sicheren Parodien in die Welt zu setzen; Verse, rührend gemeint,
plattgewalzt durch alle Schulklassen, noch für Jahrhunderte dafür
ausreichend, da sie im heißen Feuer des Idealismus geschmiedet sind.
Infolge dieser Erscheinung bestand die Hälfte des Volks be-
ruhigt aus Schiller, solange, bis sie dadurch große persönliche Unan-
nehmlichkeiten hatte und die Denkbehaglichkeit büßen mußte. Mit
phänomenaler Fixigkeit, die wirkliche Lebendigkeit beweist, ist dann
die Umstellung erfolgt: man kann nicht genug hereinbekommen, nur
um zu sagen, es konveniert nicht.
Mag sein, was will: es ist originell bei uns, nicht nur mit Essens-
zeiten, nicht nur in Wohnungseinrich-
tungen, sondern auch in Weltan-
schauungen, die Fußball sind, hohl,
aber elastisch. Andere zielbewußte
Völker, Russen links, Franzosen
rechts, Engländer unten, sind unnach-
giebig. Das Leben hat seine festen
Formen, gegen die der einzelne
nichts unternehmen kann. Wir
schmeißen jedem noch Freiheit nach,
sie liegt herum.
Auf diesem Boden gedeiht die ori-
ginelle, die individuelle Kunst. Wie
es heißt, hat Hauptmann einen Ro-
man geschrieben, man braucht kaum
Proben zu lesen (auch nicht von Tho-
mas Manns Roman). Es sind unfehlbar
Zufallsprodukte, in einem verlorenen
Winkel unter Ausschluß des Zeitgei-
stes entstanden, mit unbekannten Re-
siduen genährt. Das Prominente scheidet aus. Ausschlaggebendes liegt
bei uns in chemischen, physikalischen, medizinischen Werken begraben,
es wird uns zugute kommen, die Form des Lebens bleibt unberührt.
Frankreich beteiligt sich mit stets gleicher Intensität an der Schaf-
fung des neuen literarischen Bestandes. Dies Land, das seine Form
liebt, tut bezwingender Weise so, als ob es sie zertrümmern wollte,
mit dem deutlichen Bewußtsein, daß diese Eventualität nicht in Betracht
kommt. Das gibt der französischen Literatur die Spannung, aber bei
der sie nie verlassenden Sicherheit, die nicht selbst errungene Hilfe
gibt, leidet die Kraft, manchmal bis zur Koketterie.
Rußland schafft Lyrik, hart und ergeben. Losgelöst von der mittel-
europäischen Stagnation, unberührt von der westeuropäischen Geistes-
194
plattgewalzt durch alle Schulklassen, noch für Jahrhunderte dafür
ausreichend, da sie im heißen Feuer des Idealismus geschmiedet sind.
Infolge dieser Erscheinung bestand die Hälfte des Volks be-
ruhigt aus Schiller, solange, bis sie dadurch große persönliche Unan-
nehmlichkeiten hatte und die Denkbehaglichkeit büßen mußte. Mit
phänomenaler Fixigkeit, die wirkliche Lebendigkeit beweist, ist dann
die Umstellung erfolgt: man kann nicht genug hereinbekommen, nur
um zu sagen, es konveniert nicht.
Mag sein, was will: es ist originell bei uns, nicht nur mit Essens-
zeiten, nicht nur in Wohnungseinrich-
tungen, sondern auch in Weltan-
schauungen, die Fußball sind, hohl,
aber elastisch. Andere zielbewußte
Völker, Russen links, Franzosen
rechts, Engländer unten, sind unnach-
giebig. Das Leben hat seine festen
Formen, gegen die der einzelne
nichts unternehmen kann. Wir
schmeißen jedem noch Freiheit nach,
sie liegt herum.
Auf diesem Boden gedeiht die ori-
ginelle, die individuelle Kunst. Wie
es heißt, hat Hauptmann einen Ro-
man geschrieben, man braucht kaum
Proben zu lesen (auch nicht von Tho-
mas Manns Roman). Es sind unfehlbar
Zufallsprodukte, in einem verlorenen
Winkel unter Ausschluß des Zeitgei-
stes entstanden, mit unbekannten Re-
siduen genährt. Das Prominente scheidet aus. Ausschlaggebendes liegt
bei uns in chemischen, physikalischen, medizinischen Werken begraben,
es wird uns zugute kommen, die Form des Lebens bleibt unberührt.
Frankreich beteiligt sich mit stets gleicher Intensität an der Schaf-
fung des neuen literarischen Bestandes. Dies Land, das seine Form
liebt, tut bezwingender Weise so, als ob es sie zertrümmern wollte,
mit dem deutlichen Bewußtsein, daß diese Eventualität nicht in Betracht
kommt. Das gibt der französischen Literatur die Spannung, aber bei
der sie nie verlassenden Sicherheit, die nicht selbst errungene Hilfe
gibt, leidet die Kraft, manchmal bis zur Koketterie.
Rußland schafft Lyrik, hart und ergeben. Losgelöst von der mittel-
europäischen Stagnation, unberührt von der westeuropäischen Geistes-
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