Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt
— 5.1925
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https://doi.org/10.11588/diglit.63706#0461
DOI Artikel:
Wolf, Walther: Von ägyptischer Plastik
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i
Maillol
Zeichnung
VON ÄGYPTISCHER PLASTIK
Von
WALTHER WOLF
Hält man eine ägyptische Statue aus einer beliebigen Epoche einer
griechischen aus derZeit nach dem sechsten Jahrhundert entgegen^
also etwa dem Apoxyomenos des Lysipp, so ergibt sich sofort ein grund-
legender Unterschied zwischen beiden: bei jener liegen die Hauptan-
sichtsflächen in rechten Winkeln zueinander, bei dieser können wir von
Hauptansichtsflächen eigentlich gär nicht reden, wir werden vielmehr,
ob bewußt oder unbewußt, durch die Fülle reizvoller Überschneidungen
im Kreise um die Statue herumgeführt und entdecken dabei fortwäh-
rend neue Ansichten. Da wir diesen tiefgreifenden Unterschied, wie
gesagt, bei jedem beliebig herausgegriffenen Statuenpaar wahrnehmen,
muß der ägyptischen Rundbildnerei notwendig ein Gesetz zugrunde
liegen, das von den Grundbedingungen griechischen plastischen
Schaffens durchaus verschieden ist, das aber, wie schon jetzt bemerkt
sei, nicht nur für die ägyptische Kunst Geltung hat, sondern für die
der ganzen Welt, soweit sie nicht von den Ausstrahlungen der griechi-
schen Kunst getroffen ist. Ein Besuch in einem völkerkundlichen
Museum wird bald davon überzeugen. Allerdings ist das Gesetz in
311
Maillol
Zeichnung
VON ÄGYPTISCHER PLASTIK
Von
WALTHER WOLF
Hält man eine ägyptische Statue aus einer beliebigen Epoche einer
griechischen aus derZeit nach dem sechsten Jahrhundert entgegen^
also etwa dem Apoxyomenos des Lysipp, so ergibt sich sofort ein grund-
legender Unterschied zwischen beiden: bei jener liegen die Hauptan-
sichtsflächen in rechten Winkeln zueinander, bei dieser können wir von
Hauptansichtsflächen eigentlich gär nicht reden, wir werden vielmehr,
ob bewußt oder unbewußt, durch die Fülle reizvoller Überschneidungen
im Kreise um die Statue herumgeführt und entdecken dabei fortwäh-
rend neue Ansichten. Da wir diesen tiefgreifenden Unterschied, wie
gesagt, bei jedem beliebig herausgegriffenen Statuenpaar wahrnehmen,
muß der ägyptischen Rundbildnerei notwendig ein Gesetz zugrunde
liegen, das von den Grundbedingungen griechischen plastischen
Schaffens durchaus verschieden ist, das aber, wie schon jetzt bemerkt
sei, nicht nur für die ägyptische Kunst Geltung hat, sondern für die
der ganzen Welt, soweit sie nicht von den Ausstrahlungen der griechi-
schen Kunst getroffen ist. Ein Besuch in einem völkerkundlichen
Museum wird bald davon überzeugen. Allerdings ist das Gesetz in
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