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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 7
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Erben, Wilhelm: Noch einige Worte über Fringia, Genoa und Sichelmarke
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0288

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272

Zeitschrift für historische Waffenkunde,

IX. Band.

für ihre Richtigkeit vermag ich freilich jetzt so
wenig zu führen als ehedem, und wer eine andere
vernünftige Deutung vorzuschlagen weiss, etwa den
Namen eines durch Klingenindustrie ausgezeichneten
Ortes, der an Fringia anklingt, der soll willkommen
sein. Hier möge nur — ehe ich auf Genoa und
Sichelmarke übergehe — abermals auf jene Klingen
hingewiesen werden, von deren richtiger lokaler
Bestimmung, wie ich glaube, die Lösung der Frage
am ehesten zu erwarten ist. Ich nenne hier an
erster Stelle den im Wiener Heeresmuseum be-
findlichen, in meinem Kataloge S. 107, No. 91 kurz
beschriebenen Panzerstecher, welcher auf der am
Ansatz mit dem Bischofskopf markierten Klinge zu
beiden Seiten die aus den Abbildungen (Fig. 1 und 2)
ersichtlichen Aetzungcn, auf dem Rücken der Klinge
aber, gleichfalls geätzt (Fig. 3), die Worte F1NA
FRINGIA aufweist. Wenn liier die Form des Ad-
jektivs auf Italien zu deuten scheint, so wird doch
nur durch Stilverglcichung mit Sicherheit zu ent-
scheiden sein, ob der Actzcr wirklich ein Welscher
gewesen oder ob er etwa auch in Solingen zu suchen
ist, wie der vielleicht mit Peter Munich identische
Klingenschmied. Wichtiger noch als dieser Panzer-
stecher und wahrscheinlich die ältesten zeitlich genau
bestimmbaren Beispiele des Auftretens unserer In-
schrift sind die mit dem Bilde des Königs Stephan
Bäthory von Polen (1575 — x586) geschmückten
Klingen. Es sind deren bis jetzt drei bekannt, eine
Schwertklinge in der Lcibrüstkammer zu Stockholm
(beschrieben und abgcbildet bei Szcndrei, Ungari-
sche kriegsgcschichtliche Denkmäler S. 814ff. No.
6504; vg'l. auch Ossbahr, Vägledning för besökende
i Lifrustkommaren. Stockholm 1S97, S. 5°) und zwei
Säbelklingen im Zeughaus zu Berlin (hiervon der
eine beschrieben und in einer Gesamtansicht wieder-
gegeben bei Szendrei, S. 5 59 No. 3130; vgl. auch Hiltl,
Die Waffensammlung des Prinzen Karl von Preussen
S. S9 No. 548). Von den Aetzungen dieser beiden
Säbelklingen kann ich dank dem gefälligen Ent-
gegenkommen des Direktors Dr. von Ubisch hier
Detailansichten (Fig. 4 bis 7) bieten, so dass das
Vergleichsmaterial mit möglichster Vollständigkeit
der allgemeinen Beurteilung-vorliegt.1) Trotz mancher
Verschiedenheiten in der Zeichnung stimmen doch
die Motive in den Aetzungen dieser Bäthoryklingen
so enge überein, dass auf Herstellung in derselben
Aetzerwerkstatt oder zum mindesten auf Benutzung
eines gemeinsamen Entwurfs geschlossen werden
muss. Da wird es nun darauf ankommen, nach der
Technik und Zeichnung den oder die Aetzer zu
lokalisieren, was ich (als Historiker) gerne jenen
Kunsthistorikern überlasse, welche durch ihre Orna-

*) Der im 1. Bande dieser Zeitschrift S. 189 angezeigte
Spezialkatalog der «Bäthory-Gruppe in der historischen Samm-
lung des Herrn L. v. Loziiiski» (als Manuskript gedruckt,
Lemberg 1898), welchen mir der Besitzer der Sammlung in
liebenswürdigster Weise zur Verfügung gestellt hat, erwähnt
keine Klinge von ähnlicher Beschaffenheit.

mentstudien und durch das Vorhandensein geätzter
Waffen jener Zeit in ihren Sammlungen dazu be-
rufen sind. Das eine aber werden die Abbildungen
(Fig. 4 u. 5) jedem zeigen, dass die auf einem der
Berliner Bäthorysäbel eingeschlagene Marke Genoa
gar nichts mit dem eingeätzten Frangia zu thun hat.
Die Aetzung trifft an einer Stelle mit der einge-
schlagenen Marke Genoa zusammen und diese steht
auf den beiden Klingenseiten an verschiedener Stelle,
so dass sie auf der einen das längere vom Ansatz
ausgehende geätzte Ornament, auf der andern hin-
gegen den weiter gegen die Spitze zu angebrachten
Vogel berührt. Wäre das Einschlagen der Marke
erst nach erfolgter Aetzung geschehen, so würde das
Ornament geschont und die Stellung des Genoa so
gewählt worden sein, dass es beiderseits in die Mitte
zwischen die zwei geätzten Partien zu stehen käme.
Da dies nicht der Fall ist, muss der Aetzer die
Klinge bereits mit der Marke Genoa versehen in
die Pland bekommen haben und das braucht keines-
wegs an dem Ort der Erzeugung (nach Ehrenthal
also in Genua) sondern kann an jedem anderen Orte,
wohin eben die Klingenhändler ihre Ware brachten,
erfolgt sein. Das gemeinsame Auftreten von Genoa
und Frangia auf der einen Klinge, das bei der im
Zrinyschen Nachlassverzeichnis erwähnten framea
cum ferro Fringiae-Genuae wahrscheinlich in ähn-
licher Weise entstanden sein dürfte, lässt sich also für
die Deutung- des Wortes Fringia gar nicht verwenden.
Was nun die beiden andern strittigen Klingen-
bezeichnungen, Genoa und die Sichelmarke, anbe-
langt, so gehen in Bezug auf die erstgenannte
unsere Ansichten keineswegs so weit auseinander,
als man nach P.’s Worten glauben könnte. Dass
Genua eine namhafte Klingenindustrie bcsass, habe
ich nicht geleugnet, sondern ausdrücklich zugegeben.
Wenn also P. meint, es sei «völlig unerfindlich,
warum die eingeschlagene Inschrift Genoa oder
Genova auf Klingen von italienischem Typus etwas
anderes bedeuten soll, als den Herkunftsort, nämlich
die Stadt Genua in Italien», und wenn er weiter
frägt: Was soll das Wort nur sonst besagen», so
erwidere ich, dass auch nach meiner Ansicht das
Wort nichts anderes bedeuten und besagen soll, als
eben jene Stadt. Die Frage kann nur sein, inwie-
weit diese Herkunftsbezeichnung auch Glauben ver-
dient, welches ungefähr die Verhältniszahl der echten
Genoaklingen zu den unter Beibehaltung jener In-
schrift an anderen Orten erzeugten Imitationen ist,
und ob diese oder jene einzelne Klinge zu den
echten oder zu den anderwärts nachgeahmten zu
zählen sei. Das ist es, worin die Ansichten aus-
einander gehen. Würden wir nun unzweifelhafte
Erkennungszeichen besitzen, um deutsches Fabrikat
von italienischem zu unterscheiden, wie man nach
P. annehmen müsste, so wäre die Hauptschwierig-
keit leicht beseitigt. Ich kann gegenüber den
spärlichen Anhaltspunkten, welche in dieser Hin-
sicht angeführt wurden (den fein ausgezogenen Blut-
 
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