Galerie Flechtheim [Mitarb.]: Der Querschnitt (5.1925)

ZWEI GEDICHTE

VON
CHARLOTTE BALL
MÄRCHENLAND

Steh still und staune: Dies ist Märchenland! —
Die Blocken fallen groß wie Zuckerkand.
Ängstliche Hüttchen schwimmen klein im Schnee
JFz> Schiffe, fremd auf weißer Zaubersee.

Und alles weiß. — Und weißer als Holunder
Blüht auch der Traum . . . Nun kommst du, liebstes Wunder . . . /
— Doch wehe! nein!: Die böse Hexe Zeit
Hockt mitten in der weißen Ewigkeit.
*

GROSSSTADT-MORGEN
Schon frühe widerhallte in der großen
Steingrauen Stadt, wo Enge Weite traf,
Der Kampf ruf, den die Arbeit ausgestoßen
Gegen der Nächte träum besternten Schlaf.

Und alles brach oom Lager auf zum Streit
Des Tags, als Wappen führend seine Qualen;
Allein die Sonne war noch nicht bereit —
Und kam erst spät — und harn dann ohne Strahlen.

Und stand am fernsten Himmel, blaß und zart,
Kein Lächeln tragend . . . nicht einmal des Spottes . . .
Der Erde fremd und fremd der Erdenart,
So wie ein schmerzlicher Gedanke Gottes.

Mit Genehmigung des Eigenbrödler-Verlages G. m. b. H., Berlin W 8, dem Versbuch „Der Abend-
gang“ von Lotte Ball entnommen.

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