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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Heilbut, Emil: Knaus und Dautier
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0038

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Knaus und vanticr

Illustration zu Dantes äivina eomsclia. von Karl Müller

AnauF und Vsutier

von L. Leilbut*)

naus wie Vautier dienen durch ihren genrebildlichcn
Gehalt zum Ruhm unsres Vaterlandes. England
besitzt Genremaler; Frankreich hat keine, die den Eindruck
von Knaus und Vautier Hervorbringen. Vielleicht müssen
wir bei Vautier und Knaus nicht an absolute Kunst-
wirknngen denken, sondern menschlicher unsre Stellung
zu ihnen nehmen; denken wir zu ihren Bildern Menschen
hinzu, welche an sie herantreten, um vor ihnen ein ver-
klärtes Abbild der Welt zu genießen, so werden wir
ihnen erst gerecht: Vautier und Knaus sind Maler, deren
Bilder erst mit Menschen zusammen ihre Wirkung thun;
Vautier allerdings macht es weit nötiger als Knaus, daß
man ihn so nehme, Knaus freiwillig, Vautier aber un-
freiwillig lassen die Kunst nicht als Selbstzweck erscheinen;
doch wenn man Vautier erfaßt hat, erfreut gerade er
als der deutscheste.

Er führt uns in die Dörfer. Da wir gestimmt
sind, in ihnen das Leben schöner als in der Stadt zu
finden, zeigt er unsre Wünsche erfüllt. An Vautier An-
teil zu nehmen, ist eine Freude. Er ist wie ein kleiner
Fra Angelico von Fiesole, dem auch die Bösewichter,
wenn denn einmal von ihnen ein Bild gemacht sein
mußte, nobilisiert gerieten. Oder er ist, wie Walther von
der Vogelweide im Fluchen war, als der nämlich einem
Feinde hatte wehthun wollen und den harmlosesten der
Flüche nur über ihn ausgoß. Ich möchte nur gesagt haben:
die Wirkung, die Vautier ausübt, hat etwas ähnliches.

*) Wir entnehmen diese interessante Charakteristik mit Ge-
nehmigung des Besitzers und des Verfassers dem Kataloge der
Sammlung Eduard L. Behrens in Hamburg, auf den wir in
diesen Blättern des öfteren zurückgekommen sind.

Das „Ländliche Begräbnis" hatte ich oft betrachtet.
Ich vermochte, da ich von französischen Landschaften kam,
nicht den richtigen Standpunkt zu gewinnen. Da sah ich
es einmal an seiner Stelle zur Mittagszeit. Tie ruhigen,
sittsamen Menschen in ihrem milden Farbenton im blonden
Goldrahmen im ruhigen Zimmer mit Oberlicht, während
nebenan die Thür zu einem Zimmer halboffen stand und
hier durch Seitenfenster — welche man nicht sah — die
Sonne in Flecken aus den roten Teppich fiel. In diesem
Sonnenscheine ruhte das Zimmer aus; berührt von diesem
Sonnenscheine, als Zeugen nur das leise Ticken einer
Uhr in diesem Gemache, versetzte ich mich in die Seele
eines Freundes des Bildes — und begriff des Bildes
Zauber. Die Ruhe von Vautiers Bildern spricht an, die
innere Sauberkeit und Reinheit seiner Charaktere; und
von der aquarellreinen Farbe ist zu sagen: sie vermehre
noch den Eindruck, ihre Nichterfüllung des Wunsches
nach Plasticität bringe die Menschen des Bildes, anstatt
zur Unglaubwürdigkeit, in Einklang mit den Formen, in
welchen Vautier sie zeichnete.

Es gibt eine Photographie des Malers, auf der er,
auf das Allgemein-Ideale gerichtet, als ein für das
Schöne schwärmender, schöner, einfacher, junger Mann er-
scheint: zur Fortsetzung einer Vorstellung von Vautiers
Lebensgange sieht man in den Uffizien sein Bild, wo er
sich so porträtiert hat, daß man an einen heitern rheini-
schen Fabrikanten denken möchte. Vielleicht ist Etwas,
das zu behaupten erlaubt, er „verfertige" seine Bilder,
in Vautiers Bildern: er vollendet sie in einer Art, die
ihm gut scheint, doch die die gute für sie wirklich ist;
und Vautiers Gegner kann man sein und hat Stunden,
 
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