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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

DOI issue:
Heft 8
DOI article:
Forrer, Robert: Studienmaterial zur Geschichte der Mittelalterwaffen, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0326

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3io

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.

Studienmaterial zur Geschichte der Mittelalterwaffen.
Von Dr. R. Forrer-Strassburg-.
(III. Fortsetzung.)


8. Die Abimelech- und David-Miniaturen des
Abtes Jordanus von Lucelles um 1293, der
Sammlung Forrer.
(Vergleiche die farbige Tafel.)
iese beiden Miniaturen aus dem
Besitze eines altelsässi-
schen Priesters und
Geschichtsforschers
hatten früher als Buch-
umschlägeVenvendung
gefunden. Die eine zeigt
den Moment, da Abi-
melech anlässlich der
Niederwerfung eines
Aufstandes in Tebez
durch einen Steinwurf getötet wird. Die Stadt Tebez
ist durch einen zinnengeschmückten Turm mit vor-
springenden Ecktürmchen veranschaulicht und mit
der Inschrift «Thebes* gekennzeichnet. Bewohne-
rinnen der Stadt blicken auf den unten sich ab-
spielenden Kampf, indessen die mittlere Frauenfigur
eben den todbringenden Steinblock auf Abimelech
fallen lässt. Dieser ist durch die Inschrift «Abyrne-
lech» verdeutlicht und sinkt eben unter dem Lanzen-
stosse eines Kriegers zusammen, indessen ein zweiter
Krieger mit dem Schwerte auf den König einhaut.
Uns interessieren hier besonders die detailliert dar-
gestellten Rüstungen. Abimelech trägt unter dem
roten Kriegsrocke einen Haubert, der Arme und
Hände deckt und bis über die Kniee reicht. Die
Beine sind durch Ringhosen mit aufgelegten Knie-
kacheln geschützt, der Kopf durch eine Hirnhaube,
an welcher Nietlöcher sichtbar sind. Auf dem Rücken
trägt der Israelitenkönig einen spangengeschmückten
Schild mit hohem Schildbuckel. Aehnlich gerüstet
sind die übrigen Kriegsleute dieses Bildes. — Das
andere zeigt den jungen David, sich durch ein
Fenster an einem Stricke von einem Gebäude herab
vor seinen durch «Michol» abgehaltenen Verfolgern
retten. Die Inschrift darüber besagt: «Michol de-
fend' öd’ al insidiis apparitor». Die Verfolger sind
analog denen des Abimelechbildes gerüstet und mit
bemerkenswerten Zuthaten ausgestattet. Die Lanzen-
stange des hinteren Soldaten ist weiss-schwarz, das
unter dem Haubert getragene Tuchkleid des vorde-
ren Kriegsmannes rot-weiss gestreift; die Schilde
sind kurz, eiförmig und unten abgerundet, von einer
für diese Zeit seltenen Form; bei den Schwertern
(beider Bilder) sind Griff und Parierstange durch
gelbes Kolorit als aus Bronze (oder vergoldet) ge-
kennzeichnet. Auch hier sind die Helme Hirnhauben,

welche über den Haubert gestülpt sind, zum Teil
wohl auch direkt an diesen genietet waren, wie dies die
linksseitigen Kriegerfiguren der Abimelechminiatur
vermuten lassen. Auf dem Schilde des vordersten
Davidverfolgers ist ein Wappen angebracht, welches
mit dem des Abtes Jordanus von Lucelle (Lützel)
übereinstimmt, der anno 1293 Abt von Lucelle ge-
worden war (1294 aber gestorben zu sein scheint,
da von diesem Jahre ab bereits ein anderer Abt
figuriert.1) Mit dieser Datierung und Zuweisung
harmonieren einerseits Bewaffnung, Kostüme und
Stil dieser Miniaturen, andererseits deren elsässische
Provenienz (die Abtei liegt an der Basler-Elsässer
Grenze) und deren Verwandtschaft mit ähnlichen
Handschriften desselben Gebietes.
9. Zum Kapitel der Waffen-Gewichte.
Ich habe bereits im ersten Jahrgang dieser
Zeitschrift anlässlich Besprechung der «Gerteiwafifen»
betont, wie es wertvoll und wünschenswert wäre,
wenn man mehr als bisher die Waffengewichte in
den Kreis der Beachtung zöge. Vielleicht findet
irgend ein Kollege Zeit zu eingehenden Wäg-
ungen und vergleichenden Untersuchungen.
Er wird zweifellos zu interessanten Resultaten ge-
langen, wird aber sehr kritisch zu Werke gehen
müssen und darf sich nur an die regelrechten Kampf-
waffen halten, muss also z. B. alle blossen Prunk-
waffen, ebenso Waffen, die bloss zur Knabenaus-
rüstung gehörten, ausschliessen. Und ebenso klar
ist natürlich, dass nur gleichartige Waffen unter sich
verglichen werden sollen, also weder schwere Be-
lagerungshelme mit regelrechten Rüstungshelmen,
noch Kriegshelme mit Turnierhelmen, von diesen
natürlich wieder nur Stechhelme unter sich und
Kolbenturnierhelme unter sich. Solch eine Arbeit
wäre keineswegs müssig, denn thatsächlich hat man
ehedem und zu allen Zeiten den Waffengewichten
grosse.Beachtung geschenkt.
Das Gewicht vermehrte sich natürlich, wenn der
betreffenden Angrififswafife ein verstärkter Schutz
gegenübergestellt wurde, ebenso wie die Schutz-
wafife sofort an Gewicht zunahm, wenn einer Angriffs-
waffe intensivere Wirkung gegeben worden war.
Derselbe Wettkampf, der sich in den letzten Jahr-
*) Vgl. Vautrey, Histoire des eveques de Bäle. Ein-
siedeln 1884 und Epit. Lucell. 1666. Nach einer während
des Druckes von Herrn Dr. Zeller-Werdmüller eingelaufenen
Mitteilung wird Abt Jordanus von Lützel, 1293, in MUlinen
«Helvetia sacra» als ein geborener Burgunder citiert, der
sehen 1294 wieder Abt zu Bellevaux in Burgund geworden.
 
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