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Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt — 5.1925

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Achleitner, Arthur: Schwierige Abendbalz
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https://doi.org/10.11588/diglit.63706#0917

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Hans Gerson


SCHWIERIGE ABENDBALZ
Von
GEHEIMRAT ARTHUR ACHLEITNER, MÜNCHEN
Nachdruck verboten
Um die Zeit war es, märchenhaft alt, da mit vier Pferden ins Revier des
herrlichen Schwarzwaldes gefahren wurde, Kraftwagen noch unbekannt.
Ein in Donaueschingen eingelaufenes Telegramm meldete die Ankunft Kaiser
Wilhelm II. für den übernächsten Tag und drückte den Wunsch aus, noch am
Abend an einen Auerhahn zu kommen. Also Abendbalz!
Sofort traf die fürstliche Hofjagdleitung die nötigen Verfügungen, der Hahn-
abschuß am Abend sollte im Revier ,,Fichtenweiler“ (der Name ist willkürlich
gewählt) erfolgen, weil der Nähe wegen am raschesten von Donaueschingen zu
erreichen.
Der sogleich verständigte Oberförster dieses Bezirks, Miller (veränderter
Name), nahm den Befehl mit ruhiger Freude entgegen und ging ins Revier.
Sorgte wie üblich und allgewohnt für alles weitere. Kein Anlaß zu irgendwelcher
Aufregung: Hähne genug, regelrechte Balz, der Kaiser schon oft als Jagdgast
im Schwarzwald gewesen. . .
Dem nachtumfangenen Dörflein schritt Oberförster Miller zu, nur wenige
Lichtlein blinkten dem von schwerer Sorge bedrückten Beamten entgegen. Direkt
auf das Pfarrhaus zu, dessen Glocke ungewöhnlich kräftig, ja heftig gezogen
wurde.
Vom Sträßle aus konnte deutlich gesehen werden, wie der bei Lampenschein
trotz später Stunde noch arbeitende alte Pfarrer erschreckt zusammenzuckte, die
Lampe ergriff, durch die Stube schritt und alsbald die Haustür öffnete.
„Wo brennt’s?“
Oberförster Miller schoß los: ,,Übermorge kommt der Kaiser nach Fichten-
willer . . .“
,,Sooo! Freut mich! Wir werden Majestät begrüße mit Glockengeläut,
Böllerdonner und soviel Lüt’, als wir habe!“

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