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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 4
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Engel, Bernhard: Waffengeschichtliche Studien aus dem Deutschordens-Gebiet, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0116

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102

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.

durch kugelförmige Ellbogenkacheln verbunden.
Diese Kacheln sind mit ihren Lappen an die
Röhren genietet, die Mehrzahl der Nieten sind in-
dess nur Zier oder Futternagel. Der Schulterschutz
ist durch den Mantel verdeckt. Die Hände stecken
in «Blechhandschuhen» mit grossem Stulp, welcher
am Rande ebenfalls Ziernägel1) aufweist, und ge-
schobenen, an den Mittelknöcheln mit Buckeln ver-
sehenen Fingern. Die Röhren der Oberschenkel
umschliessen diese auch auf der Innenseite bis zum
Spalt hinauf, eine Form, die sich — weil unprak-
tisch — nur während verhältnismässig kurzer Zeit
erhielt, indem die Innenseite des Oberschenkels
einen Ausschnitt der Röhren verlangte, um einen
festen Anschluss an den Sattel zu ermöglichen. Die
Kniebuckel stellen sich der Zeichnung nach als Halb-
cylinder mit halbkugelförmiger Austreibung dar,2)
die Nägel sind wiederum nur Ziernägel, denn un-
möglich konnten die Buckel oben und unten an die
Röhren angenietet sein, da dies ein Beugen der
Kniee verhindert hätte.3) Nur an den Seiten war
ein Annieten zulässig wie bei den Ellbogenkacheln;
im übrigen pflegten die Kniebuckel auf der Rück-
seite mittels Riemen angeschnallt zu werden. Die
Füsse stecken in geschobenen Eisenschuhen mit
Spitzen. Die verschiedene Anzahl der Folgen bei-
der Schuhe ist auf eine Nachlässigkeit des Meisters
zurückzuführen.
Mit der Rechten stützt der Ritter sich auf das
Schwert, mit der Linken auf den Schild. Jenes ist,
wie das dem Ordensgesetz gemäss einfache Ortband
beweist, in seiner Scheide dargestellt; die Parier-
stangen sind leicht abwärts gebogen; der Griff ge-
währt Raum für zwei Hände; unterhalb des länglichen
Knaufs ist das Schwert mittels einer Kette an dem
Bruststück befestigt. Irrigerweise hat der Meister
die Schwertkette von der rechten Brustseite ausgehen
lassen. Das Schwert hing an der linken, der
Dolch an der rechten Hüfte. Alle sonstigen Dar-
stellungen zeigen denn auch die Schwert- und
Dolchfesseln auf der umgekehrten Seite wie unser
Grabstein. Hier hängt der Dolch an der linken
Hüfte und ist mittels eines Ledersenkels auf der
linken Brustseite befestigt. Senkel und Kette gehen
von Metallrosetten aus, welche auf die «Platte» ge-
nietet sind.

*) Bei dem rechten Handschuh hat der Meister das Gravieren
einzelner Nägel vergessen; ich habe sie der Gleichmässigkeit hal-
ber eingezeichnet.
2) Vergl. Hefner-Alteneck, Trachten des christlichen Mittel-
alters II, Tafel 92 u. 106.
3) Es müsste denn sein, dass die Kniebuckel aus Leder waren,
was sehr wohl möglich ist. Nach den Ordensgewohnheiten ge-
hörten «knilinge» zum Amte des Trapiers, während alles, was «zu
den wäpenen gehöret», dem Marschall unterstellt war.

Der Schild ist eine (hölzerne) Pavese, wie sie der
Hochmeister Heinrich von Plauen auf seiner Gold-
münze hält; vgl. meine vorangehende Abhandlung über
den Original-Hochmeisterschild. Nur zeigt natürlich
der Schild unseres Vogtes das einfache Ordenskreuz.
Der Querbalken des letzteren, sowie der obere und
untere Schildrand sind perspektivisch gezeichnet und
geben zugleich den Querschnitt des Schildes wieder.
Das Charakteristische der Pavesen ist eben die von
oben bis unten gehende Ausbauchung des Schildes.
Zu beiden Seiten des Vogtes sind die Wappen
seiner vier Ahnen in überaus schöner Form ange-
bracht. Jeder Schild und jedes Kleinod wird näm-
lich von einem Engel in bewegter Stellung gehalten.
Die Wappenschilde haben Dreiecksform, die Helme
sind Stechhelme. Die Helmdecken sind ausgezackt, ab-
fliegend und (mit Ausnahme von Nr.4) mit dem Kleinod
zusammenhängend. Die Wappen, welche sämtlich
dem Ritter zugeneigt sind, zeigen folgende Bilder:
Nr. 1 (rechts1) oben). Schild: drei aneinander-
geschobene, abgeledigte, d. h. den Schildrand nicht
berührende (vertieft geschnittene) Rauten. Kleinod:
zwei Hörner, welche bis auf einen schmalen Streifen
des Umrisses vertieft geschnitten sind.
Nr. 2 (links oben). Schild: zwölfmal geständert.
Kleinod: ein Mannesrumpf, welcher eine spitze,
zweifarbige (durch teilweise Vertiefung dargestellte)
Mütze mit grossem Stulp trägt.
Nr. 3 (rechts unten). Schild: ein springender
Löwe; die Umgebung der Zaddeln ist vertieft ge-
schnitten. Kleinod: gekrönter Löwenkopf zwischen
zwei Flügeln.
Nr. 4 (links unten). Schild: ein Ankerkreuz.
Kleinod: dasselbe Kreuz auf einer kreisförmigen,
mit einem Wulst umgebenen Scheibe (Schirmbrett).
Dem Herkommen nach ist Nr. 1 das Sfamm-
wappen (Libensteyn), Nr. 2 das Wappen der Mutter,
Nr. 3 dasjenige der Grossmutter väterlicherseits,
Nr. 4 desgleichen mütterlicherseits, nach dem Schema
folgender Ahnentafel:
1 __5 3_4
Vater Mutter
Kuno v; Libensteyn.
Das Wappen Nr. 2 ist dasjenige der Waldbott
v. Ulmen, Nr. 3 der Beyer v. Boppard, Nr. 4 wahr-
scheinlich dasjenige des Geschlechts v. Edelkirchen;
ein ähnliches Wappen (Helm: eine Kugel, auf der
jedoch das Ankerkreuz nicht zu sehen ist) führten
die Hofwart v. Kirchheim. Letztere Nachrichten ver-
danke ich Herrn Kanzleirat Seyler.2)
') Rechts und links sind im heraldischen Sinne zu verstehen.
2) Es sei noch bemerkt, dass bei dem Aufziehen der Pause
das untere Stück derselben sich etwas verschoben hat; doch er-
scheint die Deutlichkeit dadurch nicht beeinträchtigt.
 
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