Auch seine
Pläne rühren von Balthasar Neumann her, der ihn
gleichzeitig mit dem Bau des Residenzschlosses (1720
bis 1744) anlegte. Aber erst unter dem uns schon
bekannten Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim
erhielt er seine Vollendung. Er ließ eine Änderung
in der Bepflanzung durch den tüchtigen Hofgärtner
Mayer vornehmen. Hierzu wurde auch der Hofbild-
Veitshöchheim: Der Weg des Lebens. Aufnahme von L. F. Fuchs, München.