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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Vincenti, Carl Ferdinand von: Die Ausstellung im Wiener Künstlerhause
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0157

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Die Ausstellung im wiener Künstlcrhause. Don Rar! von vincenti

Allers mit seinem wundererquicklichcn Humor verscheucht
uns den Mißmut! Er schildert mit dem Stift die Helden
und Heldinnen der Theater- und Cirkuskoulissen mit jenem
unfehlbaren Blick für Komiker und Tragikomiker in
dieser Welt der Scheinherrlichkeit und des wahren Elen-
des. Nirgends berühren sich Erhabenes und Lächerliches
so nahe und diese Schwebung hat kaum ein Künstler
mit dem Stift so prächtig festgehaltcn, wie Allers. Nicht
ganz so hoch au Knnstgehalt möchte ich den indischen
Cyclus Woldemar Friedrich's stellen, dessen andert-
halb hundert Aquarell-Blätter eine der Parterre-Rotun-
den einnehmen. Ihr Kulturgehalt steht außer Zweifel,
und ihre künstlerische Anlage empfindet sich sofort heraus,
aber die Wahl der Motive scheint uns nicht allemal

Kildiris. von Wilhelm Leibl

glücklich und Vorwürfe wie Aufnahmsbedingnngen weisen
naturgemäß auf Vedute, Dekoration und Staffage hin.
Wir haben derartiges flotter von unserem L. H. Fischer,
der als Begleiter des Grafen Lanckoronski Indien be-
sucht, gesehen. Um mit den Cyclen abzuschließen, sei
noch auf die eigenartig frische, mit energischer Breite
vorgetragencn naturwahr wirkenden Thierstücke und Land-
schaften des bekannten Brüsseler Meisters de Haas mit
voller Anerkennung hiugewiesen.

Auch außerhalb dieser geschlossenen Gruppen böte
die Ausstellung eine erkleckliche Anzahl guter, ja ganz
hervorragender Bilder, aber nicht gar viel Neues da-
runter, so daß wir uns für das Uebrige beschränken
können. Hanptzicrden sind Lenbach's älteren Richard
Wagner, mehrere Achenbachs Andreas wie Oswald,
von bewährter Anziehungskraft, ein äußerst reifes
Scheveninger Strandbild von Bochmann. Tina Blau
ist mit einem Praterbild wieder fast die Alte — glück-
licherweise! Ein sehr feines Dünenmotiv von Jern-
berg, Vortreffliches von Oeder, Kröner darf nicht
übergangen werden. Gabriel M a x tritt mit einer ganzen
Reihe von Köpfen auf, welche dem Anatomen — aus
dem 1869er Jahr — alle miteinander nicht gleichwcrthig
sind; Dcfregger's „Cenzi" ist dagegen wohlthuend
einfach, Kaulbach's 11000 Mark-Fächer mit den
Mikado-Damen nach Familienmodellen hat seinen Käufer
gefunden, während der „Anatom" noch den seinigen er-
wartet; ein zweites Fächer-Prachtstück, Compagnie-Arbeit
von 18 Malern und Meistern ist ebenfalls, wie ich
glaube, noch zu haben; Mathias Schmid hat ein
ernstes Werk eingesendct, das ergreifend aus dem Alpcn-
bodcn herauswächst, Zügel's Tierstück flammt in wert-
vollem Colorit, Hugo Kauffmaun war selten besser
vertreten, Klaus Meyer's „Kartenspieler" hatte ich mir
anspruchsloser gewünscht, Hackl, Brandt, Kiesel
und die Feinmaler Löwith uud Buchbinder nicht zu
vergessen — sie Alle stehen mit Ehren für sich ein.
Unter den Einheimischen gebührt einem großgedachten
„Hans Sachs" von Canon ein erster Platz. A. B.
Goltz hat mit zwei Damenbildnissen Glück gemacht,
Alois Schönn gefällt uns heute besser, als vor einigen
Jahren, Josef Engelhardt, der Accht-Wiener, ist im
Begriff, ein Talmi-Pariser zu werden — leider! —
Für die Neuschule in Wien jedenfalls ein Verlust.
Darnaut und Zetsche kommen Beide dem Käufer
mit Bestwcrthigen entgegen, Moll's „Krautfeld" ist ein
Meisterstück, eine ganze Reihe von Damen endlich treten
mit einiger Berechtigung aus den Plan, porträtirend,
landschaftcrnd, stilllebenmalend.

Die Plastik schweigt diesmal im großen Ganzen,
das Wenige, was sie sagt, wird man gleichwohl nicht
überhören, denn es kommt von Stefan Schwartz,
Kühne und dem Holzbildner Klotz. Ein Stolz der
Ausstellung wäre schließlich der große Architektursaal, wo
drei Freiherrn von der Wiener Bauhütte, Schmidt,
Ferstel, Hansen, mit ihrem Lebenswerk zu Worte
kommen; dasselbe heißt: Neu-Wicn in Entwürfen und
Plänen, Auf- und Grundrissen. Derartiges hat leider
kein Publikum. Und wie viele Worte werden noch in
die Wüste hineingesprochen werden müssen, bis die Kunst,
überhaupt ihr wahres, richtiges Publikum haben wird:
das ganze Volk!

M r i st c r t U p e n

von Ad. Stier

Anton don Werner

Groß und schlicht und gerecht, der Maler des neuen Reiche-,
Bist du norddeutscher Kunst bester Vertreter fürwahr.

Denn den blendenden Glanz und die farbig prunke,uc Fülle,
Die das Auge besticht, beide suchest du nicht,
wenn dein Pinsel, dem Stift der strengen Klio verglelawar
Ferner Zukunft bewahrt große Momente der seit.

Arnold Köcklin

Wohl ist unser Geschlecht ein nüchtern, skeptisches, sagt man,
Doä, wenn einer nur kommt, der ihm so herrlich wie du
Sckimmcrnde Märchen erzählt und blaue, lachende Wunder
— Aller Schulweisheit zum Sohn und allen Krittlern! —
man glanbt's.
 
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