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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Heilbut, Emil: Ein französisches Provinzial-Museum, [1]
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Unsere Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0135

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Ein französisches Provinzial-INuseum. von ks. kselserich, — Unsere Bilder

M2

Die neue Zeitung, von lv. Lei bl.

— ist Verflogen, wenn das Bild gealtert hat, die Zeitung
einen Tag älter geworden ist! Und indem man diese
Arbeiten wiedersieht, wird man ihrer Flüchtigkeit recht
inne. Sie war in der That nur für einen Tag gut,
diese Waldlaudschaft ganz ohne Licht und auch ohne
Schatten von Alfred Smith, die hier hängt und deren
Ansehen so manieriert ist; und doch bin ich überzeugt, daß
sie im Salon ganz fesselnd gewirkt hat. Es tritt aber
ein großer Unterschied im Leben der Bilder ein, wenn
sie aus den Ausstellungen in die Ruhe der Sammlungen
übergehen; häufig verlieren sie jenen Schein des Lebens
und Wertes, den ihnen der Tumult der Ausstellungshalle
und das Geräusch der Malermeinungen, die in ihm sich
wiedergespiegelt hatten, gaben, und in großer Nichtigkeit
stehen sie dann da, wenn sie gleichsam allein gelassen sind
und für sich wirken sollen.

man immer in diesen provinzialen Anstalten
das, was, einmal Mode war: da in die
Pariser Sammlung nur das ausgenommen
wurde, was (wie es schien) von ewiger Gül-
tigkeit war, während der Staat die Bilder
von Malern, die er nur der Stimme des
Volkes folgend oder des patriotischen Gegen-
standes wegen kaufte, den der Maler nahm
und den er belohnte, indem er sein Werk
ihm abnahm, in die Ferne sandte . . . .
Alles ohne Nutzen vom Staat Erworbene
und durch vorübergehende Mode bei den
Malern in die Höhe Gehobenes, stapelte sich
so in den Provinzstädten auf. Der Anblick,
wenn er wenig erfreuliches bietet, läßt ein
eigenartiges Bild der verflossenen Kunstperiode
um so eher entstehen; sie gibt sich in großer
Schwäche, mit Kunstprodukten der Vergangen-
heit gemessen. Selbst hier, wo wenig Werke
der Vergangenheit das Maß des Mittelguten
überschreiten, gewähren die alten Werke
zweiten Ranges noch immer weit mehr
Freude, als die Werke zweiten Ranges
aus der Zeit Gue'rins, die man in der
Malersprache croüte nennt.

Und gleichfalls gräßlich wirken die ganz
neuen Ankäufe. Der Schimmer, den sie in
den Ausstellungen hatten, das Erfreuliche,
vorm. jr. Bruckman» dag sjx dort auszeichnete und das ähnlichen
Ursprungs, wie das Erfreuliche einer Zeitung,
Ein gleiches läßt sich von einem an der »voutuiuo
äs .louvsiiov« Wasser schöpfenden Modell sagen; ach,
sie hat so Helles, fast fleischfarbenes Haar und das Gesicht
ist so in gleichem Ton mit dem Haar, daß ich wetten
möchte, daß es den Malern zu seiner Zeit sehr interessant
gewesen sein wird. Und jetzt ist es ein schlechtes, manie-
riertes, kokettes Schulbild. Das Vorübergehende ist aber
dadurch für uns festgehalten und ein solches Werk, so
wenig es eigene Verdienste besitzt, dient doch, um uns
nachträglich noch zu belehren, und uns aufmerksam werden
zu lassen für die Unterschiede zwischen dem, was innerlich
und was nur äußerlich an modernen Kunstwerken uns
fesselnd erscheinen will.

Unsere KLid er

vom Herausgeber

6V»rnno Piglhein's Bilder zeichnen sich immer durch einen
Zug zur Größe und Einfachheit aus; er ist ei» gebor-
ner Historienmaler, selbst wenn er ganz alltägliche
Züge aus dem Leben bei uns greift. Denn er beobachtet
auch die Natur sehr fein und hat gewiß seinen „Weih-
nachtmorgen" gesehen, ehe er ihn malte. Der kleine
Junge, der so selig in Gesellschaft der chinesischen Hampel-
männer eingeschlafen ist, welche ihm der Weihnachtsbaum
gestern Abend beschcert, ist durchaus groß geschaut. Nicht
weniger glücklich ist der Hund der Natur abgelauscht, der
sich so geduldig als Schlafkamerad seines jungen Herrn
in die Rolle findet, zu warten, bis es diesem belieben

wird, aufzuwachen. Oder ist dieser junge Herr am Ende
gar ein Mädchen? So ganz genau ist dies nicht zu ent-
scheiden, indes würde ein solches doch selbst im Schlafe
kaum so resolut alle Viere von sich gestreckt und den
Mund so trotzig aufgeworfen haben Dagegen deutet die
eifrige Beschäftigung mit Hampelmännern allerdings auf
eine Ahnung der künftigen Bestimmung einer Jungfrau
hin! Jedenfalls hat uns der Meister hier offenbar ganz
und gar nicht absichtslos ein allerliebstes Rätsel auf-
gegeben, das voraussichtlich um so eher sehr verschieden
gelöst werden wird als die Gesichtsbilduug des kleinen
Geschöpfs allerdings auch eher für ein Feminimum spricht!
 
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