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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 4
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Engel, Bernhard: Waffengeschichtliche Studien aus dem Deutschordens-Gebiet, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0114

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IOO

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.

Schliesslich sei bemerkt, dass es meines Wissens
ausser derjenigen auf unserem Schilde nur noch
eine zweite mittelalterliche Darstellung des heraldi-
schen Hochmeisterhelmes giebt, nämlich in dem
Kodex Seffken («Wapenbouch van den Ersten») aus
der Zeit um 1380. (Vgl. Engel a. a. O. T. I, Titel-
blatt.) Dort ist auch die Helmdecke mit dem Hoch-
meisterkreuz besetzt, das Schirmbrett ist etwas ab-
weichend geformt (ohne Auskerbungen) und steckt
auf einem Hute mit aufgeschlagener roter Krempe,
welche über Helm und Decke gestülpt ist. (Der

Adler anf dem Herzschildchen fehlt oder ist wohl nur
abgeblättert.) Diese beiden Darstellungen beweisen
zugleich, dass die Ansicht von Vossberg (S. 14)
irrig ist, nach welcher die Helme selbst bei den
Ordensgebietigern ohne allen Schmuck gewesen
wären. Ich habe auch bereits a. a. O. T. I, S. 2
darauf hingewiesen, dass der Marschall in mehreren
Siegeln auf dem Helme ein Schirmbrett mit Ordens-
kreuz trägt; ferner bildet Dudik a. a. O. Taf. I, Fig. 22
einen Brakteaten mit einem Ordensritter ab, dessen
Helm als Kleinod einen Flug zeigt.

II. Messingplatte des Vogtes zu Brathian, Kuno von Libensteyn,
in der kathol. Pfarrkirche zu Neumark, Westpr.
(Mit einer Abbildung.)

Zu den Seltenheiten in der Provinz Westpreussen
gehören die mittelalterlichen Messinggrabplatten.
Es sind deren nur noch zwei vorhanden, nämlich
eine in der Johanniskirche zu Thorn (Bau- und
Kunstdenkmäler des Kreises Thorn, Beilage 16) und
die unten beschriebene. Ueber verloren gegangene
Platten vergleiche Scmrau, Grabdenkmäler der Marien-
kirche zu Thorn S. 9 und Engel und von Haustein,
Danzigs mittelalterliche Grabsteine S. 27. (Abhand-
lungen zur Landeskunde der Provinz Westpreussen,
Heft IV.)
Als besonders wertvoll muss es erscheinen, dass
die Neumarker Grabplatte uns die Darstellung eines
Ordensbeamten bringt, da wir über deren Bewaff-
nung verhältnismässig spärliche Nachrichten besitzen,
welche durch dieses Denkmal eine dankenswerte
Ergänzung erfahren.
Die aus einer Anzahl verschieden grosser Stücke
bestehende Platte von 2,53 m Länge und 1,40 m
Breite liegt noch an der ursprünglichen Stelle in
der Kirche unmittelbar an der Cherschwelle. Eine
photographische Aufnahme war mithin nicht mög-
lich, würde auch — wie die Thorner Platte beweist
— kein vollkommen deutliches Bild geliefert haben.
Ich habe deshalb über der Platte eine Durchzeich-
nung auf Pauspapier gemacht, diese auf starkes Papier
aufziehen und hiervon die Photographie nehmen
lassen. So ist eine völlig deutliche und dabei sichere
Darstellung gewonnen. Die Vertiefungen erscheinen
schwarz; nur bei der Umschrift, welche erhabene
Buchstaben im vertieften Felde aufweist, habe ich
zwecks Erhöhung der Deutlichkeit die Vertiefungen
nicht schwarz angelegt.
Diese Umschrift lautet, in den vier Ecken von
den Evangelistenzeichen unterbrochen:
hic iacet dominvs kvne | de libenfteyn qvi fvit
advocatvs in brathian qvi obiit a | nno do-
mini mccc°xci° in | feria qvinta octo dies poft
feftvm santi borchardi ame(n).
Ueber der Figur des Ritters schwebt auf stili-
sierten Wolken ein Engel, welcher ein Spruchband
mit den Worten

her kune de libenfteyn
hält. Die Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises
Löbau haben an beiden Stellen (Umschrift und Spruch-
band) den Lesefehler kunc statt kune.
Kuno (nicht Kunz) von Libensteyn war 1367
Kompan zu Brandenburg, 1370—-75 Unterkompan
des Plochmeisters, 1375—79 Oberkompan desselben,
1379 Küchenmeister zu Schlochau, 1379—82 Kom-
tur zu Osterode, 1383—87 Grosskomtur, 1387
Komtur zu Strasburg, 1387—91 Vogt zu Brathian
bei Neumark. Vgl. v. Mülverstedt in der Zeitschrift
des historischen Vereins für den Regierungsbezirk
Marienwerder, Heft 8, S. 22.
Daselbst wird das Todesjahr irrtümlich auf
1392 angegeben; nach der Grabinschrift ist es 1391.
Als vermutliche Heimat -wird ebenda das Rheinland
bezeichnet, und dies dürfte den Wappen nach zu-
treffen. Ich fahre jedoch zunächst in der Beschrei-
bung des Grabsteines fort:
Innerhalb der Umschrift umzieht ein Rankenfries
das Feld, dessen freier Raum gerautet ist. Die
Rauten sind wiederum auf allen vier Seiten mit klei-
nen Strichen durchzogen, so dass jene, von weitem
betrachtet, einen vierpassartigen Eindruck machen.
In dem Felde steht, von dem gedachten Engel über-
höht, der Ritter auf einem schöngezeichneten Löwen,
der auf einem durch Blätterzeichnung angedeuteten
Rasen liegt. Vor dem Löwen sehen wir zwei klei-
nere Hunde, hinter ihm einen grösseren, welcher an
einen Baum gebunden ist.
Der Ritter selbst ist völlig geharnischt, nur un-
bedeckten Hauptes, mit vollem Haupt- und Barthaar;
der Helm ist auch seitwärts nicht angebracht, was
sehr zu bedauern ist. Der bis auf die Erde reichende
Mantel trägt auf der linken Seite ein schmales Kreuz;
er ist dem Ritter leicht auf die Achseln gehängt,
ohne vorn zusammengehalten zu werden. Der Ober-
körper ist mit dem sogenannten Lendner bekleidet.
Die Brust ist kugelig gewölbt, unten scharf in die
Weichen geschnitten, der untere Teil eng anliegend,
ähnlich wie auf dem Grabmal des schwarzen Prinzen
(1330—1376), abgebildet bei Boeheim, Waffenkunde
 
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