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Tagesblatt der Geschichte — 1815

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No. 86 - No. 108 (Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44608#0373

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Deuefchland. " u-
Ueber die s ſtretch ische Anlelh e, ss wle über

bie öſtreichi schen Finanzen überhaupt, enthält di
Allgemelne Zeltung folgendes Schreiben aus Frankjurth







am Main, vom 17. April. „„Die Wiener Hofzeitung vom

Z1. März giebt ein katſerllches Patent, durch weiches et-
ne Anlelhe von 50 Milltonen in Wiener Wähtzrung, wos
von die Zinsen in Konventionsmüuze mit 25 Prozent be-

ghahlt werden, eröſnet wird. Die Einkünfte der. Salinen

von Wieliezka ſind für dle Zahlung der Zinsen verpfän.
det, uud ein Fond von 300000 Gulden Konventionsgeld
jährlicher Einnahmen aus denſelben Sallnen iſt zur Til-
gung bestimmt. Dleſses Patent setzt einer Menge von
Gerüchten, Muthmaaßungen, Hypoiyesen und Beſorguiſ-
ſen über bevorſtehende Finanzoperationen der öſtreichiſchen
Regierung auf einmal ein Ziel. Mein Urcthell iſt also
ganz aus der Sache genommen; dteſer wart ich, wle Sle
wiſſen, sonſt wenigstens nicht durchaus fremd. Ob die
in dieſem Anleihe- Patent beſtimmten Summen früh oder
ſpäter, leichter oder ſchwerer, zuſammengebracht , folglich
der unmittelbare Zweck erreicht werden wird , wage ich
nicht zu beſtimmen ,, weil mir hiezu alle Data fehlen.
Dagy aber, wenn das öſtrelchiſche Publikum nur irgend
Im Stunde iſt, den Siun einer Finanzmaaßregel zu faſ-

ſen, die gegenwärtige, als Beſtandtheil des heute ange-
nommenen Finanzſyſtems betrachtet, eine günſtige Wir-
kung hervorbringen, und insofern ihren entfernten ( viel-
leicht Ihren wichtigſten) Zweck nicht verfehlen wird, ſcheint
mir kaum zn bezweifeln. Aus dem Patent geht nemlich
klar hervor: 1. daß die Reglerung nicht mehr daran
denke, Irgend einen gewaltthätigen Schlag zur Reduktion
des Paptlergeldes, wie man so oft gedroht und gefabelt
hat, auszuſsühren, vulelmehr entſchlosſen iſt, es aufrecht zu
erhalten. Dent, wäre das Gcgenthelil der Fall, so wür-
de nichts bequemer gewesen ſeyn, als durch fortdauernde
Emissionen dem augenblicklichen Bedürfniß abzuhelfen,
und zugleich das Papier durch fortschreitende Vermlinde-
î rung ſetnes Werthes seinem Schickſal Preis zu geben;

2. daß dite Regierung, indem sie neue Mittel vorbereitet,
ihre außerordentlichen Ausgaben zu beſtrelten, dem gefahr-
vollen, für den Augentlick aber lelchteſten und einfachften
Mittel einer unbeſchränkten Vermehrung des Pppiergel-
des entſagt; 3. deß die Öſireichiſche Finanzverwaltung
~ und dis ſcheint mir der wichtlzſte Punkt — auf all-
mählige Vermmderung der. Paptercirkulation ernſtiich be-
dacht iſt. Zum erſtenmale, so viel ich mich erinnern

kann, iſt hier bei einer öſtreichiſchen Staatsanleihe von

eltiem regelmäßigen Tiuguugsfond die Rede; ein großer,
wejentlicher Schritt zur Verk.sserung verſchuldeter Finan-
zen. Der in dem Patent angeordnete Uigungsfond

ge sblatt de



r Geschichten.





den 10ten Mai 1815.

D UF T R f Mü 1m, ;

wirkt zwar, wie die Sache jetzt ſteht, unmittelbar nur
auf die allmählige Einziehung der neu zu kreirenden
Schuldverschreibungen. Man denke ſich aber, der Friede
von Europa sey nicht neuerdings wleder geſtört worden,
Öeſtréich befinde ſich nicht tn dem Fall, für neue außer-
ordentliche Ausgaben Rath ſchaſsſen zu müssen, es sey
vi.-lmehr durch den allgemeinen Frieden 1n den Stand
geſelzt, an elner gründlichen Wiederherſtellung ſelnes Fl-
nanzſyſtems zu arbeiten, was könnte die Regierung abhal-
ten, dieselbe Maaßregel, die jetzt jenes unerwartete traus
rige Bedürfniß erheiſcht, für eine unmittelbare Verbesse-
rung des Werthes ihres Papiergeldes zu benutzen? Sie
könnte in diesen Falle die nemliche Anleihe auf den nem-
lichen Fuß, und mit den nemlichen Zinsen, wle jetzt, erdfs
nen, den Ertrag derselben aber verwenden, um 50 Mll-
lionen Scheine cus dem Umlauf zu ziehen und zn ver-
nichten. Sle würde sogar, ohne übermäßige Aufopferun-
gen, Mittel finden, die Operation zu verdeppeln, und
auf demſelben Weg einer Anleihe 100 Milllonen aus
dem Umlauf ziehen. Die dadurch entſtandene neue Schuld
würde, wie die jetzt kontrahirte, in einer gewiſſen Reihe
von Jahren durch den Tilgungsfond abgetragen, und et-
ne Verminderung des cirkullrenden Papiers um 109
Milltonen würde in kurzer Zeit den Werth des üsrig-
bleibenden verhältnißmäßtg ſteigern, und den Kurs auf
200, vielleicht unter 200, herabziehen. :

* Dies, sage ich, liegt für jeden einſichtsvollen Ge-
ſchäftemann, wenn er auch von der öſterreichiſchen Fi-
nanzverwaltung welter nichts wüßte, unverkennbar im
Geiſte der gegenwärtigen Maaßregel. Die Bahn iſt nun
geöffnet; und, wenn Oeſterreich beim Etntritt des Frie-
dens auf dieſer Bahn weiter fortgeht, eln wohlberechne-
tes Tiigungsſyſtem mit Beharrlichkeit verfolgt, und dis-
ses uielleicht mit andern zweckmäßigen Anſtalten (j. B.
Errichtung einer Bank, wovon in öffentlichen Blättern
zu meiner großen Freude bereits die Rede gewesen |ſt,)
verbindet, so wird ſein Cours, sein Credit, und alles, was
damit zuſammenhängt, gar bald die Wirkungen fühlen.
Ein Punct In dem neueſten Patent, womit ich nicht Hanz
elnverſtanden bin, iſt der, wle esmir ſcheint, zu geringe Um-
fang, den man der Anleihe gegeben hat. Das Pusblitum
wird beſorgen, daß man mit 530 Millonen Papter, bet
dem jetzigen Stande deſſelben, nicht viel bewirken möchte;
ich glaube, man hätte das Doppelte ausſchreiben ſollen.
Doch dieses hängt von Umſtänden ab, dle nur au Ort
und Stelle beurtheilt werden können, Die Maaßregel
iſt uichrsdeſtoweniger an und für ſich eine der welſeſten
die in der jetzigen Lage der Dinge ergriffen werden konnte,
und, als Fingerzetg künftiger Operationen, in ihrem Zus
ſsammenhange mit einem reiflich durchdachten Finanz- und
 
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