7 2
Zeitschrift für historische Waffenkunde.
II. Band.
struktion zur Folge haben musste, deren Gewicht
zu ihrer Haltbarkeit das günstigste Verhältnis hatte.
In der That kann man die aus dem 15. Jahrhun-
dert stammenden Geschützkonstruktionen nicht ge-
rade als plump bezeichnen; berücksichtigt man die
durch andere Anforderungen bedingte innere Ge-
stalt, so muss man zugeben, dass das Material,
wo irgend möglich, gespart wurde.
Die anscheinend ge-
gen Ende des 15. Jahr-
hunderts begonnene und
im ersten Viertel des
16. Jahrhunderts durch-
gefuhrte Verwendung
des gekörnten Pulvers
auch bei der Artillerie
gestaltete, wie über-
haupt das Schiessen, so
auch das Geschützpro-
bieren wesentlich ein-
facher. Die Verwen-
dung langer Rohre und
schwerer eiserner Ku-
geln neben einem rasch
verbrennenden Treib-
mittel ergab die Mög-
lichkeit, das Geschütz
einer beliebigen Bean-
spruchung zu unterwer-
fen. Man scheint sich
indessen zunächst ledig-
lich auf eine den Ver-
hältnissen des prakti-
schen Gebrauches an-
gepasste Geschützprobe
beschränkt und hierbei
nicht den vom Pulver
zu überwindenden Wi-
derstand durch
gleichzeitige Ver-
wendung mehre-
rer Kugeln ver-
mehrt , sondern
nur die Pulver-
ladung erhöht zu
haben, denn nur
aus dieser konnten
bei normalem Ge-
brauch des Geschützes Gefahren für dessen Haltbarkeit
erwachsen. Das Pulver wurde ja zu jener Zeit noch
nicht nach einheitlichen Gesichtspunkten hergestellt,
fast jede Pulvermühle arbeitete näch eigenem Rezept,
die Kraftentwickelung der Gewichtseinheit dieser ver-
schiedenen Pulversorten musste also sehr verschieden
ausfallen. Einen Anhalt für das angedeutete Verfahren
bietet eine Inschrift auf dem langen Felde des be-
kannten, im königlichen Zeughause zu Berlin befind-
lichen, aus der Zeit von 1560—80 stammenden Rohres
<Die schöne Taube», in welcher es zum Schluss heisst:
«Hans Christoff Loeffler hat mich gossen
Und an der Prob kuglschwer beschossen.»
Es dürften die letzten Worte dahin zu ver-
stehen sein, dass eine kugelschwere Pulverladung,
also 1/1 Ladungsverhältnis, bei dem Beschuss ge-
nommen worden ist. Leider wissen wir nur sehr
wenig über die Grösse der früher verwandten Ladungs-
verhältnisse. Zwar Hessen sich dieselben annähernd
berechnen, wenn man
bei gebrauchten Rohren
durch Ausleuchten die
Lage des meist stark
ausgebrannten Kugel-
lagers feststellte, indes-
sen gehören zu derartig
schwierigen und zeit-
raubenden Untersuch-
ungen besondere Ein-
richtungen und Mess-
instrumente. Man darf
aber annehmen, dass
bei der noch immer
ziemlich primitiven Be-
reitung des Pulvers und
einer demzufolge ge-
ringeren Kraftäusserung
desselben das normale
Ladungsverhältnis
grösser gewesen ist, wie
um die Mitte des 19.
Jahrhunderts, wo das-
selbe bei Kanonen etwa
x/4 war. Es erscheint
daher ein Ladungsver-
hältnis von 1/1 beim An-
schiessen der Rohre im
16. Jahrhundert zweck-
entsprechend.
Zum An-
schiessen von
Wurfgeschüt-
zen mit Kam-
mer wählte
man die kam-
mervolle La-
dung, welche
späterhin als
«Probier-La-
dung» auf der Mundfläche des Geschützes vermerkt
wurde.
Diese Art des Anschiessens hat sich die fol-
genden Jahrhunderte hindurch erhalten. Man schoss
mit erhöhter Ladung und verwandte wohl auch hier
und da mehrere Kugeln gleichzeitig, um den Gas-
druck im Rohr zu verändern. Einen recht inter-
essanten Beitrag hierzu liefert eine Anschiess-
verhandlung vom Jahre 1816, deren Entwurf sich
unter alten Papieren gefunden hat. Das Schriftstück
möge hier folgen:
Zeitschrift für historische Waffenkunde.
