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Tagesblatt der Geschichte — 1815

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No. 23 - No. 42 (Februar)
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Tagesblatt der Geschichte.

No. 29. Freitag, den roten Februar 1815.



PFF DÄ ;

Deutſchland. '.
îcCalſſei, vom 30. Januar. z
f Amtmann Reichard zu Vacha und Landeck hat yon
îChurfäürſtl. Reglerung den Auftrag erhalten, zum bevor-

ſtehenden Landtage die Wahl der Adgeordneren vom Bau-

ernſtande des Werra - Stroms anzuordnen und zu leiten.
Er hat dieses Geſchäft auf den 13. Februar beſtimmt, und
sämmtliche Land - Gemeinden eingeladen, durch ihre Gräf-
fen (Schultheiße) und Borſteher dabei zu erſcheinen.

Schrelben aue dein Hanndöverſchen vom 3. Februar,

Die Stadt Stade iſt beſtinmt, „einen Hauptwef-
fenplat, für das Königrelch Hannoscr zu bilven. GBet
Wiederherſtelung dieſer ehemals nicht unbedeutenden,
nach dem-. ſiebvenjährtigen Kriege aber demoirten Feſtung,
die einer beträchtlichen Arauee eine ſitarke Poſition gewähs
ren kann, werden guch üle um die Stadt liegenven An-
höhen bis zum ſchwarzen Berge 'mit in die Fertlficatton
gezogen. Die Kolten bleies Feſtuugsloues lehlagt man
aur 3 Miliionen Rthlr. an und die Ausjührung diejes
Plans dürſte mehrere Jahre erfordern. Die in Stade
aus Cngland angekommenen Vorräthe an grotein Ge-
schütz, Munitlon und Kttiegsvorräthen aller Art ſind sehr
bedeutend. tits

Erfurt, vom 26. Januar.

Das hieſige Jutelligenzblatrt enthält folgenden.

J¡„Es haben ſich 1n Ersſurt mehrere Familien das Wort
darauf gegeben, jedes unverheirathete Frauenzimmer von
Bildung ſchriftlich wie mündlich nicht mehr, wle es bis-
Her üblich gewesen, mit dem Franzöſiſchen Worte: Mar-
demoiselle (Mamſell !), sendern mit dem ſchönen, un-
ſrer edien Deutſchen Sprache zugehörigen Worte; Fr äu-

lein, anzureden. Folgende Adſtufungen soll.n dabei beo-

bachtet werden: bei den Adellchen, Fr äulein von, bei
den gebiidecen: Nicht, arellchen Fr äul ein bel geringern
Petſonen. Jun g fer, ~ bci manchen (eben nicht ehren-
vollen) Ausnahmen, M a m se ll. Bei dem verheirarheten
Thelle des weiblichen Geſchlechts wird man ſich ebenfalls
durchgängig der nmiudigen ehemaligen Benennung: Frau,
bedienen, und Rujſtand nehmen, eine rechtliche Deutſche
Frau fernerhin Madame zu benennen. So wenig der
hier ausgesprochene Vorſat einer Rechtfertigung bedart,

_ eben. so wenig wtrd mau demjelben den Vorwurf der-

Sonderbarkeit machen könuen. ‘f Ô
; Im YIiamen und Auſcrag mehreren Fanillien.
; ) Tr ommsdorſ. “

Ueber das Schulwesen im Herzogthum Berg.
. Die Bildungsaujtaiten aller Art ſind der Maaßſtab
für den ganzet! Levensſtauöpunkt eines Volkes und darum



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doppelt wichtig, weil von Ihnen auch der künftige abhängt.
Eine kurze Darſtelung dessen, was seit Deutſchlands Be-
freiuig für die Erziehung in unserm Lande geſchah, wird
daher dem Beobachter der Elgenthümilichkeit deutscher
Provinzen nicht unvillkommen sein. Doch möüſſen einge
Worte über den ſrüheren Zuſtand vorausgeſchickt werden.
Das Schulwesen hat ſich hier, wie überal, in frü-
heren Zeiten unter dem Schutze und der Pflege der Kire
che gebildet, und iſt länger untet dbemſelben geblieben, als.
in den meiſten andern deutſchen Läudern. Unſer Land iſt
ziemlich glelchförmig zwischen den dret Couteſſlonen ge-
theilt, und daher trugen auch die Schulen etuen ſeyr vero
ſchiedenartigen Charakter an ſich; eine, nicht ſelten fana-
tiſche, und eben daher unerbittlich an den Formen hän-
gende, religiöſe Strenge, war jedoch faſt in allen vorherr-
ſchend. Die katholiſchen Schulen mögen mit denen der
geiſtlichen Fürſtenthämer am Rheine ungefähr auf gleicher
Höhe geſtauden haben, und wer den Gang des katholl-
ſchen Erzi-hungsweſens in Deutcſchland kennt, wird dar-
nach ihre Vorzüge und Mängel abmesſſen können. :
Die proteſtantiſche Kirche im Herzogthum Berg
hatte, und hat zum Theil noch jetzt, elne ganz repuhbllka-
niſche Verfaſsſung, die Gemeinden beſaßen völlige Wahl-
freiheit, und die Geiſtlichkelt ſelbſt, in ſogenanute Claſſen
vereinigt und Synoden blldend, unter ſelbſtgewählten Vor- '
ſtehern, hatten das Recht der Prüfung der Candidaten ;

und die obere Leitung aller kirchlichen Angelegenheiten.

Die Schulen erhoben ſich unter 1yrer Pfiege zu einem
ehrenvollen Standpunkte. Es war, außer der lebendigen
Theilnahme der Prediger und der Gemeinden, und dem
Wetteifer, wle ihn ein republikanischer Zuſtand faſt immer

erzeugt, vorzüglich zweterlei, was den Schulen günſtig

1 ) Die Wohlhabenheit ter meiſten proteſtantlſchen Ge-
meinden, indem gerade die Fabrikgegenden unſeres Landes .
proteſtantiſch ſind; un. j

2) Der Umſtand, daß bls vor elnem Decennium,
auch in den angeſchencn Fabrikoiten, noch gar keine Lehr-
ariſtalten für die gebilderen Stände vorhanden wareti,
diteſe allo an der Erhaltung der einzigen Klaſſe öffenttit-
cher Schulen mit ihrem Vernsg.n deitrrugen. Da konn-
ten ſich dieſe Schulen zu bedeutender Höhe emporheben,

indem ſie bei etnem ſchr guten Auskonmen, oft von mehr

als 1000 Rthl. jährlich, auf die vorzüglichſten Lehrer Aue
ſpruch machen durften.

Der Lehrerſtand jelbſt aber hatte eine Stellung und

Verfassung, von denen ſich ein Ober- oder Niederſachſe

kaum einen Begriff machen kann. Die einzigen gelehrten
Schuien des Landes waren kathollſche, hatten alſo auf

die Bildung proteſtantiſcher Legter keinen Elufluz;z uw
 
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