würden, erklärte er, man würde den Leseunterricht im Garten abhalten. Das
war noch schlimmer! Anstatt bei ihrem Lehrer zu bleiben, gruben die Kinder
mit ihren Spaten die Erde um. Nun tat der Vikar so, als interessierte er sich
für den Gartenbau, um ihnen auf diese Weise von Zeit zu Zeit einige Kenntnisse
beizubringen. Die jungen Herren waren sehr befriedigt, daß er Geschmack an
der Gärtnerei fand, aber sie verstanden von all diesen Dingen viel mehr als er.
Und dann, wenn der Baron auf die Jagd ging, hätte kein Mensch sie daran hin-
dern können, ihn zu begleiten, und der Baron lachte noch dazu. Zu jener Zeit
war ich selbst Gymnasiast und leider häufig „im Rückstand“. Das Abiturium
lag zwar noch in weiter Ferne, aber ich wußte doch schon, daß die Examina
Glück oder Verzweiflung für eine Familie bedeuten können: entweder kann man
im Lateinischen oder Griechischen die Hilfe der Lexika entbehren, oder man ist
Kristian Tonny Holzschnitt
verurteilt, sein ganzes Leben lang ein zweitrangiger Mensch zu bleiben. Bernard
de Lyser ist der Gedanke einer solchen Strafe niemals in den Sinn gekommen.
Geld haben oder nicht, darauf kommt es an! Niemals hat man ihm gesagt, daß
der Mensch sich seinen Lebensunterhalt verdienen müsse; und dabei waren die
Lysers nicht etwa viel reicher als wir: es scheint sogar, als hätten sie Schulden
gehabt! Und dann die Jagd! Ich kannte die Jagd nur von den geflickten Hosen
der Herren vom „Cercle du Commerce“, wenn sie des Sonntags zur Jagd gingen.
Die Lysers aber lebten mit den Hirschen!
Eines Tages erschien der Vikar nicht mehr bei seinen Schülern, er kam
überhaupt nicht mehr aufs Schloß außer am Ostersonntag, weil es Brauch war,
daß er an jenem Abend mit dem Pfarrer dort speiste. Und dabei blieb’s. Kein,
anderer hat diesen Erzieher der jungen Barone jemals ersetzt. Welches Mittel
hat man aber auch gegen die Erziehung? Doch nur den Kampf, gestützt auf
die eigene Energie. Also, nicht erzogen sein, heißt, seine Gewohnheiten kraft
der eigenen Energie verteidigt zu haben. Zeigt mir doch einen, der, weil seine
Erziehung verfehlt war, seine Ideen, seine Gewohnheiten geändert hätte. Ja, ein
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war noch schlimmer! Anstatt bei ihrem Lehrer zu bleiben, gruben die Kinder
mit ihren Spaten die Erde um. Nun tat der Vikar so, als interessierte er sich
für den Gartenbau, um ihnen auf diese Weise von Zeit zu Zeit einige Kenntnisse
beizubringen. Die jungen Herren waren sehr befriedigt, daß er Geschmack an
der Gärtnerei fand, aber sie verstanden von all diesen Dingen viel mehr als er.
Und dann, wenn der Baron auf die Jagd ging, hätte kein Mensch sie daran hin-
dern können, ihn zu begleiten, und der Baron lachte noch dazu. Zu jener Zeit
war ich selbst Gymnasiast und leider häufig „im Rückstand“. Das Abiturium
lag zwar noch in weiter Ferne, aber ich wußte doch schon, daß die Examina
Glück oder Verzweiflung für eine Familie bedeuten können: entweder kann man
im Lateinischen oder Griechischen die Hilfe der Lexika entbehren, oder man ist
Kristian Tonny Holzschnitt
verurteilt, sein ganzes Leben lang ein zweitrangiger Mensch zu bleiben. Bernard
de Lyser ist der Gedanke einer solchen Strafe niemals in den Sinn gekommen.
Geld haben oder nicht, darauf kommt es an! Niemals hat man ihm gesagt, daß
der Mensch sich seinen Lebensunterhalt verdienen müsse; und dabei waren die
Lysers nicht etwa viel reicher als wir: es scheint sogar, als hätten sie Schulden
gehabt! Und dann die Jagd! Ich kannte die Jagd nur von den geflickten Hosen
der Herren vom „Cercle du Commerce“, wenn sie des Sonntags zur Jagd gingen.
Die Lysers aber lebten mit den Hirschen!
Eines Tages erschien der Vikar nicht mehr bei seinen Schülern, er kam
überhaupt nicht mehr aufs Schloß außer am Ostersonntag, weil es Brauch war,
daß er an jenem Abend mit dem Pfarrer dort speiste. Und dabei blieb’s. Kein,
anderer hat diesen Erzieher der jungen Barone jemals ersetzt. Welches Mittel
hat man aber auch gegen die Erziehung? Doch nur den Kampf, gestützt auf
die eigene Energie. Also, nicht erzogen sein, heißt, seine Gewohnheiten kraft
der eigenen Energie verteidigt zu haben. Zeigt mir doch einen, der, weil seine
Erziehung verfehlt war, seine Ideen, seine Gewohnheiten geändert hätte. Ja, ein
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