II. Band.
struktion zur Folge haben musste, deren Gewicht
zu ihrer Haltbarkeit das günstigste Verhältnis hatte.
In der That kann man die aus dem 15. Jahrhun-
dert stammenden Geschützkonstruktionen nicht ge-
rade als plump bezeichnen; berücksichtigt man die
durch andere Anforderungen bedingte innere Ge-
stalt, so muss man zugeben, dass das Material,
wo irgend möglich, gespart wurde.
Die anscheinend ge-
gen Ende des 15. Jahr-
hunderts begonnene und
im ersten Viertel des
16. Jahrhunderts durch-
gefuhrte Verwendung
des gekörnten Pulvers
auch bei der Artillerie
gestaltete, wie über-
haupt das Schiessen, so
auch das Geschützpro-
bieren wesentlich ein-
facher. Die Verwen-
dung langer Rohre und
schwerer eiserner Ku-
geln neben einem rasch
verbrennenden Treib-
mittel ergab die Mög-
lichkeit, das Geschütz
einer beliebigen Bean-
spruchung zu unterwer-
fen. Man scheint sich
indessen zunächst ledig-
lich auf eine den Ver-
hältnissen des prakti-
schen Gebrauches an-
gepasste Geschützprobe
beschränkt und hierbei
nicht den vom Pulver
zu überwindenden Wi-
derstand durch
gleichzeitige Ver-
wendung mehre-
rer Kugeln ver-
mehrt , sondern
nur die Pulver-
ladung erhöht zu
haben, denn nur
aus dieser konnten
bei normalem Ge-
brauch des Geschützes Gefahren für dessen Haltbarkeit
erwachsen. Das Pulver wurde ja zu jener Zeit noch
nicht nach einheitlichen Gesichtspunkten hergestellt,
fast jede Pulvermühle arbeitete näch eigenem Rezept,
die Kraftentwickelung der Gewichtseinheit dieser ver-
schiedenen Pulversorten musste also sehr verschieden
ausfallen. Einen Anhalt für das angedeutete Verfahren
bietet eine Inschrift auf dem langen Felde des be-
kannten, im königlichen Zeughause zu Berlin befind-
lichen, aus der Zeit von 1560—80 stammenden Rohres
<Die schöne Taube», in welcher es zum Schluss heisst:
«Hans Christoff Loeffler hat mich gossen
Und an der Prob kuglschwer beschossen.»
Es dürften die letzten Worte dahin zu ver-
stehen sein, dass eine kugelschwere Pulverladung,
also 1/1 Ladungsverhältnis, bei dem Beschuss ge-
nommen worden ist. Leider wissen wir nur sehr
wenig über die Grösse der früher verwandten Ladungs-
verhältnisse. Zwar Hessen sich dieselben annähernd
berechnen, wenn man
bei gebrauchten Rohren
durch Ausleuchten die
Lage des meist stark
ausgebrannten Kugel-
lagers feststellte, indes-
sen gehören zu derartig
schwierigen und zeit-
raubenden Untersuch-
ungen besondere Ein-
richtungen und Mess-
instrumente. Man darf
aber annehmen, dass
bei der noch immer
ziemlich primitiven Be-
reitung des Pulvers und
einer demzufolge ge-
ringeren Kraftäusserung
desselben das normale
Ladungsverhältnis
grösser gewesen ist, wie
um die Mitte des 19.
Jahrhunderts, wo das-
selbe bei Kanonen etwa
x/4 war. Es erscheint
daher ein Ladungsver-
hältnis von 1/1 beim An-
schiessen der Rohre im
16. Jahrhundert zweck-
entsprechend.
Zum An-
schiessen von
Wurfgeschüt-
zen mit Kam-
mer wählte
man die kam-
mervolle La-
dung, welche
späterhin als
«Probier-La-
dung» auf der Mundfläche des Geschützes vermerkt
wurde.
Diese Art des Anschiessens hat sich die fol-
genden Jahrhunderte hindurch erhalten. Man schoss
mit erhöhter Ladung und verwandte wohl auch hier
und da mehrere Kugeln gleichzeitig, um den Gas-
druck im Rohr zu verändern. Einen recht inter-
essanten Beitrag hierzu liefert eine Anschiess-
verhandlung vom Jahre 1816, deren Entwurf sich
unter alten Papieren gefunden hat. Das Schriftstück
möge hier folgen: