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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 4
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Engel, Bernhard: Waffengeschichtliche Studien aus dem Deutschordens-Gebiet, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0111

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4. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

97

Ganz, «Geschichte der heraldischen Kunst in der
Schweiz im XII. und XIII. Jahrhundert», Frauenfeld
Ig99, S. 28.) Vollständig erhalten hat sich ein
solches querliegendes Polster für den Unterarm an
einem ovalen Holzschilde aus dem Anfänge des 16.
Jahrhunderts in der Sammlung Warnecke.
Ein Tragriemen ist nicht vorhanden gewesen,
es müsste denn sein, dass die beiden äusseren
Kiemen nach oben hin länger gewesen und später
abgeschnitten sind. Auf der nebenstehenden Re-
konstruktion der Rückseite (Fig. 7) bezeichnen die
punktierten Linien einen derartigen Tragriemen. In
gleicher Weise ist letzterer bei einem Schilde ge-
fertigt, welchen Gimbel, «Tafeln zur Entwickelungs-
geschichte der Schutz- und Trutzwafifen», Taf. IV,
Fig. 27 nach Viollet le Duc abbildct. (Fig. 8.)
Gegenwärtig befindet sich auf der Rückseite
unseres Schildes in der Nähe des Randes noch eine
aus neuerer Zeit herrührende Aufhängevorrichtung
(Haspe mit Ring).
Wir kehren nun zur Vorderseite (vgl. die farbige
Tafel) zurück und betrachten zunächst die Umschrift.
Diese entspricht in ihrem Anfänge genau derjenigen
des Rücksiegels des Grafen Otto von Ravensberg vom
Jahre 1324; letztere lautet in gotischen Majuskeln:
f GALEA • ET • CL1PPEVS • DE • RAVENSBERG.
Das Siegelfeld weist ebenfalls das ganze Wappen,
Schild und Helm, des Siegelführers auf. Abgebildet
bei Seyler, «Geschichte der Siegel», S. 136, F'ig. 102,
und in dem «Anzeiger für Kunde der deutschen Vor-
zeit» Jahrgang 1875, S. 372. An letzterer Stelle ist
ferner ein Helm-(Rück-)Siegel Simons v. d. Lippe
mit der Umschrift
f GALEA • SYMONIS • DE • LIPPIA
von 1275 abgebildet und ein ähnliches Bernhards IV.
zur Lippe von 1274 erwähnt, dessen Umschrift eben-
falls mit «galea» beginnt. Ein anderes Helm-
(Rück-)Siegel, nämlich dasjenige Christophs II. von
Dänemark von 1321 mit entsprechender Umschrift
ist bei Seyler S. 153 abgebildet; weiter sind S. 152
und 154 zwei Rücksiegel aufgeführt, welche statt des
I-Ielmes den Schild zeigen, und deren Umschrift
demgemäss mit «clipeus» beginnt; die Siegelführer
sind König Erich Glipping von Dänemark (1265)
und Fürst Wizlav II. von Rügen (1289—1303).
Es fragt sich nun weiter, welche Bedeutung die
Worte «magistri ordinis fratrum theutunicorum» haben.
Wie die Zusammenstellungen bei Vossberg, «Ge-
schichte der Preussischen Münzen und Siegel», er-
giebt, haben die älteren Plochmeister sich lediglich
magister genannt, erst seit 1283 kommt die Be-
zeichnung «magister generalis» auf, und zwar zu-
nächst auch nur in den Urkunden, während das
Hochmeistersiegel bis 132«) nur die Umschrift trägt:
• S • MAGRI • HOSPIT ■ SCE • MARIE •
TEVT • IRLM.

Seit 1324 wird auch in dem Siegel hinter
magri ein generalis eingeschoben. Allerdings nennen
sich auch die Landmeister magister fratrum
domus theutonicorum, aber stets mit dem Zusatze
in Pruscia, per Prussiam oder dergl. Schon das
Fehlen eines derartigen Zusatzes in unserer Um-
schrift1) ergiebt, dass wir es mit einem Hochmeister-
schilde zu thun haben. Zweifellos wird dies aber
durch das auf dem Schilde angebrachte Wappen.
Da dieses auf dem Schilde und demgemäss in
unserer farbigen Darstellung etwas verwischt erscheint,
gebe ich noch eine ergänzte Zeichnung desselben in
Fig. 9. Das eigentliche Ordenswappen ist im weissen
Felde ein schwarzes Kreuz; der Hochmeister führte
letzteres mit einem goldenen Kreuze belegt und
einen goldenen Herzschild mit schwarzem Adler.
Jenes goldene Kreuz ist dasjenige von Jerusalem,
nämlich ein Krückenkreuz, und als solches in den
Siegeln der Hochmeister bis 1489 dargestcllt. Von
da ab sind in den Siegeln die Kreuzenden lilicn-
förmig gestaltet. Dass dies auf einer Verleihung
seitens des Königs von Frankreich im Jahre 1250
beruhe, wird erst in späteren unzuverlässigen
Chroniken behauptet, steht auch im Widerspruche
mit der thatsächlichen Uebung. Dudik, «Des hohen
deutschen Ritterordens Münzsammlung», S. 64, ist der
Ansicht, dass das Lilienkreuz durch ein Missver-
ständnis des Stempelschneiders aus dem Krücken-
kreuze entstanden sei. Wunderbarerweise hat er
das bei Vossberg S. 59 abgebildete Siegel des
Elbinger Komturs von 1310 garnicht in Betracht ge-
zogen. Dasselbe zeigt nämlich trotz der Umschrift
(s. conmendatoris de Elbingo in Majuskeln) den
Hochmeisterschild, aber statt der Krücken Klee-
blätter mit runden Blättern. Ebenso erscheint der
Schild auf einem Siegel des Elbinger Komturs von
1319, mitgeteilt von Conrad in der Zeitschrift des
Vereins Herold 1896, S. 149; dieses Siegel weicht
von ersterem nur etwas in der Form der Buchstaben
und durch Damascierung des Siegelfeldes ab. Es
kann keinem Zweifel unterliegen, dass der in den
Siegeln von 1310 und 1319 dargestellte Schild der
Hochmeisterschild ist, und dies findet seine Erklärung
darin, dass Elbing das Haupthaus des deutschen
Ordens in Preussen war, solange letzteres von
Landmeistern regiert wurde, und dass während dieser
Zeit auch die Provinzialkapitel des Ordens in Elbing
abgehalten wurden. Immerhin war das Anbringen
des Hochmeisterwappens auf einem Komturcisiegel
etwas Aussergewöhnliches; dies ist offenbar auch er-
kannt worden, denn später führte der Elbinger
Komtur ein durchaus anderes Siegel. (Vossberg,

x) Bemerkt sei noch, dass auch die Schlussfassung der Um-
schrift (ordinis fratrum theutonicorum) in Urkunden gebraucht wird,
denn nacli Vossberg S. 56 führte bis 1309 die Elbinger Ordens-
burg, seitdem die Marienburg die Bezeichnung: domus principalis
ordinis fratrum Teuton.* (d. h. Haupthaus des deutschen Ordens).
Aehnlich lautet die Umschrift des Tresslersiegels: S. tesaurarii •
fratrum theutonicorum.

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