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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 2
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Boeheim, Wendelin: Ein Besuch der Waffensammlung im kgl. Nationalmuseum zu Florenz
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0045

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2. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

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Herzog von Urbino gehörigen Armeria, welche heute
dem Grossherzoge von Toskana gehört, einen Helm
und ein Bruststück findet, letzteres mit den Achsel-
stücken, welche, wie man sagt, dem Hannibal von
Carthago gehörten (!). Derselbe (die Sturmhaube)
ist mit einer Maske dargestellt mit zwei Hömern,
welche durch die Meisterschaft der Arbeit so weit
hervorragen, dass alle Welt davor in Erstaunen ver-
setzt wird, betrachtend, wie es möglich sei, das Eisen
so zu ciselieren und zu treiben. Ebenso bildet die
Brust zwei Drachenflügel, voll angefüllt mit Augen
und stellen die Achselstücke Löwenköpfe (?) dar.
Diese Armatur wurde, wie uns Felitiano Mace-
donio versichert von Piripe, einem sehr geschick-
ten Bildhauer, gefertigt, welcher später Pifanio
Tacito genannt, in dieser Kunstart zu den Heroen
zählte.»
Soweit Petrini, der sich nur in der Beschrei-
bung der Achselstücke einer Irrung hingiebt. In einem
späteren Werke1) hat der Schreiber dieser Zeilen
festgestellt, dass wie die Sturmhaube gegenwärtig in
der kais. Eremitage zu St. Petersburg, sich das Brust-
stück dennoch im kgl. Nationalmuseum zu Florenz
befindet. Wir bringen dasselbe zum erstenmal nach
einem sehr guten Lichtbilde von Alinari in Florenz.
In der Sturmhaube wie in dem Bruststücke ist,
der romantischen Zeitrichtung folgend, der Orca aus
dem I. Gesänge des Orlando Ariosts dargestellt.
Wann und wie die Sturmhaube aus der Florentiner
Sammlung gekommen, ist unbekannt.
Ungeachtet der vielen Beziehungen der letzten
Mediceer und ihrer Nachfolger zu den auswärtigen
Mächten ist dennoch die grosse Menge von deut-
schen, spanischen und französischen Jagdgewehren
des 17. und 18. Jahrhunderts in einer italienischen
Sammlung umso mehr auffällig, als italienische
derlei Waffen, vorab Brescianer, in selber verhältnis-
mässig schwach vertreten sind. Es erklärt sich dieses
einerseits durch den grossartigen Aufschwung der
französischen Luxusgewehrfabrikation unter Colbert,
anderseits durch den Uebergang der Werke von
Brescia und Pistoja zum Fabrikbetriebe und zur
Massenfabrikation. So finden wir nun in Luxus-
gewehren die Arbeiten der besten Meister des Aus-
landes hier vertreten, selbst Meister, deren Werke
überaus selten oder gar nicht in anderen Samm-
lungen uns zu Gesicht kommen.
Durch eine schöne Arbeit ist ein deutscher
Meister vertreten, dessen Namen wir nicht oft be-

Boeheim, W. Meister der Waffenschmiedekunst. Berlin 1897.

gegnen: Sigmund Klett. Er gehört einer zahl-
reichen Büchsenmacherfamilie an, die in Würzburg
arbeitete. Diese alte Bischofsstadt zählte zu den
hervorragendsten Punkten deutscher Luxusgewehr-
fabrikation, und wir finden hier in Florenz sonder-
barerweise neben den Klett die besten Meister
dieser Stadt vertreten, wie Michael und Johann
Bayer, Bonifacius Epperl, Andreas Hauer,
Josef Manger, Ignaz Stantinger und Georg
Wolf.
Die Florentiner Sammlung besitzt ein schönes
Magazingewehr von Sigmund Klett, der in der
Mitte des 17. Jahrhunderts thätig gewesen war. Es
trägt die Devise: «Wer gut mich bedient, macht
keinen Fehlschuss». Unter den seltenen Arbeiten
des Meisters finden sich nur 3 Radschlossgewehre
in der kais. Waffensammlung zu Wien aus den Jah-
ren 1652 und 1653. Sigmund ist rastlos in der
Erfindung neuer Gewehrsysteme thätig gewesen, die
aber meist von einem Bruder desselben, Namens
Paul, ausgeführt wurden. Ausserdem kennen wir
noch zwei jüngere Meister des Namens Cornelius,
vermutlich ein Sohn des einen oder des andern, und
einen Namens Johann.
Von spanischen Meistern zählt die Sammlung
an Jagdgewehren Gabriel de Algora und M. A.
Baeza, S. Barzina, den famosen Nicolaus Bis,
der von 1700 bis über 1746 thätig war, Agostino
Bustindui, Salvadore Cenarro, den Laufschmied
Diego Esquibel, der um 1730 arbeitete, S. U. Fer-
nandez, Francesco Lopez, Andrea Martinez,
Sebastian und Juan Santos, Francesco Tar-
garona der mit Lopez 1750—1770 arbeitend, nach-
weisbarist, endlich Diego Ventura, alle in Madrid.
Juan A. Cabiola und Herraduros arbeiteten in
Eibar. Frankreich ist nicht durch erste Meister ver-
treten, wenn man nicht Le Page in Paris zu selben
rechnen will. Sehr gut sind Wiener Meister ver-
treten Johann Fruwirt, Josef Hamerl, Josef
Planer, Christof Ris und Kaspar Zellner. An
die Regierungsperiode des Grossherzogs Franz I.
von Lothringen, des späteren römischen Kaisers, er-
innert ein schönes Jagdgewehr von J. M. Thomas
in Nancy. Von Italienern zählen wir nur Lazzaro
und Lazzarino Cominazzo in Brescia, Cristofano,
Gian Battista und Giuseppe Leoni in Pistoja,
Micchele Lorenzoni in Florenz, der aber ein
Brescianer ist undMenghini in Florenz. Man sieht
also, dass die italienische Büchsenmacherkunst in
Florenz nicht zu studieren ist, aber in anderen Par-
tien gäbe es, wie man sieht, vollauf zu thun.
 
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