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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 5
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0186

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172

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band

angestrichene Röhre weist nahe an ihrer Mündung (Ka-
liber 1,7 cm) zwei auf der Abbildung jedoch nicht sicht-
bare Löcher auf, in welche ein stark federnder halbkreis-
förmiger Bügel eingreift, der Träger zweier etwa 50 cm
langer, kräftiger, mit einer Birne aus Blei beschwerter
Peitschenriemen. Dieses mit gehacktem Blei geladene
Werkzeug befestigte der kleinrussische Jäger, sobald er
zur Wolfshetze aufbrach, am Sattel. Das aufgespürte Wild
wurde so lange verfolgt, bis den Wolf die Kräfte ver-
liessen. In dem Augenblicke, in weichem das verzwei-
felte Tier mit fliegenden Flanken, einknickenden Hinter-
läufen gegen seinen Peiniger Front machte, streckte Meister
Isegrim ein wuchtiger Hieb der schweren Peitsche nieder.

baut. An einem krückenartig gebogenen 20 cm langen
Rohre aus blankem Eisen ist mit zwei Schrauben ein
7 cm langes gekrümmtes Eisenstück befestigt. Durch einen
in demselben angebrachten Schlitz geht das 8 cm lange
Züngel, in dessen oberes Ende drei Stufen eingefeilt sind.
Auch an dieser Waffe ist die Spannfeder zugleich Schlag-
feder und Flintenhahn; denn an ihrem vorderen Fnde
befindet sich ein kreisförmiges Eisenstück angenietet, in
dessen Höhlung ein Piston hineinpasst. Das Kaliber der
Pistole beträgt 14 mm, ihr Gewicht 35t Gramm. Der
wesentliche Unterschied zwischen der Schiessvorrichtung
an der Wolfspeitsche und dieser Pistole besteht, abgesehen
von der äusseren Gestalt beider Waffen, in dem Mangel



Fig-,
Nur im alleräussersten Notfälle, wenn nämlich der Wolf
den erbarmungslosen Reiter ansprang, erhielt der Grau-
rock die tödliche Ladung gehackten Bleies aus nächster
Nähe in den geifernden Rachen.1)
Das charakteristische Gepräge verleiht jedoch unserer
Waffe die Bauart des Schlosses. Eine Schraube hält die
gerade, an einem Ende des leichteren Spannens wegen
zu einer Art Handgriff umgebogene .Schlagfeder am Laufe
fest, welche mit ihrer unteren Fläche auf ein in den
Lauf eingeschraubtes Piston schlägt. Wir sehen also, dass
an dieser Waffe die Schlagfeder zugleich die Funktion
des Flintenhahnes übernimmt. Eine v-förmig gekrümmte
Abzugsfeder hält die 7,5 cm lange, um eine Achse dreh-
bare Abzugstange in ihrer Lage; die roh ausgefeilte Fratze
am oberen Ende dieser Abzugstange legt gewiss Zeugnis
ab von der humoristischen Ader des russischen Dorf-
schmiedes, welcher diese etwas mehr als ein russisches
Pfund schwere Waffe verfertigt hatte. Das am Laufe erkenn-
bare Loch dient nur zum Hindurchziehen eines Hand-
riemens.
Noch einfacher als die oben beschriebene Waffe ist
eine in meinem Besitze befindliche Pistole (Fig. 2) ge-

l) Brehm, Tierleben, Ausgabe 1893, II., S. 31.

einer Abzugsfeder. Während dort zwei Federn in Ver-
wendung kommen, genügt hier eine einzige, die sogar
drei Funktionen verrichten muss.
Will man den Mechanismus dieser Pistole spannen,
so umklammert man mit den vier Fingern der linken
Hand den Lauf der Waffe, während der Daumen auf
dem Rücken des Ztingels ruht. Daumen und Zeigefinger
der Rechten fassen das Ende der Schlagfeder und ziehen
es nach rechts; gleichzeitig übt der Daumen der linken
Hand einen Druck auf den Rücken des Ztingels aus,
wodurch dessen oberer Arm gegen die schmale rückwär-
tige Kante des in der Schlagfeder befindlichen Schlitzes
gedrängt wird, bis endlich eine der eingefeilten Stufen
 
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