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Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt — 5.1925

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Proust, Marcel; Petry, Walter [Übers.]: Violanthe oder das Leben der grossen Welt
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https://doi.org/10.11588/diglit.63706#0296

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Carl Hofer


VIOLANTHE
ODER DAS LEBEN DER GROSSEN WELT
Von
MARCEL PROUST
I. KAPITEL.
Meditative Kindheit Violanthes.
„Habt wenig Umgang mit den jungen Leuten und den Personen
der großen Welt . . . Wünscht nicht vor den Großen zu erscheinen.“
(Nachfolge Christi. Buch I; Kap. 8.)
Die Gräfin von Steier war hochherzig, zart und ganz erfüllt von
einer Grazie, die jeden entzückte. Der Geist des Grafen, ihres
Gatten, war außerordentlich lebhaft, die Züge seines Antlitzes von auf-
fallender Regelmäßigkeit. Der erste beste Soldat indessen wäre fein-
fühliger und weniger gewöhnlich gewesen. Sie erzogen fern der Welt,
in der ländlichen Herrschaft Steier, ihre Tochter Violanthe, die, schön
und lebhaft wie ihr Vater, mildtätig und seltsam anziehend wie ihre
Mutter, die Eigenschaften ihrer Eltern in einem vollkommen har-
monischen Verhältnis zu vereinigen schien. Aber die wechselnden
Neigungen ihres Herzens und ihrer Gedanken begegneten in ihr nicht
einem Willen, der, ohne sie zu beschränken, sie geführt und gleich-
zeitig verhindert hätte, ihrer Veranlagung reizvolles und zerbrechliches

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