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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Ein kunstgeschichtlicher Brief von Sulpiz Boisserée
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0211

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INitgeteilt von Professor vr. ks. IN.

isz

In drr Kriau bri Wien, von T. Blau

säumt gewesen, vereinzelte anregende Künstler und Gelehrte kennen, darunter Veit, Gervinus, Kestner, Abeken.
Man fand sich vielfach zu einer gemütlichen Theestunde zusammen. Mit Boisserees wurde das Weihnachtsfest
in echt deutscher Weise gefeiert. Da Avisiertes vier Zimmer nur einen Eingang hatten, so konnten sie sich
zum Christfest keine Ueberraschungen bieten, und so bat denn Sulpiz Boisseree Frau Kaulbach, sie möchte ihn
und seine Frau zur Bescheerung ihres Kindes einladen, da seine Frau soviel auf das Fest hielt. Frau
Kaulbach ging liebenswürdig auf den Vorschlag ein und war ihm für eine Bescheerung seiner Frau, die er
gerne zu Weihnachten besonders erfreuen wollte, sehr behilflich, gab auch den besten Rat bei seinen Einkäufen.
Der kleinen Johanna wegen war die Bescheerung sehr früh angesetzt, so daß Boisserees noch eine Einladung
bei Gervinus annehmen konnten. Als Kaulbachs ihnen sagen ließen, das Christbäumchen sei schon angezündet,
ließen sie das Essen stehen, das sie noch nicht beendet, und eilten sofort hinauf, um die Freude des Kindes
nicht zu stören. Sie fanden ein kleines Lorbeerbänmchen schön geschmückt, unter dem das Krippchen angebracht
war, „das liebliche Kind war in größter Freudigkeit". Frau Boisseree wollte sich eben mit ihm einlassen,
als ihr selbst eine kindische Freude bereitet wurde, von der sie keine Ahnung hatte, denn auf einmal ging die
Flügelthür in das Nebenzimmer auf, und es strahlt ihnen ein kolossaler Lorbeerbaum mit einer Unzahl von
Lichtern entgegen, auf das schönste geziert mit vergoldeten Nüssen und Pinienäpfeln, mit Orangen und kandiertem
Zuckerwerk, mit bunten seidenen Bändern und großen seidenen Schnüren mit Feigen und Rosinen. Kaulbach
selbst hatte mit seinen Schülern an mehreren Abenden den herrlichen Baum für Boisserees geschmückt. Unter
demselben lagen Boisserees Geschenke für seine Frau und als Wahrzeichen ein Glas echtes kölnisches Wasser.
Die Überraschung war trefflich gelungen. Der Christbaum wurde später in Boisserees Arbeitszimmer hinunter-
gebracht, wo er bis zum Dreikönigstage stehen sollte.

Seit dem Christabend sahen sich die Familien häufiger als sonst. Sulpiz Boisseree schreibt hierüber
an seinen Bruder: „Sie ist eine sehr angenehme, behagliche Frau und mit ihm würde man sehr gern verkehren,
wenn man nicht gar zu oft an seine sehr schwankende Gesundheit erinnert und dadurch betrübt würde. Er
 
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