Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

DOI Artikel:
Brahm, Otto: Ein Pariser Kunstbrief von Stauffer, Bern
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0413

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Mitgeteilt von Dtto Brahin

327

Rom. von Max Merker

Fleiß und Anstrengung dazu gekommen, ein Stück Natur, das ihn interessiert, mit Pietät und Empfindung
wiederzugeben, so ist das schon etwas Gutes, Respektables. Nicht alle Leute werden sechs Fuß hoch, ein solches
Kunstwerk versetzt mich auch schon in Stimmung. Einem stärkeren Naturell ist die Natur, resp. das Zufällige
der Erscheinung nur das zu verarbeitende Material, wie soll ich sagen, das Alphabet, das er zur Sprache
braucht nach seinem künstlerischen Willen, zu seiner und andrer Leute Freude. Ein Kunstwerk ist unter allen
Umständen eine Sache, die Vergnügen machen, Genuß bereiten, in irgend einer Weise den Beschauer über die
Misere des Alltäglichen weg und in Stimmung versetzen soll. Was ich da sage ist nun allerdings weder etwas
Geistreiches noch etwas Neues, und trotzdem ist es nötig, dies wieder zu betonen, denn die heutigen sogenannten
Realisten oder Naturalisten und bald auch alle andern Leute scheinen das vergessen zu haben. Wozu malt
man eigentlich? Um den Leuten zu zeigen: Seht, was bin ich für ein Kerl (das kann ja meinetwegen
nebenbei auch sein, obschon man das auch ohne besondere Mätzchen merkt), oder malt man deswegen, weil
mau sich freut, daß der liebe Gott die Welt so schön gemacht hat und man das den andern Leuten auch zeigen
will, da man von der Vorsehung das Talent zur Malerei bekommen hat. — Das ist so ungefähr, wie ich mir

meine zukünftige Thätigkeit denke, resp. was ich mir als das Ideal einer Malerexistenz vorstelle. Diese Art

Künstlertum schließt jegliche Pose aus, wie man sie bei so vielen, fast allen französischen Bildern sieht. Die
Leute haben dieses Ziel nicht im Auge, sondern (wenigstens was man auf dem Salon sieht) grübeln und
spintisieren nur darauf, wie sie in die Augen fallen können, sei es nun durch ein geistreiches Motiv oder durch
das Gegenteil, möglichste Nüchternheit und Plattheit, die einen posieren auf geschickte Behandlung, die andern
wieder auf das Gegenteil. Das sind die Bedeutenden, der ganze andre Troß sind lediglich Nachahmer, die
im Gefolge irgend eines solchen Herrn sich befinden und auf die Richtigkeit ihres Prinzips schwören, Prinzip
ist nicht das richtige Wort, besser Absonderlichkeit. — Nun werden Sie denken, habe ich geschimpft genug. Es
ist wahr, wenn ich so recht losziehe über etwas, so fällt mir dabei ein, woher ich das Recht dazu nehme, ich
denke aber zu meiner Rechtfertigung, daß es meine Pflicht ist und die Bedingung, ohne welche Fortschritte nicht
denkbar sind, daß ich mir alles was ich sehe zurechtlege und verarbeite. Übrigens habe ich auch auf dem Salon
ganz ausgezeichnete Arbeiten gesehen, gute, gediegene Ware, aber nicht so viel als ich zu sehen geglaubt hatte,
einige gute Porträts, Genrebilder und Landschaften, wie die Maler heißen, weiß ich zum kleinsten Teil, weil

ich ohne Katalog herumging und ich die Leute nicht kenne. Das Bild, welches die Ehrenmedaille bekommen

hat, von Cormon, war nach meinem unmaßgeblichen Urteil herzlich schwach. Als einer der bedeutendsten fiel
mir Dagnan Bonveret ans, ein Gesinnungsgenosse Bastien-Lepages. Ihnen über Details zu berichten, da
Sie den Salon nicht gesehen, wäre nicht angebracht und würde Sie langweilen. In der Abteilung für
Skulptur war auch für die große Menge des Gebotenen eigentlich wenig Gutes. Auch in der Plastik sehr viel
 
Annotationen