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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Brandes, Otto: Die Pariser Salons 1892, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0393

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von Dtto Brandes

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Mus Vorposten, von Leon Abry

Bedingung geschenkt, daß es für alle Zeiten dem Louvre
erhalten bleibt.

Wie Detailles Bild den Mut belebt und Begeiste-
rung für den Krieg, den „Beweger des Menschengeschickes"
einflößt, so macht Drittels schauriges Gemälde „die Er-
oberer" auf den Krieg flau. Unter einem düsteren, schweren
Himmel reitet durch eine endlose Gasse nackter Leichname,
eng aufgeschlossen, die Reihe der Eroberer: Cäsar, Ale-
xander, Hannibal, Attila, Napoleon und wie sie alle
heißen die „Führer", die Millionen zur Schlachtbank
des Krieges geführt haben, und die die Welt mit himm-
lischer Geduld als die großen Männer der Geschichte
feiert. Das Bild, welches zur Revolte gegen den Krieg
in so grausig realistischer Weise predigt, ist voller Stim-
mung und technischer Verve.

Die Medaille d'honneur ist diesesmal einem alle-
gorischen Bilde zuteil geworden, wohl mehr, weil es
eine Tradition wollte, daß Maignan diese Auszeichnung
erhielt, als des innern Wertes des prämiierten Bildes
wegen, wennschon die Komposition und die Zeichnung
zu seinem sterbenden Carpeaux, welchem die Schöpf-
ungen seines Genies erscheinen, vortreffliches bietet.
Mit ihm rang ein andrer Allegoriker, der Helllichtmaler
Martin mit seinem Bilde: „Ter Mensch zwischen dem
Laster und der Tugend", für dessen Schönheiten mir
der Sinn noch nicht aufgegangen, um die Palme.

In der Tiermalerei ist Frankreich zwar eine Reihe
sehr bedeutender Meister, aber immer noch kein Troyon
wieder erstanden. In der Blumen- und Stilllebenmalerei
leisten die Damen außerordentliches, aber für die letztere
reichen sie doch nicht an Bergeret heran, dessen Kre-

vetten uns das Wasser im Munde zusammenlaufen
machten, und dessen Hang für das Küchenpersonal uns
ein an Ribot erinnerndes, nur viel weniger schwarzes
Kücheninterieur mit den darin schäftelnden Meistern
und Lehrlingen der kulinarischen Kunst geschaffen.

Für die Bildhauerei bleibt der Salon des Champs
Elysees der akkreditierte Salon. Im Champ de Mars
zeigte sich die Jury diesesmal von einer wahrhaft be-
schränkten Auffassung für die Aufnahme der Kunst-
werke. Wer nicht zu dem naturalistischen Clan der
Rodin und Dalou gehörte, wurde abgewiesen. Unendlich
Schönes und immer Kühneres bietet uns die Skulptur-
Ausstellung des alten Salon, man spielt daselbst mit
dem ernsten Material von Marmor und Erz ganz nach
den Eingebungen einer sich überschlagenden Phantasie.
Aber verblüffend neu ist doch eigentlich nur Geromes
aus Elfenbein, Erz und Lapislazuli geformte lebens-
große Figur einer Bellona. Die wild, mit aufge-
rissenen, eingesetzten Augen, Schwert und Schild im
jähen Aufschrei zum Himmel hebende Göttin ist trotz
des kostbaren Materials doch mehr merkwürdig als schön
und wirkt in ihrer bunten Gewandung befremdend! Wir
sind an diese Art komplizierter und sehr kostbarer Darstellung
nicht mehr gewöhnt. Seine andere polychrome Gruppe
Galatea und Pygmalion ist künstlerisch ungleich bedeutender.
Die Umarmung, der Kuß sind außerordentlich beobachtet,
und das Fleisch in den beiden Figuren von seltener
Mürbigkeit. Unser deutsches Empfinden wird durch einen
schönen Teil von Mercier sympathisch berührt, den die
Stadt Lausanne erhält, mehr aber noch durch Beers
singenden jugendlichen Luther, eine der liebenswürdigsten
 
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