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Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt — 5.1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.63706#1084

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Egon Friedel I. Mit Vergnügen beantworte ich Ihre mich sehr ehrende
Anfrage über meine Sommerpläne. Also zuerst will ich mit meinem Auterl,
das ich mir von den Ersparnissen meiner heurigen Wintergage gekauft habe,
eine fesche Tour durch Oberitalien machen, dann aber heißt’s stoppen, denn
ein Vertrag entführt mich nach Südamerika, wo eine große Gemeinde mit
Spannung einem Gastspiel von mir entgegensieht, und den Rest des Sommers
gedenke ich in meinem herzigen Häusel am Attersee zu verbringen, das ich
mir von dem Vorschuß auf die nächste Saison erworben habe, um fleißig in
meinem Motorboot „Butzi“ auf dem Wasser herumzustrolchen. Die Tränen
treten mir in die Augen, wenn ich bedenke, daß ich mein geliebtes Wiener
Publikum erst im FI erbst wiedersehen werde! Aber mein Leibblatt, das „Neue
Wiener Journal“, lasse ich mir überall nachschicken, und hoffe ich, daß die
Herren Doktoren auch in der kommenden Spielzeit mir ihr so wertvolles Wohl-
wollen erhalten werden. Mit Handkuß an den gnädigen Herrn Chefredakteur
Ihr alter Abonnent Egon Friedell.
*
Kammersänger Leo Slezak, Staatsoper. Ich habe den Auftrag, Sie über
meine Sommerpläne zu unterrichten. Ich tue dies in gewohnt berückender Weise.
Wohin ich im Sommer gehe? —- Ich setze mich in mein geliebtes Auto, gieße
mehrere Liter Benzin in dieses und fahre selig in die Welt hinaus. Als Be-
sitzer dieses Autos mache ich einen wohlhabenden Eindruck. — Das täuscht.
Ich bin nur ein als Krösus verkleideter Hochstapler.
Also als dieser fahre ich nach Prag, Marien-, Karls- und Franzensbad, um
dort zu singen und etwas Lorbeeren zu pflücken. Das heißt, wenn ich ehrlich
sein will, um Benzin zum Weiterfahren zu verdienen.
• Dann gehe ich nach Montecattini, ein Bad in Italien, bei Florenz, wo ich
auf Versicherung Battistinis um 75 Prozent noch schöner, schlanker und reiz-
voller werden soll. Von dort automoblliere ich heim nach Tegernsee, ziehe
mir eine kurze Hose an, entblöße meine bekannt plastischen Kniescheiben und
werde Älpler, Gebirgsbewohner, schlichter Landmann. Ich rede im Hoch-
gebirgsdialekt, rasiere mich nur einmal in der Woche und sehe mit Herzweh
einen Tag um den anderen schwinden. Im Nu ist der Herbst wieder da, und
ich muß weiter, von Ort zu Ort — die Tage zählend — bis zu den nächsten
Ferien. *
Franz Lehar. Bin selbstverständlich wieder in Bad Ischl. Arbeite un-
entwegt an „Paganini“. *
Alexander Moszkowski.
Im Riesengebirge liegt Brückenberg,
Sechs Stunden von Spree-Athen;
Es winkt mir, daß ich die Nerven stärk’
Auf reinen idyllischen Höh’n.
In Brückenberg steht ein Hotel,
Es nennt sich „Sanssouci“,
Das winkt mir gleichfalls: Komm nur schnell,
Bereit steht dein Logis.
Die Barschaft zähle ich im Nu,
Berechnend: reicht es noch?

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