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Tagesblatt der Geschichte — 1815

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No. 23 - No. 42 (Februar)
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Tagesblatt der Geschichte.



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Deueſchlan d. ti
Hamburg, vom 25. Jannar.
Wle In den Gegensätzen dle Wirtklichtelt ſchärfer her-

vortritt und durch dleſelben Freude und Leid sfühlbarer
und bedeutjamer werden : ſo wtrd auch jetzt der Genuß

der Gegenwart angenehmer und inniger durch das An-.

denken an das Ungemach und die Greuel, welche im vo-
rigen Jahre um dieſelbe Jahreszeit oen Aufenthalt in dle-
ſer Stadt wie zu den in einer Mördergrube machten oder
dle edelſten Bürger Hamburgs auſſerhalb ver Thore mit
. quälenden Sorgen uud Betömmernilſſen erfüliten. Dieſe
Tage der Angſt und Prüfung sind vorüber, das Unge-
mach iſt größtentheils wieder v-rgiſſen, der srele Vertehr
iſt wieder hergeſtellt und die Rüc.cehr ves ſo lange Ents
behrten, ungewohne Gewsidenven bietet ſeibſt durch den
Reiz der Neuheit die mannigfaltigſien Freuden dar. Da-
bei iſt die Dererkung erjreulich, daß in dieſer ernſten
Zeit ein beſſerer, eolerer Sinn bei weitem allgemeiner ſich
_ entmlckelt und tieferen Etrgottg 111 dem Herzen vieler ge-
funden hat, als zuvor in ſcheinbar giücklicheren Zeiten
. nicht grade bemerkt werden tonnte. Dieſer Sinn iſt be-
sonters der achtungswerthen Mittelklaſſe, die ſich auch
ſsonſt ſchon durch Biederkeit auegezeichnet, zu etgen ge-
worden, und wenn zur Belobung und Fortpflanzung deſ-

selben von Seiten des Staats die rechten Mittel ange-

wandt, die dazu vorhandenen Aunſtalten in gurem Zuſtande
erhalten und mit neuen zweckmäßigen und durch die Zeit
nochwendig gewordenen vermehrt werden, so ſind die ge-
machten Erfahrungen keitesweges zu theuer errauft wor-
den. ttt j

der Bürgir die Waffenübungen, die jetzt mit der größten
Thätlgkcit betrieven werden. Es iſt bekanut, wie qſchon
im Frühjahr 16813, als der kühtie Tettenborn uns zuerſt

den goldenen Morgen der Freiheit brachte, die wehrjäht-

gen Männer dtieſer Stadt mit den: Fener der Begeiſterung
zu den Waffen etiten, um udrhigenfgals die Stadr mit
vertheidigen zu können, Die Lautakeir, welche ber hie-
ſige, wieder in Kratit getreteue Senat , damahls ge-
gen diese Einrichtung bewies, wurte frellich gewiſſermaßen
gerechtfertiget durch die emtretenden ung!ücklichen Ver-
hängniſſe, die indeſſen so wenig vorauszuiehen gewejen,

als von Hamburg vericheldet waren. Was ſich ſpäter-

hin in Güſtrow ioleocr ſammelte ais hanſeatliche Bür-
gergarde, auf Mrcttlerksmp's Aufruf, war größtentheiis
ein friſcher Haufe, deſſen Kern aus den trefflichſten jun-

gen Männern beſtand, die ein wahrhaft jrommer Sinn

für eitzs große Sache urrelriget hatte. Die Geſchichte
di e ſer Bürgergarde verdiente gar ſehe eitte umſtandll-





In diesem Zeitpunkte beschäftigen den größeren Thell





Neo. 23. Mittwoch, den 1ſten Februar 1815.90

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>)

<e Erzählung, die jedoch durch zu viele Berührunen.

von Perlſöulichkeiten nicht rathſam wird. Viele ibrer
Verhältniſſe ſind indeß in gatiz Deutſchland algemetn be-
kanut, ſelbſt da, wo eine unzeitige ganz unhiſtoriſche Aengſt-
Uchkeit die Mittheilung wirklicher und unbeſtrittener Thats
sachen eine Zeitlang verhinderte. Cin Theil dieſes Corps,
die kleine Jäger- Compagnie, die ſich nach eigenen Ges
setzen gebildet und fern von der Heimath auf eigene Ko-
ſten bewasſnet hatte, nahm vom November 1613
an allen Gefechten der Hanſeaten Theil, bei Mölln, vor
Lübeck uno vor Rendsburg, und die gouze Büegergarde
focht endlich unter den Mauern der Barerſtadt. Dieses
Corps blieb übrigens während der ganzen Zeit nur ſich
ſelöſt überlassen; die ausgewanderten Väter der Stadt,

für welche es focht, nahmen von demſelven keine Kenne.

niß, bloß der thätige, alles Gute befördernde Abendroth
bewies mit dem Alifange des neuen Jahres Bereitwillig-

keit zu thätiger Hülfe. Diese Bürgergardiſten sowohl, >

als die übrigen Hanſeaten überhaupt wurden nach ihrer
Rückkehr In der Stadt von vieien Setten mit Kälte
empfangen und behandelt aufgelöſet und verabſchiedet.
Der größte Theil der Hanſeaten nahm ſeinen Abſchted

hierauf wie von den mehrſten, die aus Ihren sonstigen Ge-

ſchäften hinweg zur Vaterlandsrettung geeilt waren, nicht
atiders erwartet werden kounte. Eln kleiner Theil iſt als
Kern der Stadt- Garnlſon geblieven, dir nun aufs neue
gebildet worden iſt. w Ö
Die Errichtung der Bürgergarde, die im Geiſte un-.
serer Zelt und nach dem Beispiele des gesammten Deutſch-
lands längſt hätte geschehen sollen, wurde hiernächſt von
einem Monate zum andern verſchoben; man ſchien zu
glauben, mit den alten Bürgerwachen, die wieder auf-

gerufen waren, auskommen zu können. Nun aber hat d'en.

Bürgerbewaffnung einen raſchen Gang gewonnen und dle

Uebungen werden faſt alle Abende in der Johannitekirche

und auf großen Sälen mit dem größten Eifer betrieben.
Des Sonutags parasiren die Bürger und beziehen seit
dem Anfange diejer Woche die Wachen. Der gute Wille.
und die Zuthullchkeit des sogenannten gemeinen Veannes
iſt außerordentlich zu loben, und wir ſeyn aus dieſem treffe
lichen Sinn eine Schöpfung hervorgehen, die dem Gate
jen ven den wohlihätlzſten Folgen ſceya muß.

Die Ruſſen haben uns noch uicht ganz verlaſſen;
doch ſteht täglich zu erwarten, daß der General Graf v.
Bennlgſen mlt seluem Generalſtaabe von hier wcggehn werde.
Diether hochvecchrte F.loherr, der In den Zahreu des ho-
hen Alters noch wie mit Jugendkrafr gerüſtet ruſteht, hat
durch ſeine seltenen Tugenden, durch letzen Biedccjtan,
durch ſeine Leutseligkelt, durch die geordnete Mannszucht
unter den Truppen bel allen Bewohnern der Stadt ſich
ein unvergängliches Andenkeu geſchafsſen und uit oie.
 
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