Andersen
Scherenschnitt
ANDERSEN
Vo n
EHLERT JF. G7GLS7/(9771
Vor kurzem jährte sich zum fünfzigsten Male
der Todestag des Märchendichters Hans Christian
Andersen. Geboren 1805 als Sohn eines armen
Schusters, starb er 1875 als dänischer Konferenz-
rat in Kopenhagen.
Ein merkwürdiger Mensch, der H. C. Andersen. Sein Leben mutet an
wie eins seiner Märchen. Armer Leute Kind, verträumt und verspielt
er seine Jugend in dem kleinen Nest Odense auf Fünen, abseits von der
Schar gleichaltriger Gefährten, gelegentlich von ihnen verspottet, wie das
häßliche kleine Entlein. Ein dunkler Drang, irgendeine große Sehnsucht
treibt ihn hinaus in die Welt mit der ganzen Harmlosigkeit und Naivität
seiner fünfzehn Jahre. „Berühmt werden“, aber er weiß nicht recht wie
und sozusagen als was. Nur ein Dichtergemüt konnte derart in das
Blaue des Lebens hinauswandern oder ein Abenteurer, der die Welt er-
obern will. Aber vom Abenteurer hatte Andersen so gar nichts an sich.
Er wollte auch nicht die Weit erobern. Er ging, sie zu suchen. Er folgte
seiner Sehnsucht nach
der blauen Blume der
Romantik, und er fand
sie. Er war vielleicht
der letzte, der sie fand,
der letzte wirkliche
„Dichter“, den wir er-
lebten, der „Dichter“
war bis in das Tiefste
seiner Seele, Dichter
noch ohne den leis’
ironischen Beiklang,
ohne den wir heute uns
das Wort nicht mehr
vorstellen können.
Mehr als jede Cha-
rakteristik sagt sein Le-
ben und sein Werk,
die beide bei ihm von
einer ganz seltenen
Einheit sind, und eines
seiner schönsten Mär-
chen ist vielleicht das
Märchen seines Lebens,
870