mit dem Sie nicht nur sich selbst blamierten, sondern auch die Nation, in deren
Sprache Sie zu schreiben vorgeben.
Wer Ihre Erklärungen und Polemiken liest, muß erkennen, daß Sie nun-
mehr auf geistigem Gebiet selber jenem kraftmeierischen, dünkelhaft - dröh-
nenden, verächtlich-verderblichen Bochismus verfallen sind, den Sie, auf sozialem
und politischem Gebiet, in Ihren Meisterkomödien einst so sehr der Lächerlich-
keit preisgaben, wie jetzt sich selbst.
Sie, einst von begeisterter Jugend als erster Komödiendichter der
Deutschen gepriesen, stehen jetzt einsam, ungelesen, unaufgeführt. Ich
möchte, zu den Frühesten Ihrer Verehrer gehörend, als Ihr Sekundant
Ihnen zur Seite springen und diesen Vorschlag machen: Wie der dem
Dramatiker, infolge der Beziehungen zwischen Angebot und Nachfrage, so
nahestehende Beruf des Kaufmanns die gesetzliche Einrichtung des Bankrotts
kennt, so müßte auch für den geistigen Arbeiter bei Feststellung seiner geistigen
Insolvenz eine Bankrotterklärung, zumindest Geschäftsaufsicht eintreten können,
die einen Ausnahmezustand zwecks Außerbetrachtsetzung durch Publikum und
Kritik, eine Art Schonzeit zwecks geistiger Sanierung bewirkt.
...Damit nicht einst gesagt wird: Dem ersten Komödienschreiber der
Deutschen gelang es nach seinem vierzigsten Lebensjahr nur noch eine einzige
komische Figur zu schaffen: Das war Er selbst.
DER SYMBOLISMUS DES TRAUMES UND
DIE PSYCHOANALYSE
Von
DR. R. ALLENDY
Eine ganze Reihe von Autoren einer gewissen Epoche haben den Traum als
ein chaotisches, ungeordnetes Erzeugnis, ohne irgendwelchen Sinn, hin-
stellen wollen. Die psychoanalytischen Forschungen jedoch haben erwiesen,
daß der Traum eine rudimentäre Form des Denkens darstellt, die zwar dem
ihr eigentümlichen Mechanismus gemäß vorgeht, die aber, in ihrer Bedeutung
durchaus determiniert, vermittelst Interpretation in allgemeinverständliche Sprache
übertragen werden kann. Der Traumgedanke unterscheidet sich von dem ge-
wöhnlichen bewußten Gedanken durch die wesentliche Tatsache, daß er, anstatt
die geistigen Bilder auf dem Wege vernunftgemäßer Schlußfolgerung in den
Rahmen logischer Vorstellungen einzuordnen, seine Bilder einzig und allein dem
daran geknüpften Gefühl entsprechend assoziiert, ohne sich um die Begriffe des
Ich und Nicht-Ich, der Wahrscheinlichkeit, der Aufeinanderfolge, der Kausalität
zu kümmern. Im übrigen macht sich der Traumgedanke nicht von den konkreten
Bildern frei, von den unmittelbar durch die Sinne gegebenen und durch das Ge-
dächtnis fast ohne Ausarbeitung festgehaltenen Vorstellungen. Der Traum erhebt
sich nicht bis zu abstrakten Ideen: er ist nichts als ein Bild oder eine Reihe von
Bildern rein visueller Natur. Insofern ist er also eine untergeordnete geistige
Funktion. Jedoch wird dieser primitive Ausdruck inspiriert von Vorgängen
abstrakter Natur, die den Geist des Träumenden im wachen Zustande passiert
und dort ihren Eindruck zurückgelassen haben. Und in Hinsicht auf diese
Abstraktionen bekommt der Traum symbolischen Wert. Die Antike hatte diese
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Sprache Sie zu schreiben vorgeben.
Wer Ihre Erklärungen und Polemiken liest, muß erkennen, daß Sie nun-
mehr auf geistigem Gebiet selber jenem kraftmeierischen, dünkelhaft - dröh-
nenden, verächtlich-verderblichen Bochismus verfallen sind, den Sie, auf sozialem
und politischem Gebiet, in Ihren Meisterkomödien einst so sehr der Lächerlich-
keit preisgaben, wie jetzt sich selbst.
Sie, einst von begeisterter Jugend als erster Komödiendichter der
Deutschen gepriesen, stehen jetzt einsam, ungelesen, unaufgeführt. Ich
möchte, zu den Frühesten Ihrer Verehrer gehörend, als Ihr Sekundant
Ihnen zur Seite springen und diesen Vorschlag machen: Wie der dem
Dramatiker, infolge der Beziehungen zwischen Angebot und Nachfrage, so
nahestehende Beruf des Kaufmanns die gesetzliche Einrichtung des Bankrotts
kennt, so müßte auch für den geistigen Arbeiter bei Feststellung seiner geistigen
Insolvenz eine Bankrotterklärung, zumindest Geschäftsaufsicht eintreten können,
die einen Ausnahmezustand zwecks Außerbetrachtsetzung durch Publikum und
Kritik, eine Art Schonzeit zwecks geistiger Sanierung bewirkt.
...Damit nicht einst gesagt wird: Dem ersten Komödienschreiber der
Deutschen gelang es nach seinem vierzigsten Lebensjahr nur noch eine einzige
komische Figur zu schaffen: Das war Er selbst.
DER SYMBOLISMUS DES TRAUMES UND
DIE PSYCHOANALYSE
Von
DR. R. ALLENDY
Eine ganze Reihe von Autoren einer gewissen Epoche haben den Traum als
ein chaotisches, ungeordnetes Erzeugnis, ohne irgendwelchen Sinn, hin-
stellen wollen. Die psychoanalytischen Forschungen jedoch haben erwiesen,
daß der Traum eine rudimentäre Form des Denkens darstellt, die zwar dem
ihr eigentümlichen Mechanismus gemäß vorgeht, die aber, in ihrer Bedeutung
durchaus determiniert, vermittelst Interpretation in allgemeinverständliche Sprache
übertragen werden kann. Der Traumgedanke unterscheidet sich von dem ge-
wöhnlichen bewußten Gedanken durch die wesentliche Tatsache, daß er, anstatt
die geistigen Bilder auf dem Wege vernunftgemäßer Schlußfolgerung in den
Rahmen logischer Vorstellungen einzuordnen, seine Bilder einzig und allein dem
daran geknüpften Gefühl entsprechend assoziiert, ohne sich um die Begriffe des
Ich und Nicht-Ich, der Wahrscheinlichkeit, der Aufeinanderfolge, der Kausalität
zu kümmern. Im übrigen macht sich der Traumgedanke nicht von den konkreten
Bildern frei, von den unmittelbar durch die Sinne gegebenen und durch das Ge-
dächtnis fast ohne Ausarbeitung festgehaltenen Vorstellungen. Der Traum erhebt
sich nicht bis zu abstrakten Ideen: er ist nichts als ein Bild oder eine Reihe von
Bildern rein visueller Natur. Insofern ist er also eine untergeordnete geistige
Funktion. Jedoch wird dieser primitive Ausdruck inspiriert von Vorgängen
abstrakter Natur, die den Geist des Träumenden im wachen Zustande passiert
und dort ihren Eindruck zurückgelassen haben. Und in Hinsicht auf diese
Abstraktionen bekommt der Traum symbolischen Wert. Die Antike hatte diese
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