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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 3
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Reimer, Paul: Die historische Waffenkunde auf kulturgeschichtlicher Grundlage
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0077

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3. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

63

Wie aus der in der vorigen Nummer dieser Zeit-
schrift erschienenen Notiz hervorgeht, hat es die
Schriftleitung bereits in dankenswerter Weise über-
nommen, die Mitarbeiter zu unterstützen durch Schaf-
fung einer Bibliographie der historischen Waffen-
kunde , fortlaufend ergänzt durch Jahresberichte,
welche das Neuerschienene und gelegentliche Ver-
vollständigungen enthalten sollen. Wie bereits ge-
zeigt, sind ja die neuesten bisher veröffentlichten,
waffenhistorischen Arbeiten in den verschiedensten
Zeitschriften, Zeitungen und Werken zerstreut und
zum Teil sehr schwer zu finden, es darf daher wohl
in diesem Zusammenhänge noch einmal auf den in
voriger Nummer ergangenen Aufruf der Schriftlci-
tung hingewiesen werden, ihr kurze Mitteilung über
gelegentlich in irgend einer Veröffentlichung auf-
tauchende, waffenhistorische Angaben zu machen,
selbst die kleinsten Notizen sind von Wichtigkeit.
ln sehr zahlreichen Fällen wird es nötig sein,
auf die Urhandschriften u. s. w. znrückzugreifen
und nun ergeben sich neue Schwierigkeiten: einmal
sind die Originalhandschriften nur äusserst schwierig
zu erlangen und zweitens ist das Entziffern bezw.
Uebersetzen nicht jedermanns Sache. Man kann
wohl bei jedem Mitarbeiter voraussetzen, dass er
die französische und englische Sprache genügend
beherrscht, um die bezügliche Litteratur verwerten
zu können, darüber hinausgehende Sprachkenntnisse
werden aber seltener vorhanden sein. Hier muss
der Verein wiederum unterstützend eingreifen durch
Veröffentlichung alter Handschriften bezw. fremd-
sprachlicher Werke u. s. w. in deutscher Ueber-
setzung. Indessen sind hierbei noch eine Anzahl
Punkte zu berücksichtigen. Die Waffe ist ein so
interessanter Gegenstand, dass er, wie oben gezeigt,
vom verschiedensten Standpunkt aus betrachtet
werden kann, und es ist kaum anzunehmen, dass
selbst der verständnisvollste Uebersetzer allen Seiten
seines Gegenstandes gerecht wird. Die Schwierig-
keiten beim Uebersetzen besonders mittelalterlicher
Werke liegt darin, dass der Autor vielfach für neue
Begriffe, auf die es uns gerade ankommt, neue Aus-
drücke erfand, oder vorhandene Worte dafür in an-
derem Sinne benutzte, der natürlich verschieden auf-
gefasst werden kann. Man muss daher in der Lage
sein, den Uebersetzer bei solchen Stellen kontrol-
lieren zu können, es ist also notwendig, dass bei
derartigen Veröffentlichungen der Urtext der Ucber-
setzung gegenübergestellt werde. Ebenso dürfen
Abbildungen keineswegs vom Uebersetzer verdeut-
licht werden, sondern müssen ebenfalls am besten
in guter, photomechanischer Reproduktion, die den
Stift des Zeichners ausschliesst, wiedergegeben sein,
da es mitunter gerade auf Einzelheiten ankommt,
die dem Zeichner vielleicht unwesentlich erscheinen.
Trotz alledem haben diese litterarischen Quellen
nur einen beschränkten Wert, denn sie geben das
Wesen der Sache nur im Spiegel der Auffassung
von Menschen, welche das, was sie berichten, häufig

gar nicht einmal selbst gesehen haben, und wiede-
rum von uns missverstanden werden können. Zudem
sind die schriftlichen Quellen noch lange kein Be-
weis, dass das, was sie schildern, wirklich existiert hat,
vielfach handelt es sich lediglich um von mehr oder
weniger geistvollen Köpfen ausgegangene Vorschläge,
die niemals zur That geworden sind und die uns
häufig ein ganz falsches Bild der betreffenden Periode
geben, da sie ihrer Zeit weit vorausgeeilt sind. Viel
wichtiger sind die Originalstücke in Sammlungen,
sie dürfen als lebendige Belegstücke für das in der
Litteratur Gesagte in keinem Falle vernachlässigt
und müssen immer wieder eingehenden Studien
unterworfen werden. Leider sind diese nur in gros-
sen Städten oder einzelnen Burgen befindlichen
Waffensammlungen nicht jedem Interessenten zur
Hand, ein wirkliches Studium einzelner Gegenstände
aber setzt einen längeren Aufenthalt an dem be-
treffenden Orte voraus, ein Umstand, der die Be-
nutzung solcher Sammlungen sehr erschwert und
doch wohl kaum abgeändert werden kann. Häufig
wird es genügen, wenn die Verwaltung der Samm-
lung photographische Aufnahmen zur Verfügung
stellt; kommt es aber auf Einzelheiten an, so ist
der persönliche Augenschein unerlässlich. Freilich
ist auch hier zu bedenken, dass die einzelnen Stücke
aus ihrer natürlichen Umgebung herausgerissen sind,
es fehlt ihnen der historische Hintergrund, ohne den
ihre Deutung und Beurteilung in vielen Fällen nicht
viel mehr als Spekulation ist. Nur bei wenigen
Stücken ist die Entstehungsgeschichte und die son-
stigen Schicksale bekannt, die Freude des privaten
Sammlers an der einzelnen Waffe fragte früher lei-
der oft genug nicht nach dem Ursprung und so
ging ihre Geschichte verloreu. Wenn auch jetzt
seitens der Museumsleitungen bei neuen Funden
diesem Uebelstande nach Möglichkeit begegnet wird,
so dürfte es sich doch empfehlen, an dieser Stelle
bei Besprechung solcher Funde neben dem eigent-
lichen Fundstück auch die Fundstelle eingehend zu
berücksichtigen, insonderheit bezüglich ihrer geo-
logischen Beschaffenheit und der genauen örtlichen
Lage, sowie der verschiedensten Nebenumstände,
um auf diese Weise auch anderen an solchen
Funden interessierten Wissenschaften zu nützen.
Nicht selten werden die den Fund begleitenden
Nebenumstände für die historische Waffenkunde
wichtiger sein, als die gefundene Waffe selbst.
Viel könnte auch zur Hebung des waffenhisto-
rischen Verständnisses in weiten Kreisen erreicht
werden, wenn Schulsammlungen von Waffen an
recht vielen Orten eingerichtet würden. Die Ent-
wickelungsgeschichte unserer heutigen Waffen ist
leider selbst in den Kreisen der Armee sehr wenig
bekannt, trotzdem sie erst die bis heute gemachten
Fortschritte würdigen lehrt. Fast jede Stadt mit
über 50000 Einwohnern besitzt heute ihr Museum,
darin wohl überall einige verzierte Waffen; wie ver-
dienstvoll wäre es, hier eine aus überzähligen Stücken
 
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