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Tagesblatt der Geschichte — 1815

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No. 86 - No. 108 (Mai)
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dDeutſhla n.

Aus einem Aufsatze von E. M. Arndt über

die Huldigung in Aachen.

In Aarhen geſschlehr die Huldigung, wodurch eln.
ſchôner Thell des tapfern, geiſtrelchen und ächt deutſchen

V'"ltes, das an beiden Ufern des Nheins wohnt, nach
langem und traurlgem Ditenſt unter dem Joche der Frem-
Ikn ſich mit Liebe und Treue einem deutſchen Herrſcher
verlobt und vermählte. j csigs

Deeſe Verlobung und Vermäßlung geschieht in ge-
fahrvoler und getummelvollcr Z.it, ja faſt mitten unter

dem Kanonengelaute des Krirges. So werden von den

. Menichen häufig Verlodungen und Ehen getich'oſſen in

Zeiten der Gezayr, wenn ver Bräutigam dem ungewiſsen
Schlck]ſale der Seereiſen und Schlachten entgegen geht;
denn das Große im Leben erhöy t dle Herzrn, uud das
Grwaltige und Gefährliche rceijzet und prüfet die Liebe.
Die großje Bedeutung des Angenslcts, wortn wir leben,
wird in dem Gejùuhle und Giauden der Brſſeren gleich-
sam eine B treuung dieſcs Landes und Voikes. Dleſses
Land und Volk muß immer gerüſt.t ſetn inn uedlegener

deutſcher Kraſt uud Geſt uung; es muß, weil es denen

nahÿe 1iſt, die wir zu fürchten gaben, vor allen andern deut-
ſchen: Landen und Vöttern gerüſtet jeln tn hoher und ſiul-
zer Liede und ln Chre der Waffen. :

Die hehre Verbindung wird geschloſſen an elner
St |., welche die älteſten und ehrwücdtotien Ertnuerun-
gen ein's großen Volkes unmchweben. Wer kann es den
Meulſchen, die dteſes h tlige deutiche Urlaud bewohnen,
ve:denken, daß ihre Blicke und Herzen fich mit Sehruhucht
uud L'ebe nach dem Vergang nen weuden? dag ſo vlele
menichliche und wehmüthige Geſüh!6e trauren, weil, was
eint war, nicht mehr iſt, over nicht mehr ſein kaun.
Auch wenn man anders metnt und die Zelt uud ihre
\ Enrwickelungen anders -atiſitht, als viele: von ihnen, so

tiuß man treue Licbe doch ehren. Denz wer. nichts Al.

tis und Vergangenes mit Liebe trägt und behauptet, wte
kant der das Neu: uno G genwärtige tragen uiid behaup-
rei!? Arer wenn die Edeiſten uud Beſten auch tcrauren,
de) das alte Reich der Deutſchen zerfallen 1ſ ~ o, es
ift utcht erſt in den letßten 20 Jahren zerjzülen ~ so
müſsen ſie ſich doch beſinu-n über ſich und üb.r dle Zit,
ud üzer jene G. walt Goices, welche uns heit 25 Jahs

ru mir uud wivrer unſern Willen in den ungeheuertten
. WMWeerrhieln forig tragen hat. Die Welle muß zit denz

Stronure zum üWäritieer fließen, der Menſch muß wirt der
aimäg;tlgen Gewalt der Zrit sortwandeln. Aver er hat
tili?en in oteſtr Bewegung, wo. er zu diegen ſetzetnt, tu

ſeinrr elgnen Bruſt eine Kra[t, ole uuch die Weit tragit

itt der



Vo. 108. Mittwoch, den ziten



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Mai 1815.

wenn er dieses Göttliche und Unſterbliche in ſich feſthält,
ſo baut ſich Volk und Reich und Menuſlchheit aus den
Trümmern wteder auf, zu welchen der alte Zuſtand und
faſt alle alte Vechälttiſſe zusſammengeſtürzt ſiuv.

Dieses Göttliche und Unſteröliche, deutſcher Mentck,
iſt die Liebe zum deutschen Volke und die Liese zur deut-
schen Tugend, deren Name Treue, Demuth, Frelheit und

Männlichkeit heißt, Trauxe, ja wetne über deu Untergang
des alten Belchs, traure und weine, daß so viel Herrlli-

ches und Verehrllches nicht mehr iſt, ſieh mit Ehrfurcht
zurück zu den Thaten und Werken und Tugenden deiner
Väter, aber laß dich die Trauer über die gefallene Herre
lichéeit nicht verbleuden gegen das Herrliche, was auch In
deiner Zeit lebt und webt, und nicht erſchlaffen für das
Neue, dessen Herrlichkelt du mitten in den Trümmern,

wovon tu umſangen öbiſt, ſchaffen und bauen ſoillſt.

. Die Verbindung zwiſchen dem Herrſcher und dem
Voike wird geſchloſſen 1n Nöthen und Drangsalen. Wer
nur das Aerußzerliche begehrt, wer nur das JZroisſche und
Weltliche ſirht und wägt, und meint, mit irdiſchen Gü-
tern und mit dem leichtrn Genuß der Stunde ſey es ges-

hug auf Erden, der könnte jagen: es hätte auch dlet-
ben konnen, wie es vor zwe! Jahren noch war.

Wer aber an etn deutſches Volk und an eine deutsche Tu-
gend glaubt, wer mit deutſchem Ernst an eluen Gott

glaubt, der das Gute obſiegen und das Böſr erliegen

läht, der kann freuotg auch aus der tiefſten Noth gen
Himrmel dlicken und ſprechen: es wirb alles gut iv er-

_ den uu d gut enden; ja er kann den Gott, der ſtrafé

und belohnt, der baut und zerſtört zu seiner Zeit, ſichthan
uuter uns zeigen. Die letzten Jahrzehende haben dem
Verſtäudigen die Welcgeſchichte. und dem Gläubigen detr
Himmel wieder ecöfſnet. Gott mußte firafen, Gott muste
uns die Noth ſchicken, die wir bieſe legten 20 Jahre er-
litten haben und noch erletden, damit wir ihu uad unſere
vergeſſene und verntchtete Herritichkett und unſer verg-ſſe-
tis und verſänmtes Vaterland wieder erkennen lernten.
Aver ber ſftrafende Gott hat ſich in diesen Tagen auch als
der erhaltende und retteude Gott gezeigt; er hat Wun-
ber g'than orauſſ:n und drinnen, dle größten Wunder
durch die Begeiſterung, womit er die deutſchen Herzen
entflammt und dte ſchandlict ſte und verruchreſte Tyraunei,
welche ſcit Jahrhunderten gesehen worden, zerſchmetrert
hat. Dteier Gott muß unjre f-ſteſte Zuverſihc .eynz er
wird das Uedrige vollenden, er wird aus der Nisht Licht
ſchaſſen, aus der Trustal Freude, und aus der Kuecht-
ſchaſt Freizeit. Dies glauben die Guten und Tapfern,
ja dies ſehen und wiſſ.u ſi, kseitoem Gott to ſichtvaritch
u:: d cctrisgsitt: mit tauſeud Zeichen In dite Wiritgejchichte
getrcten iſte. . ; ~
Der urue Herrſcher hat ſeinen Volke, das ihn als
 
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