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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 1
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0034

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20

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.

Armaturstücke scheinen freiwillig restituiert worden zu
sein, wie z. B. der von Herrn von Miltitz geführte
Sarazenensäbel; vielmehr bedurfte es dazu mancher
förmlichen Aufforderung, auch in den Zeitungen —
z. B, von Seiten des preussischen Generalgouvernements
des Königreichs Sachsen in No. 120 des General-
Gouvernements-Blattes ’) vom 28. Mai 1815. Bei den ver-
schiedensten Behörden, Leuten und Truppenteilen musste
die damals unter dem sächsischen Oberkammerherrn Frei-
herrn von Friesen2) stehende Rüstkammer-Verwaltung nach
der Auflösung des Banners und der Landwehr ihr
Eigentum suchen, das sie natürlicherweise oft nur in
sehr defekter Beschaffenheit wiederfand —, und als sie
sich endlich im März 1817 dazu entschloss, die noch
fehlenden Waffen im Inventarium der Rüstkammer ab-
zuschreiben, traf von dem sächsischen Oberstleutnant
Stünzner3) vom Regiment «Prinz Johann-Husaren», der
Zeit bei der Okkupationsarmee in Frankreich, von dort
noch ein seiner Zeit entnommener Türkensäbel (beiläufig
bemerkt, mit falscher Scheide) ein, und lieferte ein
Ingenieur-Offizier in Dresden als letzten Rest, der noch
zu erlangen gewesen, 103 Stück oder i83/4 Pfund
messingene Ortbänder von den alten Scheiden der
Janitscharen-Seitengewehre ab. In Summa waren von
den 780 aus der Rüstkammer entnommenen Waffen nur
544 zurückgegeben worden. 236 Stück blieben aus-
ständig, und zwar waren dies die sämtlichen Hieber,
Kadettendegen und verschiedenen Säbel», 25 Türken-
säbel und 11 von den ungefasst abgegebenen Klingen;
die übrigen Verluste fielen auf die Janitscharen-Seiten-
gewehre. Aber war es verwunderlich, dass gerade die
wertvolleren Klingen auswärts ihre Liebhaber gefunden
hatten: Dr. G. Petzsch, Dresden.

Eine Florentiner Karikatur aus dem XIV. Jahr-
hundert. Im 3. Hefte des XXII. Bandes des Repertorium
für Kunstwissenschaft findet sich unter obigem Titel eine
interessante Notiz von Robert Davidsohn über eine Ka-
rikatur in Federzeichnung auf dem Pergamert-Deckblatte
eines Manuskriptes vom Jahre 1320, darstellend einen
Rltterkampf. Die Darstellung sowohl wie das Alter des
Blattes muss uns selbst als Karikatur, wie der Bericht-
erstatter angiebt, überaus wertvoll erscheinen, und wir
dürfen daher nicht mit einem Versuche säumen, ein ge-
lungenes Lichtbild von selbem zu erhalten. Die inter-
essante Notiz in ihrer kurzen Fassung giebt uns noch
kein Recht, an der Thatsache zu zweifeln, dass wir in
der Zeichnung ein Zerrbild vor uns haben, die wenigen
beschreibenden Sätze daraus liessen sich aber auch auf
eine ernst gemeinte Skizze beziehen, und vermuten,
dass der komische Eindruck auf einfacher Uebertreibung
durch die Unbeholfenheit der zeichnenden Hand beruht.
Die Länge der Lanze .(Stechstange?) giebt bei einer
italienischen Zeichnung noch keinen Anlass, an ein Zerr-
bild zu denken, ebensowenig die plump und zu weit
erscheinende eiserne (?) Rüstung (welsches Stechzeug?),
in welcher der andere Gegner steckt. Der Umstand aber,
*) Die in diesem Aufrufe enthaltene Behauptung, es wären
1814 auch Feuergewehre aus der königlichen Rüstkammer ent-
nommen worden, ist irrig.
2) Johann Georg Friedrich Freiherr von Friesen, Geheimer
Rat und Generaldirector der königlichen Sammlungen, gestorben
1824 in Dresden.
"•) August Wilhelm Stützner, gestorben 1835 als General-
major und Brigadier in Dresden.

