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Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt — 5.1925

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Walter, Hans: Zur Kölner Jahrtausendausstellung
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Ring, Grete: Rheinischer Kunstreichtum
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https://doi.org/10.11588/diglit.63706#1264

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hervorgebracht. Wir wissen, daß man um 1400 überall, sei es in West-
falen, in Burgund oder in Böhmen, ähnlich malte und malen konnte, wie
in Köln der „Meister mit der Wickenblüte“, eben jener von den Ro-
mantikern gepriesene „Meister Wilhelm“. Aber trotz allem behält Köln
auch heute noch seine künstlerische Bedeutung für uns: Durch seinen
Reichtum verbreitete es weithin ungeheuren Glanz und zog naturgemäß
von allen Seiten die Künstler in seinen an Tradition so reichen Bann;
ein Sammelbecken für alle Strömungen bildend innerhalb der Rheinlande
und noch weit darüber hinaus. Man denke etwa in der Stauferzeit an
die mannigfachen Beziehungen nach dem Westen — Godefroi de Claire
(Heribertusschrein) — oder die ebenso für seinen Handel wie für die
Ausbreitung der Gotik wichtigen Beziehungen nach England, das damals
in der Malerei wohl unstreitig den Ton angab. — Als Durchgangsgebiet
hatte das Rheinland ja überhaupt keine lokal streng begrenzte Kunst.
Von jeher war es darauf angewiesen, von allen Seiten Einflüsse in sich
aufzunehmen, ein getreues und würdiges Abbild seines Stromes, der auch
reich genug ist, immer wieder neue und fremde Gewässer in sich zu
vereinen.
RHEINISCHER KUNSTREICHTUM
Von
GRETE RING
Die Kölner Jahrtausend-Ausstellung, von streng provinzialer Tendenz,
barg in ihrer Kunstabteilung die erste Schau nicht provinziellen
Charakters, die Deutschland seit mehr als einem Jahrzehnt zeigen konnte.
Rheinische kirchliche Kunst des Mittelalters, sonst in halbdunklen Schatz-
kammern geizend vergraben und nur durch einen Wall von Permessen
und Trinkgeldern hindurch zugänglich, wurde mit einer Liberalität aus-
gebreitet, die eine rein auf Kunstbelehrung zielende Veranstaltung nie
hervorgerufen hätte. Mit erstaunlicher Folgerichtigkeit war die Kunst-
abteilung der allgemeinen Tendenz der Ausstellung eingeordnet — zwischen
die Fürsorge für gefährdete und gefallene rheinische Jungfrauen, zwischen
Kinderbilder von Hugo Stinnes und Hauptbuchseiten des Schaaffhausen-
schen Bankvereins fügte sich die Kunstabteilung zwanglos ein — ein
Propagandamittel unter vielen. Man erwartete Eduard von Gebhardt und
fand die Wunder des Aladdinschatzes ausgebreitet: Reliquienschreine
des 12. und 13. Jahrhunderts, von jeher das kostbarste und seltenste Gut,
überschritten das Dutzend; es wimmelte von Kelchen, Kruzifixen, Mon-
stranzen, Ciborien; Grubenschmelz leuchtete von fast jedem Gerät. Dazu
das Publikum, ein der Kunstschau völlig ungewohntes — bürgerliche Ver-
eine, Schulen, scheinbar bis zu den Säuglingsheimen hinab, wurden von
kundigen Führern durch die Säle gewiesen. Der Nichts-als-Kunst-Liebende,
in der Betrachtung gestört, konnte nicht umhin, die Großzügigkeit rhei-
nisch-kirchlicher Propaganda zu bewundern, die ihre Ausstellung wirklich

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