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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 2
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Boeheim, Wendelin: Ein Besuch der Waffensammlung im kgl. Nationalmuseum zu Florenz
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0043

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2. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

29

gestellt worden sind. Mit der Waffensammhing im
grossen und ganzen hat sich die Litteratur überhaupt
noch nicht befasst. Einzelne Stücke sind wohl, wie
die Rosinen aus einem Kuchen, von Kunstschrift-
stellern herausgehoben und nach gewissen Seiten
hin betrachtet worden, aber ihre Abhandlungen fin-
den sich in Kunstzeitschriften verstreut, die dem
grossen Publikum völlig unbekannt geblieben sind,
einem umfassenden Studium sind die Waffen in Flo-
renz überhaupt
noch nicht unter-
zogen worden,
selbst gute Licht-
bilder über selbe
sind noch nicht
vorhanden.
Und doch kann
ein einziger Gang
durch die Räume
der Sammlung
den Fachmann
von dem hohen
Werte derselben
belehren.
Schon im I.
Waffensäale am
2. Pfeiler finden
wir ein unver-
gleichlich schö-
nes Werk eines
uns bishef unbe-
kannten hervor-
ragenden Kunst-
meisters in dem
Prunkharnische,
welchen Kaiser
Karl V. dem Her-
zoge Alexander
von Medici um
1531 verehrte. Er
ist in herrlicher
Zeichnung reich
getrieben und ver-
goldet. Der Helm
besitzt die Form
eines Bärenhaup-
tes ; auf der Brust-
mitte erblickt man die Gestalt der Abundantia.
Es ist dies ohne jeden Zweifel derselbe Harnisch,
welchen der Waffenschmied Antonio Petrini in
seinem Manuscripte «Arte fabrile ovvero Armeria
Universale dove si contengono tutti le qualitä e na-
tura del ferro con varie impronte che si trovano in
diverse arme cosi antiche come moderne e vari se-
greti e tempere fatto da me Antonio Petrini» 1642 *)
beschreibt. Wir bringen hier den Wortlaut darüber
in deutscher Uebersetzung:
*) Bibliothek Magliabecchiana (CI. XIX. 16). Veröffentlicht
in E. Pion, Benvenuto Cellini. Paris 1883.

«In der Waffenkammer Sr. Durchlaucht des
Grossherzogs findet sich auch der Harnisch Karls V.
Derselbe führt auf der Brust zwischen Blattwerk das
Bild des Neptun, ebenso ist der Helm gestaltet und
die Schallern, mit welcher ein Bärenhaupt dargestellt
ist. Im Schilde ist Ptolomäus abgebildet, welcher
das Haupt des Pompeus an Cäsar bringt. Aehnlich
an Ciselierarbeit sind auch die übrigen Objekte der
Garnitur, wie auch das Degengehänge. Diesen Har-
nisch verehrte
Karl V. an den
Fierzog Alexan-
der von Florenz,
er ist von Pirro
S i r r i c o gefer-
tigt.»
Die Beschrei-
bung stimmt voll-
ständig mit dem
obbeschriebenen
Harnische, nur
hat sich Petrini
in Bezug auf die
figurale Darstel-
lung auf der Brust
geirrt. Das von
ihm angegebene
Bild des Neptun
befindetsich nicht
dort, sondern auf
einer der Bein-
taschen. Von dem
Harnische finden
sich einzelne Teile
wie Helm, Schild
und die Bein-
taschen in einer
Vitrine daneben.
Angesichts die-
ses Prachtstückes
italienischer Waf-
fenschm iedekunst
muss uns der
Name des Meis-
ters Pirro Sir-
rico für die
Kunstgeschichte
von hohem Werte erscheinen. Derselbe, sicher ein
Florentiner, ist uns bisher völlig unbekannt gewesen,
selbst Bertolotti und Angelucci, die besten For-
scher auf dem Gebiete italienischer Kleinkunst, bringen
keine Nachricht über ihn. Aufklärungen über sein
Leben und Wirken werden wir daher erst von Floren-
tiner Forschern erwarten können.
Eine interessante Doppelkanone, ein sogenanntes
Geschwindstück, genannt San Paolo, wird auch im
Kataloge ziemlich befriedigend beschrieben. Auf
dem Bodenstücke findet sich die Inschrift: «Gegossen
in Florenz 1638 auf Befehl des Grossherzogs Fer-


Bruchstück von dem Prunkharnisch des Herzogs Guidobald II. von Piripe,
genannt Pifanio Tacito, von 1550.
 
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