dass das Ross des Angreifers in obscöner Art als Hengst
dargestellt ist, könnte uns gerade im Gegenteil am wenig-
sten von einer karikierenden Absicht des Zeichners über-
zeugen, einesteils weil, und besonders im Gesteche, da-
mals nur Hengste gebraucht wurden, andernteils weil
in italienischen Bilddarstellungen bis in die Renaissance
hinein eine übertriebene Darstellung der Geschlechts-
teile an Tieren nicht zu den Seltenheiten gehört.
Sicher ist, dass, wie der Berichterstatter bemerkt,
das feudale und mit ihm das aus dem Bürgertum er-
wachsene Rittertum um 1320 bereits dem Verfalle en't-
gegenging, die Elemente bestanden aber zur Zeit noch
in überwiegender Zahl aus Angehörigen italienischer Fa-
milien; etwas anderes war es mit der Knechtschaft und
besonders den Bogen- und Armrustschützen.
Gerade diese, eine karikierende Absicht noch nicht
voll beweisenden Andeutungen lassen uns gespannt den
Moment erwarten, in welchem wir die Zeichnung selbst
vor Augen haben. Der Berichterstatter aber hat in jedem
Falle für den Bericht über seinen interessanten Fund sich
ein Anrecht auf den Dank der Freunde der historischen
Waffenwissenschaft gesichert. W. Boeheim.
Kinderharnische. In allen grösseren Waffen-
sammlungen finden sich kleine, zumeist nur halbe leichte
Harnische, welchen man ihren Dimensionen nach es an-
sieht, dass sie für junge Knaben gefertigt worden sind.
Wir bezeichnen sie also mit Recht als Kinderharnische.
Daneben finden sich aber auch Feldharnische, Stech-
und Rennzeuge von so kleinen Dimensionen, dass
selbe unmöglich für einen menschlichen Körper be-
rechnet sein konnten. Sie wechseln in ihrer Grösse von
20 cm bis zu einem halben Meter und sind zumeist sehr
sorgfältig gearbeitet und reich mit Verzierungen aus-
gestattet. Diese Gattungen wurden bisher als Schau-
und Musterstücke betrachtet, welche die Plattner in ihren
Läden aufgestellt hatten, um ihre Leistungsfähigkeit zu
erweisen.
Nun ist uns aber neulich auf freundschaftlichem
Wege Bild und Beschreibung eines kleinen Bruststückes
zugekommen, das in seiner Grösse schwer in die erstere,
sicher aber nicht in die letztere Gattung zu verweisen
ist. Dasselbe befindet sich in der wertvollen Waffen-
sammlung unseres verehrten Mitgliedes, Professor Tiranti
in Pisa; es hat, aus dünnstem Eisenblech gefertigt, vom
Halse bis zum Unterrande nur eine Länge von 12.7 cm
und ein Gewicht von 59 g. Das vermutlich einstmals
vergoldete Exemplar ist mit ziemlich flüchtig aber ge-
wandt gezeichneten Blattornamenten in Aetzwerk verziert,
welche die ganze Aussenseite bedecken. Zu den Seiten
erblickt man Delphine, in der Brustmitte aber, im
italienischen Schild ein längs geteiltes Wappen. Rechts
mit Schrägebalken ähnlich jenen der Contarini, links
ein zum Grimmen geschickter Löwe nach rechts gestellt.
Der Besitzer bezeichnet uns die Herkunft des Stückes
aus Venedig, und wir halten dafür, dass diese Angabe
richtig ist. Das Wappen wird darum in Litta «Celebre
Famiglie Italiane» unschwer festzustellen sein. Der Form
nach besitzt es ein Alter um den Anfang des 16. Jahr-
hunderts. Seiner geringen Grösse nach konnte dieses
Bruststück, wenn es wirklich für einen Gebrauch be-
stimmt war, worauf doch das Wappen deutet, nur einem
Wickelkinde passen, und es entsteht die Vermutung,
dass es in Venedig in den ansehnlichen Patrizierfamilien
 
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